Die Wohnungswirtschaft 11/2016 - page 42

ENERGIE UND TECHNIK
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11|2016
Dies trifft auch zu, wenn die Systeme intelligent
geplant und umgesetzt werden. Stand-by-Ver-
bräuche müssten minimiert werden, so Beucker.
Er rechnet, dass proWohnung jährliche Ersparnisse
von 60 € durch einen geringeren Stromverbrauch
möglich sind. ImWärmebereich allerdings könnten
die Einsparungen sogar bis zu 30%der Heizkosten
betragen. An vielenObjekten in Berlin, etwa bei der
Wohnungsbaugenossenschaft ZentrumeG, wurde
dies schon erreicht. Zuvor wurden die Mieter von
Technikern vor Ort geschult. Dabei zeigte sich, dass
85% der Mieter die smarten Systemdaten selbst
konfigurierten. Für Beucker ist das eine sehr hohe
Quote. Fehlbedienungen gebe es natürlich auch.
Aber das Schlimmste sei, dass in der Eingewöh-
nungsphase die Bewohner die Temperatur etwas
zu hoch oder zu niedrig einstellten.
Vorteile beim Komfort
Die Vorteile sieht Beucker denn auch nicht nur
bei der Energieeinsparung, sondern im wesent-
lich verbesserten Wohnkomfort. Für jeden Raum
könnten Temperaturprofile eingestellt werden.
So kann das Badmorgens wohligwarm sein, wäh-
rend das Schlafzimmer nachts kühl bleibe. Über
die Tablets und Displays könnten zusätzlich woh-
nungsnahe Dienste angeboten werden. Auch die
Zählerablesung erscheine bei jedem Mieter auf
dem Bildschirm. Der Mieter könne das bestätigen
und so die Abrechnungen über das smarte System
in die Wege leiten.
Sein Institut hat zusammen mit Industriepart-
nern ein System entwickelt, das die verschiede-
nen Schnittstellen sowohl der Hersteller als auch
der Telekommunikationsanbieter aufeinander
abstimmt und verbindet. Das System namens
ProShape kann selbst den verbreiteten Standard
KNX einbinden. Alle Steuerungsdaten werden per
Kabel oder Funk übertragen und bleiben zudem
innerhalb des Gebäudes, werden also nicht in der
Cloud gespeichert. Dadurch kann es keine zentra-
len Ausfälle wie bei anderen Anbietern geben.
Die Nassauische Heimstätte (NaHeimst) baute im Frankfurter Stadtteil
Riedberg ein Effizienzhaus Plus mit 17 2- bis 5-Zimmer-Wohnungen und
1.600 m
2
Gesamtwohnfläche. Der Energieüberschuss wird ins Netz einge-
speist oder vor Ort für Elektroautos und E-Bikes verwendet, die von den
Bewohnern in der Tiefgarage des Gebäudes aufgeladen werden können.
Der Strom wird mittels PV-Anlage erzeugt und deckt 75% des Bedarfs der
Wärmepumpe ab. Verbrauchsschwankungen gleicht ein Stromspeicher aus.
Damit diese nicht zu groß ausfallen, sind alle Wohnungen smart vernetzt,
die Geräte können also dann eingestellt werden, wenn genügend Strom
produziert oder im Stromspeicher vorhanden ist. Gleiches gilt auch für die
Lüftung, die über eine zentrale mechanische Anlage mit Wärmerückge-
winnung ebenfalls in jeder Wohnung individuell eingestellt werden kann.
Die Baukosten von rund 5,1 Mio. € liegen etwa 30% über denen eines her-
kömmlich nach Energieeinsparverordnung (EnEV) errichteten Gebäudes.
Daten zum Projekt:
Baujahr:
2015
Bruttogrundfläche:
3.200 m
2
Beheizte Nettogrundfläche:
1.599 m
2
Beheiztes Gebäudevolumen:
8.517 m
3
Hüllflächenfaktor A/V:
0,31 m
-1
Stromüberschuss:
24.524 kWh/a
Verwendetes Smart-Home-System:
Eigenentwicklung NaHeimst und
Projektpartner
Angeschlossene Geräte:
Haushaltsgeräte, Wärmepumpen,
PV-Anlage, Stromspeicher
Mögliche Dienstleistungen:
Monitoring der Energieverbräuche
auf Haus- und auf Mieterebene,
E-Mobilität
In Neu-Ulm modernisierte die NUWOG in der Pfuhler Straße
4 und 6 eine Altbauzeile aus den 1930er Jahren zum smar-
ten Heim und zum Plusenergie-Gebäude. Eine sorgfältige
Tageslichtplanung für das Wohngebäude und der Einsatz von
Materialien mit vorbildlicher Ökobilanzierung gehören zum Ge-
samtkonzept. Die Steuerung der häuslichen Elektronik folgt der
Idee des Smart Home. Das Projekt zeigt, dass auch im Bestand
Effizienzhäuser Plus und smarte Gebäude möglich sind und als
Energielieferant in Netzwerke eingebunden werden können. Der
erzeugte Strom wird in das Netz der Stadtwerke Ulm einge-
speist, die Mieter erhalten im Gegenzug elektrische Energie zu
vergünstigten Tarifen.
Daten zum Projekt:
Baujahr:
1938 / 2016
Bruttogrundfläche:
1.380 m
2
Beheizte Nettogrundfläche:
656 m
2
Beheiztes Gebäudevolumen:
2.458 m
3
Hüllflächenfaktor A/V:
0,47m
-1
Stromüberschuss:
8.824 kWh/a
Verwendetes
Smart-Home-System:
Alpha Smart, M-Bus für Steue-
rung und Ablesung Lüftung und
Heizung, dazu Sensoren und
Stellmotoren in allen Zimmern
Angeschlossene Geräte:
Haushaltsgeräte, Heizung, Lüf-
tung, PV-Anlage
Mögliche Dienstleistungen:
Monitoring, Abrechnung
NAHEIMST: MEHRGESCHOSSER MIT SMART HOME
NUWOG: BESTANDSBAU WIRD SMARTES HEIM
Das smarte und energieeffi-
ziente Haus der Nassauischen
Heimstätte in der Frankfurter
Graf-von-Stauffenberg-Allee 57
Quelle: Nassauische Heimstätte
Dem NUWOG-Bau
in der Pfuhler Staße
sieht man das ur-
sprüngliche Baujahr
1938 nicht mehr im
Geringsten an
Quelle: NUWOG, Foto: van d'Grachten
1...,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,...92
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