MARKT UND MANAGEMENT
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6|2015
Die BDS verfügt in Hamburg über einen
Bestand von knapp 5.000 Wohnungen. Wo
sehen Sie, Herr Klie, die Vorteile bei der digi-
talen Abbildung bzw. der IT-Unterstützung
beimMieter-/Nutzerwechselprozess?
Die transparenten Festlegungen der Mieten, die
eine Vielzahl von in der Praxis vorkommenden
Fällen abbilden, sowie der daraus gewonnene
Handlungsrahmen für die Sachbearbeiter bilden
die Hauptvorteile in der Praxis.
Der digital abgebildete und interaktive Workflow
macht den Nutzerwechselprozess effizienter und
nachvollziehbarer.
Würden Sie anderen Unternehmen
auch raten, ähnliche IT-Steuerungs- und
Planungsinstrumente einzusetzen?
Aus den oben genannten Gründen ja.
Seit wie vielen Jahren nutzen Sie das
Wohnwertmietmodell und aus welchem
Grund?
Die Einführung des Wohnwertmietmodells
(WWMM) imJahre 1997 erfolgte aus der Erkennt-
nis heraus, dass dieMietkalkulation nachvollzieh-
barer erfolgenmüsste. Insbesondere sollten ver-
gleichbareWohnungen auch vergleichbareMieten
erhalten, ähnlich demSystemdes Mietenspiegels
mit definierten Mittelwerten und begründeten
Abweichungen nach oben und unten. Aber das
WWMM ist natürlich viel ausgewogener als ein
Mietenspiegel, der Wohnungen in den Kriterien
Ausstattung, Lage und Beschaffenheit nur sehr
grob festlegt.
Eine Mietenpolitik allein nach dem Mietenspie-
gel auszurichten, z. B. alle Wohnungen zum Mit-
telwert zu vermieten und nur im Ausnahmefall
abzuweichen, halte ich für ungerecht und nicht
wirtschaftlich.
Können Sie uns ein Beispiel beschreiben, bei
dem die Vorteile augenscheinlich waren,
für die Mietenberechnung ein WWMM zu
verwenden?
Wir haben das WWMM im Jahr 2009 modifiziert,
da sich beispielsweise eine Wohnungsmoderni-
sierung wirtschaftlich nicht in ausreichendem
Maße bei der Neumietenfestlegung auswirkte.
Also mussten die Kriterien neu gewichtet wer-
den. Besonderes Augenmerk lag hierbei auf dem
Kriterium „Ausstattung“. Gleichzeitig haben wir
Marktmieten als Orientierungswerte ergänzt. Un-
abhängig davon, ob ein Mietenspiegel existiert
oder nicht, ist ein WWMM mit exakt kalkulier-
baren Ziel- und Neuvermietungsmieten für ein
Wohnungsunternehmen in der Praxis wie auch in
der Planung sehr hilfreich.
Was könnte sich mit der Einführung der
Mietpreisbremse in Hamburg für Sie und
andere Wohnungsunternehmen ändern?
Da wir als Genossenschaft die Bestandsmieten in
der Praxis noch nicht einmal um10% imRahmen
der Mieterhöhung nach BGB anheben, trifft uns
die Mietpreisbremse vor allem bei Neubau- und
Neuvermietungsmieten. Wir sind jedoch auf-
grund unseres WWMM gut aufgestellt, da wir
diese Fälle gut abbilden und somit gut kalkulie-
ren können.
Spätestens jetzt solltenWohnungsunternehmen
ein solches Modell eingeführt haben, denke ich.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Dr. Michael Clar.
Interview mit Olaf Klie
„Eine Mietenpolitik allein nach dem Mieten-
spiegel auszurichten, halte ich für ungerecht
und nicht wirtschaftlich.“
Die Baugenossenschaft Dennerstrasse Selbsthilfe e.G. (BDS) aus Hamburg
setzt den digitalen Mietensteckbrief inkl. Neumietenberechnung seit Jahren
ein. Die Erfahrungen schildert Olaf Klie, Vorstand der BDS.
male Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und
Lage die konkrete ortsübliche Vergleichsmiete
einer Wohnung berechnet. F+B hat in der rechts-
sicheren Gestaltung derartiger Wohnwertmietmo-
delle langjährige Erfahrungen, die in die konkrete
Umsetzung der Neuvermietungssoftware einflie-
ßen. Je nach den Vorgaben des örtlichenMietspie-
gels sind die Parameter des Wohnwertmietmodells
zu modellieren und in der Software abzubilden.
Die wohnwertrelevanten Wohnungsmerkmale
sind üblicherweise in der digitalen Mieter- bzw.
Wohnungsdatenbank enthalten oder können im
Rahmen der Wohnungsabnahme durch eine Vor-
Ort-Begehung unaufwändig ermittelt werden.
Sonderfälle
In einigen Sonderfälle greift die Neuvermietungs-
begrenzung voraussichtlich auch in angespannten
Wohnungsmärkten nicht, dies gilt insbesondere
bei Erstvermietung im Neubau sowie in dem Fall,
in dem der Vormietvertrag eine höhere Netto-
kaltmiete aufweist als aktuell gesetzeskonform
vereinbart werden könnte. Diese Fälle lassen
sich in einer elektronischen Datenhaltung relativ
leicht lösen. Kompliziert ist dagegen die voraus-
sichtliche Sonderregel, dass sich die gesetzlich
erlaubte Neuvertragsmiete durch umlagefähige
Modernisierungskosten rechtlich zulässig erhöhen
kann. Hier sind derartige viele Berechnungskom-
ponenten zu beachten, dass diese Form der Ziel-
mietenermittlung außerhalb der Neuvermietungs-
software erfolgen sollte. In diesem Fall erlangt
allerdings die aktuelle Angebotsmiete wieder eine
Bedeutung, weil sie den Maßstab bildet, an dem
sich Marktgängigkeit der neuen Wohnungsmiete
erweisen muss.