Deutschland ist ein interessanter Anlagemarkt für ausländisches und
deutsches Kapital. Dieses Kapital müssen wir mobilisieren, um die
gewachsene Nachfrage nach Wohnungen zu befriedigen. Um dieses Ziel
zu erreichen, müssen wir unterschiedlichste Investorengruppen aktivie-
ren, nicht nur diejenigen, die heute hier am Tisch sitzen. In den Städten
mit erhöhter Nachfrage gelingt es allerdings nicht, den erhöhten Bedarf
zu decken. Das liegt unter anderem daran, dass wir uns in den letzten
20 Jahren in unserer Zivilgesellschaft Verfahren auferlegt haben,
gewechselt bin, indem ich die Politik darauf aufmerksam gemacht habe,
dass nicht sie Wohnungen baut. Und wenn sie will, dass Wohnungen
gebaut werden, dann muss sie mit denen kooperieren, die das tatsäch-
lich tun. Das war der Beginn der kooperativen Wohnungspolitik, die
unter dem Stichwort „Bündnis für das Wohnen” läuft und letztlich auch
dem Bündnis auf Bundesebene Pate gestanden hat.
Was die allgemeine Einschätzung des Themas betrifft, muss ich ein
wenig Wasser in den Wein gießen. Noch vor 15 Jahren haben wir von
den Demografen vorgetragen bekommen, dass Deutschland schrumpft.
Jetzt heißt es, Deutschland wachse – was so pauschal nicht stimmt, weil
wir zwar eine Zuwanderung in die Städte, aber auch eine Entleerung
der ländlichen Räume haben. Dabei müssen wir hinterfragen, ob das
Wachstum nachhaltig und von welchen Rahmenbedingungen es abhän-
gig ist. Es ist z. B. keineswegs sicher, dass
alle geflüchteten Syrer in Deutschland
bleiben. Nach Kriegesende haben sie gute
Gründe, wieder in ihre Heimat zurückzu-
kehren, weil dort ihre Familien leben und
sie ihr Land wieder aufbauen wollen.
Außerdem haben wir imMoment eine gute
Konjunktur und damit auch recht gute
Einkommen selbst bei prekär beschäftig-
ten Jugendlichen. Das führt dazu, dass die
Zahl der Einpersonenhaushalte sehr stark zugenommen hat. Aber haben
wir wirklich immer eine Konjunktur, die es erlaubt, dass jeder mit 19
oder 20 Jahren zuhause auszieht und eine eigene Wohnung mietet?
Oder könnte das möglicherweise auch einmal anders aussehen?
Das bedeutet, dass wir bei Prognosen vorsichtig sein müssen. Denn das,
was im Moment marktwirksam ist, muss nicht für alle Zukunft markt-
wirksam bleiben. Insofern teile ich die Meinung von Bettina Harms, dass
man die Zahl von jährlich 400.000 Neubauwohnungen infrage stellen
muss. Trotzdem ist Neubau immer und weiterhin nötig. Dafür braucht
es aber bestimmte Rahmenbedingungen.
Ein zentraler Punkt ist, dass die Bezahlbarkeit des Wohnens nicht nur an
der Förderung festgemacht werden kann. Vielmehr stellt sich auch die
Frage, ob man die Standards etwa bei den energetischen Anforderungen
und beim Brandschutz wirklich weiter erhöhen muss. Bei der viel dis-
kutierten Frage der Grundstücke wiederum sind die Städte nicht in der
Lage, eine Portfolio-Strategie zu entwickeln, wie das jedes Immobilien-
unternehmen macht. Ein Grundstück hat seinen Wert ja nicht deshalb,
weil es existiert, sondern weil es in einer bestimmten Weise beplant ist.
Damit haben die Städte die Wertentwicklung von Grundstücken weitge-
hend selbst in der Hand, weil sie zehn oder 15 Jahre im Voraus wissen
sollen, wie sich ihre Stadt entwickelt und welche Flächen als Baugebiete
ausgewiesen werden sollen. Dann könnten doch die Städte dort Liegen-
schaften rechtzeitig aufkaufen und eine Vorratspolitik verfolgen.
Helmut Knüpp, Vorstandsvorsitzender, Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG, Kiel
Die Antworten müssen sehr unterschiedlich ausfallen