DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 4/2016 - page 29

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4|2016
Vor-Ort-Termin
Die Vergangenheit als Wohnhaus für Bergarbeiter
sieht man dem langgestreckten Dreigeschosser
mit Satteldach noch an. Ansonsten erinnert an
dem soliden Ziegelbau aber wenig an das frühere
Erscheinungsbild. Eine rollstuhlgerechte Rampe
erschließt das Gebäude über die frühere Rückseite,
wo sich auch der mittig angebaute Fahrstuhl be-
findet. Die beiden ursprünglichen Treppenhäuser
dienen heute vornehmlich als Fluchtwege. Neue
Fenster und Türen, ein Vollwärmeschutz und ein
neues Farbkonzept geben dem rund 60 Jahre alten
Gebäude ein zeitgemäßes Äußeres.
Benndorf liegt im Mansfelder Land am südöstli-
chen Rand des Harzes in Sachsen-Anhalt. Die über
Jahrhunderte vom Bergbau nach Kupferschiefer
geprägte Gemeinde hat heute rund 2.200 Einwoh-
ner. Viele von ihnen leben inWohnungen der BWB.
Das kommunale Unternehmen, Gesellschafter sind
die Gemeinden Benndorf und Klostermansfeld,
hat rund 800 Wohnungen im Bestand. Etliche
der Gebäude stammen aus den 1950er Jahren,
als das Gebiet nach dem Zweiten Weltkrieg neu
entwickelt wurde. Diesen Gebäuden eine neue
Zukunft zu geben und sie an die Ansprüche der
zunehmend älteren Bewohner anzupassen, ist eine
der Hauptaufgaben von Gerhard Blume und seinen
Mitarbeitern.
Das Haus in der Benndorfer Pestalozzistraße ist
bereits das dritte Objekt, das die BWB seit 2009
seniorengerecht umgebaut hat. Allerdings ist
es das Erste, das über eine geprüft gesunde In-
nenraumluft nach dem Konzept des Freiburger
Sentinel Haus Instituts verfügt – und das sogar
deutschlandweit.
Auffälliges Detail:
Der Neubaugeruch fehlt
Auffällig ist das Fehlen jedweden Neubaugeruchs
in demkernsanierten Gebäude. „Das haben schon
viele Besucher gesagt, die wir u. a. bei einem Tag
der offenen Tür anlässlich der Einweihung zu
Gast hatten“, freut sich Gerhard Blume. Zurück-
zuführen ist das auf die konsequente Verwendung
emissionsarmer Baustoffe und die umfassende
gesundheitliche Qualitätssicherung bei den Bau-
arbeiten. Dennwas üblicherweise riecht, ist nichts
anderes als Schadstoffe aus den verwendeten Bau-
produkten.
Das geruchlich neutrale und gesundheitlich ein-
wandfreie Erscheinungsbild ist das Ergebnis der
Zusammenarbeit der BWB mit den Experten des
Freiburger Instituts, deren Arbeit Gerhard Blume
auf einer Fortbildungsveranstaltung kennenge-
lernt hatte.
Die Experten stellten die verwendeten innenraum-
relevanten Baustoffe auf die Probe und schulten
die beteiligten Planer und Handwerker. „Gerade
bei alten Menschen ist das Immunsystem nicht
mehr sowiderstandsfähig. Da können Schadstoffe
aus Bauproduktenwie Formaldehyd oder flüchtige
organische Verbindungen (VOC) die Gesundheit
stark beeinträchtigen“, sagt Olaf Peter, Architekt
aus Hamburg und ausgebildeter Fachplaner für
gesundes Bauen, der das Projekt im Auftrag des
Instituts betreut hat.
Herr Blume, warum eine geprüft wohn­
gesunde Seniorenresidenz?
Das hat mehrere Aspekte: Einer davon ist natür-
lich der Vorteil, dass die Bewohner hier in einem
geprüft gesunden Umfeld gut betreut werden.
Das spricht sich herum und sorgt für eine gute
Auslastung. Die ist bei uns im ländlichen Raum
nicht selbstverständlich.
Wie groß war der organisatorische Aufwand?
Gar nicht so groß. Wir haben schon immer Wert auf
gesundheitlich unbedenkliche Produkte gelegt.
Mineralische Putze und Farben z. B. sind nicht nur
schadstoffarm, sondern auch schimmelresistent.
In manchen Punkten haben wir aber noch ein gu-
tes Stück dazugelernt durch die professionelle
Zusammenarbeit mit dem Sentinel Haus Institut.
Und die Kosten?
Die sind sehr überschaubar, wenn man sowieso
schon in guter Qualität baut und saniert. Bei die-
sem Projekt lag der Mehraufwand bei den Sanie-
rungskosten bei 0 - 2% der Bausumme. Bei einem
Mietniveau von normalerweise 4,35 € bis 5,50 €
und in diesemObjekt von rund 6 €/m2 (nettokalt)
muss das auch so sein. Die Schulungen sind ein
Fortbildungsaufwand für die Zukunft. Der zahlt
sich dann bei weiteren Projekten aus.
Profitiert Ihr Unternehmen durch das
gesundheitliche Qualitätsmanagement?
Ja, und zwar zumeinen intern, weil viele Abläufe in
der Planung, Ausschreibung und Ausführung jetzt
klarer geregelt sind und mehr Sicherheit da ist.
Zum anderen aber auch nach außen: Wir stehen als
innovatives Unternehmen da, das sich umdas Wohl-
ergehen seiner Bewohner kümmert. Das für uns als
kleinere Wohnungsgesellschaft wichtig. Auch bei
den Handwerkern und in der Presse gab es eine gute
Resonanz. Das alles spricht sich herum, in positiver
Weise. Insgesamt ist das eine runde Geschichte.
Herr Blume, vielen Dank für das Gespräch!
Interview mit Gerhard Blume
„Eine runde Geschichte“
Die Vorbereitungszeit für den Umbau war lang, die Grundrissgestaltung
eine Herausforderung und die Schaffung einer gesunden Umgebung
bedingte umfangreiche Investitionen. Mit dem Seniorendomizil wurden
Maßstäbe gesetzt, an denen sich die Benndorfer Wohnungsbaugesellschaft
auch zukünftig messen lassen will. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer
über seine Erfahrungen.
Quelle: BWB Benndorf
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