CONTROLLER Magazin 1/2017 - page 88

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halten, also frei von stochastischen Einflüssen
sind. Daneben lassen sie sich mit nur wenigen
Parametern darstellen.
Der Marktpreis wird derart als Sinuskurve
dargestellt, dass Preissteigerungen sowie
-senkungen durchlaufen werden. Die Zeitrei-
he des Produktpreises wird mit exakt der glei-
chen Sinusfunktion realisiert (gleiche Amplitu-
de), allerdings wird diese um zwei bzw. vier
Tage auf der x-Achse in die Zukunft verscho-
ben, um die Verzögerung bei der Preisanpas-
sung zu simulieren (siehe Abbildung 1).
Die Zeitreihen aus Abbildung 1 werden nun in
ein kartesisches Koordinatensystem übertra-
gen mit der x-Achse als unabhängiger Variable
(Marktpreis) und auf der y-Achse als abhängi-
ger Variable (Produktpreis). Für jeden Zeitpunkt
gibt es eine entsprechende Kombination der
beiden Größen, die als Punkt im Diagramm
sichtbar gemacht wird.
Das Elastizitätsdiagramm unterscheidet sich
vom „traditionellen“ Streuungsdiagramm da-
durch, dass die Kombinationspunkte der je-
weils folgenden Zeitpunkte durch Linien mitei-
nander verbunden werden. Der große Vorteil
ist, dass diese Verbindungslinien Anpassungs-
pfade im Diagramm bilden, mit denen Aussa-
gen über das dynamische Verhalten der Varia-
blen möglich sind. Das Ergebnis ist eine diffe-
renziertere Elastizitätsbetrachtung, die nicht
nur für die Vergangenheit konsistente Werte
liefert, sondern auch vielfältige Interpretatio-
nen zeitlicher Aspekte der Ursache-Wirkungs-
beziehung zulässt.
So sind Anpassungspfade in mehr oder weni-
ger stark ausgeprägter Schleifenform typisch
für Verzögerungen (siehe Abbildung 1). Durch
die elliptische Anordnung der Preiskombinatio-
nen erhöht sich der Abstand und mit ihm das
Maß zur Erklärung der Regressionsgeraden. Ein
problematischer (Neben-)Effekt ergibt sich da-
durch, dass die Steigung der Regressionsgera-
den und damit die Elastizität durch systemati-
sche Verzerrung den ökonomischen Zusam-
menhang nicht mehr richtig wiedergibt. So liegt
die Elastizität bei einem Time-Lag von nur zwei
Tagen nicht mehr bei 1,00, sondern bei 0,91
(0,68 bei vier Tagen), obwohl es sich um identi-
sche, allerdings zeitversetzte Reihen handelt.
Systemen häufig die Wirkung der Ursache
in teilweise erheblichem Zeitabstand nach-
eilt.
Es existieren vielmehr eine Vielzahl von
Anpassungsmechanismen, die die zeitliche
Reaktion des Systems auf eine Änderung der
Eingangsgröße beschreiben. Ein solches dy-
namisches Verhalten wird als Verzögerung oder
Time Lag bezeichnet.
Bei der folgenden Betrachtung soll dieser Ver-
zögerungseffekt an idealisierten Preis-Zeitrei-
hen in Form von Sinuswellen demonstriert wer-
den. Sie haben den Vorteil, dass sie ausschließ-
lich systematische Zeitreihenkomponenten ent-
Verzögerungen von Preisanpas-
sungen im Elastizitätsdiagramm
Nach der Grunddefinition von Elastizitäten be-
wirkt ein Anstieg der Marktpreise eine sofortige
Anpassung der Produktpreise auf ein durch die
Elastizität bestimmtes Niveau. Man bezeichnet
dieses Verhalten auch als proportionales Über-
tragungsverhalten (P-Verhalten) mit der Elasti-
zität als proportionaler Konstanten.
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Ein solches rein proportionales Verhalten
ist in der betrieblichen Praxis jedoch nur
selten anzutreffen, da in ökonomischen
Abb. 1: Zeitlicher Versatz idealisierter Zeitreihen auf Basis synthetischer Sinus-Wellen
Autoren
Dipl.-Wirt.-Ing. Prof. Dr. Johannes Schwanitz
lehrt und forscht in den Themenbereichen Business Analytics
und Visual Business Intelligence. Er ist Geschäftsführender
Leiter des Instituts für Technische Betriebswirtschaft (ITB) an
der Fachhochschule Münster.
E-Mail:
Alexander Michalik
M. Sc. Fahrzeugmechatronik & M. Sc. Wirtschaftsingenieurwesen.
Er ist Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Technische
Betriebswirtschaft in Steinfurt.
E-Mail:
Zeitreihenanalysen mit dem Elastizitätsdiagramm
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