CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 10

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Biel:
Aus Controller-Sicht müssen wir auch
über den Aufwand und über die Kosten-Nutzen-
Relation sprechen.
Bruton:
Natürlich hat Qualität ihren Preis;
CSR
und Nachhaltigkeit sind nicht kostenlos zu
haben
. Auch die Kosten des klassischen
Rechnungswesens sind recht hoch, aber allein
deshalb stellt niemand das Rechnungswesen
infrage. Heutige CSR-Berichterstattung und
das CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (welch
schrecklicher Ausdruck!) sind nur Zwischen-
stationen auf dem Weg zu einer umfassende-
ren unternehmerischen Berichterstattung –
nennen Sie sie „integriert“ oder sonst wie – die
in einigen Jahren vermutlich als selbstver-
ständlich gelten wird. Durch eine nachhaltigere
Entwicklung und mehr Transparenz als heute
kann unser gesamtes Wirtschaftssystem nur
profitieren.
Biel:
Bei mir ist ein Satz hängen geblieben, den
Sie bei der Vorbereitung unseres Interviews
brachten:
„Es wäre schön, wenn wir damit
die Diskussion bei Controllern wieder bele-
ben könnten.“
Wenn wir auf einschlägige Er-
hebungen, z. B. das WHU Controller Panel, zu-
rückgreifen, nimmt unser Themenkomplex im
Controlling eine eher bescheidene Stellung ein.
Liegt dies aus Ihrer Sicht eher daran, dass die
Controllerinen und Controller mit immer mehr
Aufgaben und Anforderungen belastet sind und
auch werden, aktuell z. B. die Digitalisierung,
oder daran, dass die Controller Wichtigkeit und
Nutzen gering einschätzen?
Bruton:
Vor zwei oder drei Jahren merkte ich
die Enttäuschung in einem Bericht des Cont-
roller Magazins, als man die Controller für CSR
und Nachhaltigkeit zu interessieren versucht
hatte, und nunmehr feststellen musste, dass
andere Themen eine höhere Priorität auf der
Controller-To-do-Liste einnahmen. Ich selbst
habe einmal in einem Vortrag vor Controllern
die diesbezügliche Skepsis auch deutlich ge-
merkt. Ein Zuruf aus dem Publikum, nämlich
„Was sollen wir denn noch alles machen?“
,
stimmte mich sehr nachdenklich. Controller
haben zugegebener Maßen jetzt schon sehr
viel auf dem Schirm. Dennoch ist CSR als The-
ma virulent und muss irgendwie aufgenommen
und integriert werden. Sich rechtzeitig des
Themas anzunehmen eröffnet gestalterische
Angaben im Nachhaltigkeitsbericht der SAP
dargestellt. Dort sind auch die wesentlichen
Messgrößen näher erläutert. Auf diese Art ent-
steht ein Gesamtbild, auf dessen Basis Ent-
scheidungen getroffen bzw. vorbereitet werden
können. Alle Prozesse wird man am Anfang
kaum durcharbeiten können, also greift man
diejenigen für die Umsetzung heraus, die be-
sonders wichtig erscheinen und auch solche,
die quick-wins darstellen, denn es geht auch
darum, die anderen Entscheidungsträger im
Unternehmen von der Vorgehensweise zu über-
zeugen und sie dafür zu gewinnen.
Biel:
Da Sie als Steuerberater auch in Ab-
schlussfragen zu Hause sind, möchte ich diese
Gelegenheit nutzen, Sie zu fragen: Wie sehen
Sie die Qualität der nachhaltigen Angaben in
der Lageberichterstattung? Wie ordnen Sie das
CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz ein? Bringt
dieses Gesetz neue Chancen für die Nachhaltig-
keit oder eher neue Belastungen und Probleme
für die betroffenen Unternehmen?
Bruton:
Was die
Qualität der Berichterstat-
tung
betrifft, würde ich die Latte von vorne he-
rein hochlegen wollen. Ganz gleich, ob anfangs
viel oder wenig umgesetzt wird, sollte der
Be-
richtsleser die Relevanz von CSR für das
Unternehmen verstehen.
