NEUBAU UND SANIERUNG
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4|2016
Freimessung dokumentiert Status quo
Außer den tragenden und einigen nicht tragenden
Wänden sowie den Ziegeldecken samt Putz und
Estrichwurden sämtliche Einbauten entfernt. Eine
sog. Freimessung des Rohbaus – eine Maßnahme,
die das Sentinel Haus Institut bei Sanierungen
grundsätzlich empfiehlt – dokumentiert, dass
nur geringe Konzentrationen von Schadstoffen
aus alten Baustoffen vorhanden waren.
Anschließend ging es mit dem Wiederaufbau los:
„Keine Wohneinheit ist so geblieben, wie sie war.
Die Grundrisse wurden komplett verändert und
eine Verbindung zwischen den ehemals getrenn-
ten Hausteilen geschaffen“, berichtet der Archi-
tekt Sebastian Thomasch von der Kramer + Partner
Ingenieurgesellschaft mbH, die die Umbauarbei-
ten plante und beaufsichtigte. Entstanden sind
insgesamt 18 Appartements mit Kochzeile und
barrierefreiemBad, mit 28 bis 41m2 Wohnfläche
zuzüglich der anteiligen Gemeinschaftsflächen.
Drei verfügen über ein zweites Zimmer z. B. für
pflegende Angehörige. Ein Gemeinschaftsraum
sorgt für die nötige Kommunikation der Bewoh-
ner. „Das funktioniert wie eine große Wohnge-
meinschaft“, erklärt Gerhard Blume, der das
Haus an einen privaten Betreiber vermietet hat.
Die Bewohner können von diesem individuell Be-
treuungs- und Pflegeleistungen dazubuchen, ein
klassisches Pflegeheim ist das Seniorendomizil
aber nicht. Das Konzept kommt an: „Bei Übergabe
waren bereits 50% der Appartements vermietet,
nach zwei Monatenwar die Bewohnerschaft kom-
plett“, sagt Gerhard Blume.
Erfahrung mit Baustoffen
Bei den Baustoffen konnten die BWB und die betei-
ligten Planer auf gute Erfahrungen zurückgreifen
(siehe auch Interview auf S. 27). Wände und De-
ckenwurden reinmineralischmit Kalkputzen und
Silikatfarben beschichtet. Auch der Bodenbelag ist
emissionsarm, die Türen mit Stahlzargen wurden
möglichst ohne Bauschaum montiert. „Dass wir
aber auch bei so geringen Massen wie Dichtungs-
fugen aus Silikon und Acryl aufpassen müssen,
hat uns die Zusammenarbeit mit dem Institut
gezeigt“, sagt Bauingenieur Jens Ruggaber von
Kramer + Partner. Dass die Entscheidungsfreiheit
bei der Baustoffauswahl erhalten bleibt, dafür
sorgen die vielen Alternativen, die im Online-
Bauverzeichnis des Instituts in Kooperation mit
TÜV Rheinland aufgeführt sind.
Wie war die Reaktion der Handwerker?
„Nach einer leichten Skepsis haben alle gut mit-
gezogen“, berichtet Jens Ruggaber. „Bei den
Baustellenregeln waren einige Punkte dabei, die
wir schon lange angehen wollten.“ Der Aufwand
hat sich gelohnt: Bei der Abschlussmessung eines
unabhängigen Experten lagen dieWerte unter den
Empfehlungswerten des Umweltbundesamtes für
flüchtige organische Verbindungen und für Form-
aldehyd, wo das Institut mit 50 mcg/m3 Raum-
luft strenge Grenzen setzt. Und wie reagieren
die Bewohner? Nicht nur anlässlich der Übergabe
des Gesundheitspasses ist die Freude groß, in der
Pestalozzistraße sicher gesund zu leben.
Alle Bäder in den Wohnungen
sind barrierefrei. Für stärker
bewegungsbeeinträchtigte
Bewohner steht auch eine
besondere Ausstattung für
die persönliche Hygiene zur
Verfügung
Der gemeinsame Aufenthalts- und Speiseraum verfügt über eine Teeküche. Bei der Ausstattung wurde
auf emissionsarme Baustoffe in hellen Farben geachtet
Quelle: BWB Benndorf
Quelle: BWB Benndorf