Controller Magazin 3/2019 - page 12

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anderen Bereichen zugeordnet werden, er-
scheint die Klammer kaum noch möglich.
Aber selbst im für die Controller positiven Fall
könnte es schwierig werden, den „Umbrella
Term“ Controller zu erhalten, wenn die wahr-
zunehmenden Aufgaben und Rollen so hete-
rogen sind.
Konsequenzen für den Begriff
des Controllings
Wie anfangs ausgeführt, ist die Bildung des Be-
griffs Controlling sehr eng mit dem Koordinati-
onsmechanismus Pläne verbunden. In einer
klassischen Bürokratie gibt es aber weder Con-
trolling noch Controller. Gleiches trifft für durch
Selbstabstimmung koordinierte Organisationen
wie etwa Start-ups zu, und auch Forschungs-
und Entwicklungsbereiche haben sich mit dem
normalen Unternehmenscontrolling stets
schwer getan.
Wenn man – wie bisher – den Begriff des Con-
trollings primär auf Plankoordination bezieht,
wird der Anwendungsbereich des Controllings
parallel zur Verkleinerung und Anpassung des
plankoordinierten Bereichs an Bedeutung ver-
lieren. Zugleich entsteht ein „controllingfreier“
Bereich. Die Funktion als eine begriffliche
Klammer wird darunter (erheblich) leiden. Be-
rücksichtigt man dann noch die mögliche Ent-
wicklung, dass es signifikant weniger Controller
geben könnte, sei es, weil bisherige Stellen der
Rationalisierung durch Digitalisierung zum Op-
fer fallen, sei es, weil die Stellen anderen Berei-
chen zugeordnet werden und sich die Stellen-
bezeichnungen verändern, ist die Zukunft des
Begriffs Controlling ungewiss.
Wenn man Controlling als Rationalitätssiche-
rung versteht, entsteht auf einer begrifflichen
Ebene kein zwangsläufiger Veränderungsbe-
darf. Allerdings sind die jeweiligen Formen der
Rationalitätssicherung für die verschiedenen
Koordinationsmechanismen sehr unterschied-
lich, so dass eine Unterordnung unter den Be-
griff Controlling weniger sinnvoll erscheint, als
Rationalitätssicherung direkt unter ihrem Na-
men als eine wesentliche Managementfunktion
zu benennen, die auch und gerade in Zeiten ho-
hen Wandels eine zentrale Rolle spielen könnte
und sollte.
nance angesiedelt sind. Dieses Vorgehen ist
aber nicht in Stein gemeißelt. Controller
könnten (und sollten) dafür kämpfen, aktiv
einbezogen zu werden, die neuen Aufgaben
selbst wahrzunehmen – Role Making ist ge-
fragt! Dies bedeutete auch, die schon seit
langem von Controllern propagierte Integra-
tion nicht-finanzieller Steuerungsgrößen in
die Steuerung endlich wahr zu machen. Eine
weitere neue Aufgabe von Controllern könn-
te darin bestehen, Rationalitätssicherung
von Data Science Teams wahrzunehmen
(„Kritisch über Korrelationen schauen“).
Dies zu tun, ist aber nicht nur ein Qualifikati-
onsthema, sondern auch ein Thema des
Mindsets („Fail fast“ etc.). Insofern fällt ein
„Springen“ schwer.
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·
Mit der Notwendigkeit, für eine Gesamt-
steuerung des Unternehmens die jeweils in
unterschiedlicher Form koordinierten Berei-
che gemeinsam zu steuern, entsteht eine
neue Aufgabe, für die es derzeit unklar er-
scheint, wer sie übernehmen sollte. Häufig
besteht in den Unternehmen nur ein eher
unbestimmtes Problemverständnis (Wie er-
folgt die Koordination einer Vielzahl prob-
lemlösender Teams? Wie sollen die inter-
nen Start-up-Versuche in eine deutlich ver-
schlankte, anpassungsfähigere Budgetie-
rung eingebaut werden?). Auch hier liegt
eine Aufgabe vor, für die Controller aus
ihrer jetzigen Koordinationsfunktion heraus
gute Voraussetzungen mitbringen, die sie
nutzen sollten!
Für die meisten der angesprochenen neuen
Aufgaben bedarf es jedoch der Stärkung vor-
handener oder gar gänzlich neuer Qualifikati-
onen. Diese sind jeweils sehr anspruchsvoll
und zugleich sehr vielschichtig, d. h. sehr
technisch (Analytik) auf der einen Seite, sehr
konzeptionell (neue Geschäfts- und Steue-
rungsmodelle) und verhaltensbezogen auf der
anderen Seite. Damit liegt eine extreme in-
haltliche Spreizung der Aufgaben vor. Die Fra-
ge, ob einzelne Controller (oder andere Auf-
gabenträger) dieser Spreizung gerecht wer-
den können, muss man im Regelfall wohl ver-
neinen. Die Antwort auf die Anschlussfrage,
ob der Controllerbereich insgesamt dazu in
der Lage sein kann, hängt davon ab, über wie
viel Kapazität er aktuell verfügt und in Zukunft
verfügen wird. Wenn die Datenspezialisten
Koordination durch Pläne mit einer dominanten
Koordination durch Selbstabstimmung, die wie-
derum verstärkt auf Elemente einer Pro-
grammkoordination zurückgreifen. Ein solches
Nebeneinander wird aller Voraussicht nach
nicht nur übergangsweise, sondern permanent
bestehen. Damit entsteht die Führungsheraus-
forderung, unterschiedlich koordinierte Berei-
che in der Gesamtsteuerung des Unterneh-
mens zusammenzuführen.
Konsequenzen für den Berufs-
stand der Controller
Ein Teil der Unternehmenssteuerung wird – wie
ausgeführt – in der Zukunft dominant durch
Koordination durch Selbstabstimmung erfol-
gen. In einem solchen Kontext wird die Rationa-
litätssicherung in aller Regel im Team selbst
vorgenommen, unterstützt durch die zuneh-
mende Transparenz und die damit verbundenen
technischen Möglichkeiten. Controllern kann
dabei als funktionalen Spezialisten eine wichti-
ge Rolle innerhalb des Teams zukommen. Dar-
aus den Schluss zu ziehen, dass sich letztlich
wenig ändert, wäre aber verfehlt: Die Arbeit in
einem durch Selbstabstimmung charakterisier-
ten Kontext erfordert neue Fähigkeiten, ein
ganz bestimmtes Mindset und auch die Organi-
sation des Controllerbereichs wird sich anpas-
sen müssen.
Die Controlleraufgaben im verbleibenden
plankoordinierten Bereich verändern sich – wie
oben ausgeführt – ebenfalls erheblich:
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Als direkte Folge der Digitalisierung fallen
Prozesse weg, die für eine Plankoordination
weiterhin gebraucht werden, aber im We-
sentlichen standardisierbar und auf „Ma-
schinen“ zu verlagern sind (z. B. Konsolidie-
rung, Reporting, Forecasting). Damit erfolgt
entweder ein entsprechender Abbau von
Controllerstellen, oder aber eine nicht signi-
fikant verringerte Zahl von Controllern hat
mehr Freiraum für die unmittelbare Inter­
aktion, die im Wesentlichen auch durch
Selbstabstimmung geprägt ist („Entschei-
dungen im Team“).
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Ein Teil von neu entstehenden Aufgaben
wird aktuell neuen Berufsfeldern zugeordnet
(Big-Data-Analysen durch Data Scientists
u. ä.), die zudem häufig außerhalb von Fi-
Controlling neu denken!
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