DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2016 - page 34

NEUBAU UND SANIERUNG
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budget den größtmöglichen ökologischen, sozi-
alen und ökonomischen Effekt erzielen“, erklärt
Felix Lüter, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Un-
ternehmensgruppe. „Entsprechend nutzen wir im
Neubau neben synthetischen Dämmstoffen auch
Mineralwolle. Im Bestand können wir mit EPS und
XPS bei gleichem Mitteleinsatz eine wesentlich
höhere Zahl an Gebäuden energetisch sanieren.
In der Breite erreichen wir damit einen stärkeren
Effekt für den Klimaschutz.“
Wie geht es weiter?
Über ein Jahr hat die Untersuchung gedauert.
Britta Birkner war von der Ernsthaftigkeit, mit
der die Nassauische Heimstätte an das Thema
Nachhaltigkeit herangeht, beeindruckt: „Hier
wurden – und werden – keine Entscheidungen
übers Knie gebrochen.“ Bereits in fünf Jahren
werde die Studie wiederholt. „Wir nehmen dann
die aktuellen EnEV-Werte für Effizienzhäuser,
rechnen die neuen Kennzahlen und möglicher-
weise günstigere Preise für Dämmstoffe ein und
prüfen innovative Materialien. Vielleicht brau-
chen wir sogar neue Referenzgebäude“, erläutert
die Projektleiterin. „Die Ergebnisse könnten dann
ganz anders aussehen.“
Geschäftsführer Dr. Thomas Hain zeigt sich sehr
zufrieden mit der Empfehlung. „Damit ist die
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/
Wohnstadt eines der ersten Wohnungsunter-
nehmen, das die Auswahl seiner Dämmstoffe auf
eine fundierte wissenschaftliche Grundlage stellt
und diese auch transparent nach außen vertreten
kann“, betont er. „Es ist uns ein großes Anliegen,
mit den zukünftig von uns neu errichteten bzw.
modernisierten Gebäuden einen adäquaten Bei-
trag zur Erreichung der nationalen und interna-
tionalen Klimaschutzziele zu leisten.“
Quelle: ?????????????
Weitere Informationen:
,
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Frau Birkner, was ist das ökologischste
Dämmmaterial?
Diese Frage ist pauschal nicht zu beantworten.
Manmuss hierbei hervorheben, dass Dämmstoffe
aus nachwachsenden Rohstoffen nicht zwangsläu-
fig die beste Ökobilanz aufweisen. Nehmen wir
Baumwolle: Das hört sich zunächst sehr naturver-
bunden an – aber wenn etwa bei der Herstellung
die Pflanzen großflächig mit Pestiziden behan-
delt, künstlich gedüngt und diese aus Übersee
antransportiert wurden, dann ist dies irgendwann
definitiv nicht mehr ökologisch. Dennoch haben
nachhaltig hergestellte Dämmmaterialien aus na-
türlichen Materialien, neben der Dämmwirkung,
meist einen zusätzlichen positiven Effekt auf die
Ökobilanz eines Gebäudes.
Gibt es noch weitere Überraschungen?
Ja, Polystyrol-Dämmstoffe auf Erdölbasis schnei-
den im Vergleich zu Stein- oder Glasfasern leicht
besser ab. Zwar ist die Herstellung dieser Materi-
alien sehr energieaufwändig, jedoch können syn-
thetischeMaterialien amEnde ihres Lebenszyklus
durch Verbrennung energetisch nutzbar gemacht
werden, während die Steinfaser meist auf der De-
ponie landet.
Betrachtet man die tatsächliche Verwen-
dung, ändert sich das Bild ...?
Das konnten wir sehr gut nachweisen! Beispiel
Polystyrol: Aufgrund der besseren Dämmeigen-
schaften sind hier wesentlich dünnere Schichten
nötig. Das kommt vor allem im Sanierungsfall
zum Tragen, wenn wenig Platz vorhanden ist,
wie etwa in Anschlussbereichen an oberste Ge-
schossdecken, Balkone und Erker. Wenn Sie al-
lerdings eine Kellerdecke im Fluchtwegebereich
eines Mehrfamilienhauses dämmen, ist Steinwolle
aufgrund der höheren Brandschutzklasse trotz en-
ger Platzverhältnisse besser geeignet.
Ist die Empfehlung, Produkte auf Erdölbasis
bei der Sanierung zu verwenden, ökologisch
zu rechtfertigen?
Polystyrol punktet durch niedrige Kosten. Bei
einer Wohnungsgesellschaft als wirtschaftlicher
Einheit führt die Wahl eines teuren Dämmstoffes
dazu, dass manmöglicherweise kein Budget mehr
hat, umweitere Gebäude zu sanieren. Und das ist
sicher die falsche Herangehensweise.
Die Studie hat gezeigt, dass durch ein gedämmtes
Haus mit entsprechend reduziertem Energiebe-
darf über die Nutzungsdauer deutlich mehr CO
2
eingespart wird, als zur Herstellung des Dämm-
stoffes nötig ist.
Frau Birkner, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Jens Duffner.
Interview mit Britta Birkner
„Nachhaltiges Handeln berücksichtigt
alle Faktoren“
Die diplomierte Ingenieurin und staatlich anerkannte Sachverständige
für Schall- und Wärmeschutz bei der ifes GmbH fungierte als
Projektleiterin der Studie über die Nachhaltigkeit von Dämmstoffen.
Quelle: ifes
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