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12|2015
Namen verpflichten. Wer seine Siedlung Mari-
engrün nennt, muss dem Grün eine besondere
Bedeutung zumessen. Genau das hat die Berliner
degewo bei der umfassenden Sanierung ihrer
Großwohnsiedlung Marienfelde-Süd getan, die
dabei den neuen Namen Mariengrün bekommen
hat. VomLandschaftsplanungsbüro bgmr ließ sich
die degewo ein Freiraumkonzept erarbeiten, das
die Stärken der zwischen 1968 und 1974 errich-
teten Siedlung weiterentwickelt. Diese verfügte
von Anfang an über einen parkähnlichen Charakter
und liegt zudem am Stadtrand, so dass die Mieter
der rund 2.500 Wohnungen schnell im grünen
Umland sind.
Das Konzept für Mariengrün
Der Grünflächenplan baut auf demeigens für Mari-
engrün entwickelten Zielgruppenkonzept auf: Für
jedes Wohnhaus haben die degewo-Verantwortli-
chen bestimmte Zielgruppen (z. B. Alleinerziehen-
de, Senioren, Starterfamilien) ermittelt, auf die
dann auch das Umfeld abgestimmt ist. In der Nähe
der hauptsächlich für Familien gedachten Häuser
gibt es deshalb Spielplätze, während vor den Häu-
sern für Senioren ruhige Aufenthaltsräume zu fin-
den sind. Umdie Identitfikationmit demQuartier
zu stärken, legten die Planer zudem so genannte
Schöne Orte fest. Das sind Orte, die durch Blumen
mit einer besonders hohen Blühqualität einen au-
ßergewöhnlichen Charakter bekommen.
Bei alledem bezog die degewo die Mieter in die
Planung mit ein. „Wenn die Mieter ihr Wohnum-
feld aktiv mitgestalten können, wächst ihre Zu-
friedenheit“, begründet dies degewo-Sprecher
Lutz Ackermann. Ein Ergebnis dieser Mitsprache
sind beispielsweise Hochbeete vor dem quartier-
prägenden Hochhaus, die von Mietern gepflegt
werden.
Ebenfalls Teil des Konzepts ist der Garten der
Länder, ein Gemeinschaftsgarten am östlichen
Rand von Mariengrün. Dieses Konzept der Ge-
meinschaftsgärten verfolgt die städtische Woh-
nungsbaugesellschaft auch anderswo: In der
Gropiusstadt, einer Großsiedlung im Südosten
der Stadt, startete sie im Herbst ein Pilotprojekt
für einen 500 m
2
großen Gemeinschaftsgarten.
„Ich bin davon überzeugt, dass Gemeinschaftsgär-
ten das nachbarschaftliche Miteinander stärken,
weil sie Raum für Begegnung, Teilhabe und fürs
Selbermachen geben“, sagte degewo-Vorstand
Kristina Jahn bei dieser Gelegenheit. Beginnen soll
die gärtnerische Umsetzung imFrühjahr 2016. Die
Resonanz der Mieter beim ersten Planungswork-
shop im September bezeichnet Pressesprecher
Ackermann als „außergewöhnlich gut“.
Gemeinschaftsgärten: nicht ohne Konflikte
Bereits über eine längere Erfahrung mit Urban
Gardening verfügt die ebenfalls städtische Woh-
nungsbaugesellschaft GESOBAU, die imMai 2014
ihren Nachbarschaftsgarten „Willkommen im
Beettinchen“ im Märkischen Viertel eröffnete.
Dieser umfasst auf insgesamt 7.000 m
2
Fläche
verschiedene Nutzungsbereiche, darunter 40 je-
weils 40m
2
große Pachtparzellen, einen gemein-
samen Grillplatz und ein Gemeinschaftsgebäude
mit Geräteschuppen und Teeküche. Dabei stellt
die GESOBAU das Grundstück zur Verfügung,
während die Albatros gGmbH die Betreuung der
Flächen und der Hobbygärtner übernimmt. Fi-
nanziert wurde das Projekt mit Mitteln aus dem
Programm StadtumbauWest. Genutzt wird dabei
eine Konversionsfläche: Bis in die 1990er Jahre
stand auf dem Areal eine Schule, die dann abge-
rissen wurde.
Der Eröffnung des Gartens vorangegangen war
ein jahrelanger Planungs- und Vorbereitungs-
prozess. „Man muss einen solchen Prozess gut
moderieren und die Menschen begleiten“, sagt
GESOBAU-Sozialmanagerin Helene Böhm. Nach
ihrenWorten ist das Nebeneinander auf den – stark
nachgefragten – Parzellen „nicht ganz konflikt-
frei“, da es unterschiedliche Auffassungen über
die Nutzungspraxis gibt: Während der eine auf
einen perfekt gepflegten Garten Wert legt, nutzt
der andere seine Parzelle am liebsten zumGrillen.
Grundsätzlich aber bietet der Nachbarschafts-
garten für Böhm die Chance, „Vergemeinschaf-
tungsprozesse anzuregen und Orte zu schaffen,
wo man werkeln und sich austoben kann“. Genau
solche Orte und Beteiligungsmöglichkeiten feh-
len nach ihrenWorten in Großsiedlungen wie dem
Märkischen Viertel.
Darüber hinaus führte die Viertel Box, ein imMär-
kischen Viertel gelegener Veranstaltungsort, in
diesem Jahr eine ganze Reihe von Events rund um
das städtische Grün durch. Diese Veranstaltungen
bauen laut Böhm darauf auf, „dass das Grün eine
Stärke des Märkischen Viertels ist“.
Anknüpfen ans Gartenstadtkonzept
Ganz Ähnliches gilt für die Siedlung Lindenhof,
eine kurz nach dem Ersten Weltkrieg errichte-
te Siedlung ganz im Süden des Stadtteils
Christian Hunziker
freier Immobilienjournalist
Berlin
Erstbewohner der Gartenstadt Lindenhof im Jahr 1920/21: War das Gärtnern früher zur preiswerten Ernährung wichtig, stößt es heute auf immer stärkeres Interesse.
Das Urban Gardening – oben rechts eine Planung für die Berliner Gropiusstadt – ist dabei aber mehr als nur eine Mode. Es fördert die Integration und stärkt das Gemeinwesen
Quelle: GeWoSüd
Quelle: degewo, Foto: Tina Merkau