Die Wohnungswirtschaft 11/2016 - page 39

37
11|2016
Der VSWG befasst sich schon seit Jahrenmit dieser
Entwicklung. Eine wichtige Rolle spielen unter-
jährige Verbrauchsdaten, die den Mitgliedern zur
Verfügung gestellt werden können, neue Dienst-
leistungen in der Wohnung und der Datenschutz.
Breitbandinfrastruktur
Die demografische Entwicklung in Sachsen ist durch
sinkende Einwohnerzahlen und einen kontinuierli-
chen Anstieg des Durchschnittsalters der Bevöl-
kerung gekennzeichnet. Die ländlichen Regionen
Dr. Axel Viehweger
Vorstand
VSWG Verband Sächsischer Wohnungs-
genossenschaften e. V.
Dresden
werden hiervon am stärksten betroffen sein. Die
handelnden Akteure müssen darauf reagieren und
einen umfassendenWandel einleiten. Insbesondere
in diesen Gebieten wird es darauf ankommen, eine
leistungs- und zukunftsfähige Breitbandinfrastruk-
tur aufzubauen, damit sie sowohl wirtschaftlichwie
auch sozial eine Zukunft haben.
Die Bandbreite erfüllt dabei zwei Funktionen
gleichzeitig. Zum einen stellt es die zwingende
Infrastruktur für den schnellen und effizienten Da-
tentransport dar. Gleichzeitig hat die Breitbandge-
schwindigkeit auch direkte Auswirkungen auf die
Vermietungssituation selbst. Gerade für jüngere
Menschen sind digitale Anwendungen Teil des täg-
lichen Lebens geworden. Vor diesemHintergrund
setzt vor allem diese Zielgruppe schnelle Daten-
geschwindigkeiten voraus. In einem Wohnungs-
markt, der vielerorts angebotslastig ist, stellt die
Breitbandgeschwindigkeit somit ein wichtiges
Vermietungsinstrument dar. Damit beeinflusst es
letztlich auch die Leerstandsentwicklung ganzer
Regionen. Nach wie vor können in Sachsen nur
etwa 50% der Bevölkerung von Datengeschwin-
digkeiten von 50Mbit/s undmehr profitieren; das
sind 20% weniger als der Bundesdurchschnitt.
Technikunterstütztes Wohnen
Der ausdrücklicheWunsch der Bevölkerung ist es,
so lange wie möglich in den eigenen vier Wän-
den leben zu können und in der Wohnung alt zu
werden. Dazu tragen die Digitalisierung und die
Technik entscheidend bei. Der Wohnung, demLe-
bensmittelpunkt eines Menschen, wird in diesem
Wandel eine signifikante Rolle zukommen. Der bis-
her soziale und kommunikative Lebensmittelpunkt
wird sich zum Gesundheitsstandort entwickeln,
denn die medizinische Versorgung der Zukunft
findet zuhause statt. Eine zukunftsfähige und
leistungsstarke Breitbandversorgung ist eine der
Grundvoraussetzungen, um einen langfristigen
Verbleib der Menschen in ihren Wohnungen und
der gewohnten Umgebung zu gewährleisten und
den Einsatz moderner Kommunikationsmöglich-
keiten und Assistenzsysteme zur Unterstützung
eines selbstbestimmten Lebens zu ermöglichen.
Energiedaten
Die Digitalisierung hat bereits heute große Auswir-
kungen auf den Energiebereich. DasMessstellenbe-
triebsgesetz ordnet denMarkt desMesswesens neu.
Auf Grundlage des Gesetzes werden die derzeitigen
Marktrollen Stromlieferant, Netzbetreiber und Ab-
lesedienst noch umeine vierte, die desMessstellen-
betreibers, ergänzt. Somit steigt die Komplexität
der Geschäftsprozesse signifikant an. Gleichzeitig
steigen auch die Anforderungen an die „Hardware“
imGebäude. Gemäß demWillen der EU können bzw.
müssen Energiedaten wie z. B. Messwerte von
Strommengenzählern oder Heizkostenverteilern
künftig über ein Smart-Meter-Gateway transpor-
tiert werden. Dabei handelt es sich um einen vom
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstech-
nik (BSI) zertifizierten Datenknoten. Die neueWelt
bedingt nicht selten eine stärkere Zusammenarbeit
mit Partnern auf Augenhöhe.
Konträr dazu hat die LebensRäume Hoyerswerda
eG die Abrechnung ihrer Wasser- undWärmemen-
genzähler sowie Heizkostenverteiler selbst in die
Hand genommen. Mittlerweile wurden eigene
Messgeräte in 6.700 Wohnungen verbaut. Die
Messgeräte ermitteln dabei mehrmals wöchent-
lich die Verbrauchsdaten und bieten den Mitglie-
dern über einen Onlinezugang eine laufende Infor-
mation über die eigenen Verbräuche. Gleichzeitig
lassen sich technische Störungen und Leckagen
wesentlich schneller entdecken.
Auch die Kommunikationmit denMietern verändert
sich derzeit grundlegend. Bei derWohnungsgenos-
senschaft Johannstadt eG sind z. B. die Tage des
„Schwarzen Bretts“ gezählt. Seit Kurzem finden
hier digitaleAushangtafelnAnwendung. Per Knopf-
druck können wichtige Informationen gebäude-
oder auch stadtteilspezifisch dargestellt werden.
Neben den üblichen Informationen zu Baumaß-
nahmen oder Ableseterminen bietet das digitale
Mediumzahlreiche ZusatzdienstewieWetter- und
Fahrplanauskunft oder Veranstaltungshinweise.
Digitale Prozesse gestalten
Die digitalen Prozesse unterliegen aber auch
rechtlichen Anforderungen. Die klassischen
schriftlichen Protokolle und Vereinbarungen zwi-
schen Wohnungsunternehmen und Mietern wer-
den immer mehr durch digitale Strukturen ersetzt.
Bereits heute sind theoretisch sogar Mietverträge
über Online-Mieterportale möglich, sofern dabei
gewisse Randbedingungen beachtet werden. Denn
die zunehmende Zahl an Daten stellt Anforderun-
gen an dieMietverträge der Zukunft sowie an den
Schutz der personenbezogenen Daten.
Die Digitalisierung erstreckt sich heute bereits auf
viele Bereiche der Wohnungswirtschaft. Sie trägt
somit auch wesentlich zur zukünftigen Entwick-
lung der sächsischenWohnungsgenossenschaften
bei. Alles in allem verändert die Digitalisierung
unser aller Leben und bietet dabei dieMöglichkeit,
sowohl bestehende Prozesse effizienter zu gestal-
ten als auch neue Geschäftsprozesse zu implemen-
tieren. Wir befinden uns derzeit erst am Anfang
des Prozesses. Dabei muss regelmäßig abgewogen
werden, welche Prozesse sinnvoll sind undwelche
nicht. Eines ist aber sicher, die digitale Welt kann
niemals die „warme Hand“ der Wohnungsgenos-
senschaften ersetzen.
1...,29,30,31,32,33,34,35,36,37,38 40,41,42,43,44,45,46,47,48,49,...92
Powered by FlippingBook