Alles andere wäre
in puncto Glaubwürdigkeit kontraproduktiv. Die
Themenstellungen, über die berichtet wird,
hängen von der Branche und vom Geschäfts-
umfeld ab. Dabei sollten die ergriffenen Maß-
nahmen und Zielerreichungsgrade entspre-
chend dem Klarheitsprinzip dargestellt wer-
den. Damit der Leser die Entwicklung nach-
vollziehen kann, ist die Kontinuität in der
Darstellung entsprechend dem Grundsatz der
Bilanzkontinuität in der Finanzberichterstat-
tung von großer Bedeutung.
Biel:
Schaut man in vorhandene Berichte, wird
fast nur von mehr oder minder großen Erfolgen
berichtet.
Bruton: Was sicher gegen die Berichtsquali-
tät spricht, ist die oft zu beobachtende Ten-
denz, nur über Erfolge zu berichten
und die
mit Sicherheit eintretenden Misserfolge gerne
unter den Tisch fallen zu lassen, einfach indem
man über den entsprechenden Punkt schweigt.
Damit ist man nicht besonders vertrauenswürdig.
Denn als Sparringspartner der GL ist der Con-
troller für die Umsetzung aller strategischen Be-
lange und für die Herstellung der anschließen-
den Feedback-Schleife im Sinne des Organisa-
tionslernens der fachliche Ansprechpartner.
Das bedeutet auch, dass der Controller oder die
Controllerin bereits an der Strategieentwick-
lung maßgeblich zu beteiligen ist und es bedeu-
tet auch, dass Impulse im Vorfeld vom Control-
ling ausgehen sollten.
Biel:
Sie haben mal das Thema
„CSR-Cont-
rolling“
ins Gespräch gebracht (in Ihrem Buch
Corporate Social Responsibility und wirtschaftli-
ches Handeln – besprochen im Controller Maga-
zin 3/17, Seite 91). Bitte skizzieren Sie unseren
Leserinnen und Lesern kurz und knapp, was
Sie damit meinen?
Bruton:
Controlling beinhaltet nicht nur den re-
trospektiven, sondern auch den antizipatori-
schen Blick nach vorne. Was CSR und Nachhal-
tigkeit betrifft, ist dies die proaktive Suche nach
soliden
Positionierungsmöglichkeiten
ver-
bunden mit einem vorläufigen Business-Case-
Entwurf. Ebenfalls dazu gehört die Bestimmung
von
Messgrößen
. Der Controller beginnt dabei
nicht bei null. Nachhaltigkeits-KPIs gibt’s es
mehr als genug. Vielmehr geht es darum, eine
aussagefähige und dabei möglichst kleine
Menge von Kennzahlen festzulegen und dazu
passende Zielgrößen und Maßnahmen in Zu-
sammenarbeit mit den Fachabteilungen zu
überlegen. In der Rückschau erfolgt ein Soll-
Ist-Vergleich, um Zielerreichungsgrade am
Ende einer Periode festzustellen. Von Durchlauf
zu Durchlauf wird im Prozess des Organisati-
onslernens das System ergänzt und verfeinert.
Biel:
Das, was berichtet wird, sollte auch ein
Thema der Strategie und der Steuerung sein,
wie Sie bereits herausgestellt haben. Da tun
sich viele Probleme auf. Wie steuert man wei-
che Größen? Was bedeutet der fehlende Bezug
der nachhaltigen Berichterstattung zur Vermö-
gens-, Finanz- und Ertragslage?
Bruton:
Ähnlich wie im Falle der
Balanced
Scorecard
sollte man sich die Ursache-Wir-
kungsbeziehungen der wichtigsten Einflussfak-
toren überlegen und diese der Übersichtlichkeit
halber in einem Schaltdiagramm aufzeichnen.
In meinem Buch habe ich das anhand der
Corporate Social Responsibility (CSR)
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