DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2016 - page 64

ENERGIE UND TECHNIK
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4|2016
gen in Sachsen scheint angesichts des Interesses
auch jüngerer, noch nicht pflegebedürftiger Per-
sonen realistisch.
Langfristig ist mit einem weiter steigenden Be-
darf an barrierearmen Wohnungen zu rechnen:
Denn bis 2050 wird gemäß Status-quo-Szenario
die Anzahl der Personen, die pflegebedürftig sind
und nicht stationär untergebracht werden können,
umüber 50% steigen. Darüber hinaus haben auch
Personen, die älter als 65 Jahre sind und keine
Pflegebedürftigkeit aufweisen, den Wunsch, in
einer barrierearmen Wohnung zu leben. Perspek-
tivischwird damit einmöglichst langer Verbleib in
der eigenen Häuslichkeit auch bei Pflegebedürf-
tigkeit gesichert, ohne dass ein Umzug nötigwird.
Zuschüsse werden nicht ausgenutzt
Bereits seit dem 1. Januar 2015 steht Pflegebe-
dürftigen ein Zuschuss für Umbaumaßnahmen im
häuslichen Umfeld bis zu 4.000 € zur Verfügung.
Doch leider wird dieser nach Auskunft der Barmer
GEK im Pflegereport 2015 nur schleppend abge-
fordert. Bundesweit haben lediglich 1,06% aller
Anspruchsberechtigten der Barmer GEK den Zu-
schuss für eine Umbaumaßnahme oder für einen
Umzug in eine bedarfsgerechtere Wohnung in
2015 genutzt. In Sachsen waren es 0,94%. Kam
es zu einemUmbau, handelte es sich in denmeisten
Fällen umden Einbau von Duschen, Treppenliften,
Handläufen undHaltegriffen sowieWC-Umbauten.
Technische Assistenzsysteme
Die Schaffung barrierearmen Wohnraums und der
Einsatz technischer Assistenzsysteme innerhalb der
Quartierskonzepte ermöglichen entsprechend der
Ziele des Quartiersansatzes eine Optimierung der
professionellen Pflege durch die regionalenAnbie-
ter ambulanter Pflegeleistungen, die Unterstüt-
zung der Pflegebedürftigen innerhalb des Quartiers
und eine bessere Nutzung der Infrastruktur.
Erschwert wird die Schaffung barrierearmen
Wohnraums vor allem in Regionen mit niedrigem
Haushaltseinkommen und Mietniveau durch die
entstehenden baulichen Kosten. Die Kosten für den
Umbau von Wohnungen in Mehrgeschossbauten
liegen in Sachsen bei ca. 20.000 bis 35.000 €/WE
– in Abhängigkeit der Baustruktur des Gebäudes.
Aus den Kosten für den baulichen und technischen
Umbau von Wohnungen (Konzept der „Mitaltern-
den Wohnung“) lässt sich damit ein Referenzwert
von durchschnittlich 35.000 bis 45.000 €/WE ab-
leiten – in Abhängigkeit der Art des technischen
Assistenzsystems (funk- versus kabelbasiert sowie
dessen modularisierten Funktionalitäten).
Positiv sind die finanziellen Zuschüsse zu werten,
die Krankenkassen für die Verbesserung des indi-
viduellen Wohnumfeldes von Pflegebedürftigen
gewähren – wie z. B. Umbaumaßnahmen und/oder
technische Hilfen im Haushalt (§ 40 Abs. 4 SGB
XI). Der VSWG regt ferner an, die Definition der
technischen Hilfen, diemehr Sicherheit für Pflege-
bedürftige in der Wohnung schaffen, zu erweitern.
Vor dem Hintergrund der digitalen Entwicklung
der Gesellschaft und der Pflegekräfteverknappung
sind Anpassungen geboten: Neben der Installation
von Lichtschaltern oder Steckdosenwäre auch ein
Basismodul denkbar, das Sensorik und Server ent-
hält – umFunktionenwie Alles-aus, Herdabschal-
tung, Wassermeldung/-abschaltung, Rauch-/ Ein-
bruchsmeldung und Hilferuf abzubilden.
Was in der Praxis – auch außerhalb Deutschlands
– sinnfällig implementiert wurde und welche poli-
tische Rahmenbedingungen notwendig sind, listet
das „Positionspapierwohnungswirtschaftlicher Ak-
teure – Etablierung eines neuen Standards für le-
benswertes Altern in der eigenenHäuslichkeit“ auf.
Fazit: Aufklärung ist nötig
Es ist aus wohnungswirtschaflicher Sicht wichtig,
dass vorhandene finanzielle (Förder-)Möglichkei-
ten auch von der Bevölkerung genutzt werden.
Geschäftsführer undVorstände derWohnungswirt-
schaft müssen ihre Mieter bzw. Genossenschafts-
mitglieder über die Möglichkeit der Wohnumfeld
verbessernden Maßnahmen informieren.
Der VSWG wird weiter mit der Barmer GEK und
anderen Partnern zusammenarbeiten, um innova-
tive Konzepte für eine zukunftsgewandte gesund-
heitliche, mobile und soziale Versorgung in einer
alternden Gesellschaft anbieten zu können. Nur
in der Zusammenarbeit aller Akteure auf lokaler,
regionaler und Landesebene liegt der Erfolg einer
integrierten Versorgung und gewährleistet das
individuelle Recht auf Selbstbestimmtheit.
Altengerechter Wohnraum: Die Wohnungsgenossenschaft „Fortschritt“ Döbeln eG
stattet u. a. die Bäder mit einer ebenerdigen Dusche und Haltegriffen aus
Technische Assistenzsysteme gewährleisten ein Höchstmaß an Sicherheit
sowie ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter
Quelle: VSWG
Die Kongressmesse Zukunft Lebensräume
diskutiert am
20. und 21. April 2016
in
der Messe Frankfurt weitere Möglichkeiten
in der Zusammenarbeit von Kranken-
und Pflegekassen sowie Wohnungs-
unternehmen (siehe DW 3/2016, S. 52).
ZUKUNFT LEBENSRÄUME
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
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und
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