CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 8

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Unternehmen wiederum befürchten einen zu
hohen Aufwand und wohl auch z. T. eine zu
hohe Transparenz. Kann ein Instrument mit die-
ser Vielfalt und dieser Gegensätzlichkeit wirk-
lich erfolgreich sein?
Bruton:
Bei CSR denken viele zunächst an Ins-
trumente. Bevor man an Instrumente denkt,
müssen Sinn und Ziel der Reise geklärt werden.
Viele Wege führen nach Rom, aber das interes-
siert mich eigentlich erst, wenn ich nach Rom
reisen möchte.
CSR ist eine zutiefst strategi-
sche Angelegenheit
,
wird aber von vielen
Unternehmen rein operativ angegangen –
schlimmstenfalls, indem man andere kopiert.
Dagegen bedeutet strategische CSR, dass man
einen langfristigen Plan aus einer unternehme-
rischen Vision entwickelt.
Um diesen Plan zu
erreichen, muss man sich Ziele setzen und
Maßnahmen festlegen
und – ganz wichtig –
die notwendigen Ressourcen bereitstellen.
Biel:
Was bedeutet dies für die Unternehmens-
praxis?
Bruton:
Es erzeugt kein gutes Bild, wenn Res-
sourcen für CSR nur dann bereitgestellt wer-
den, wenn Gewinne eingefahren werden. Bes-
ser ist es, klein anzufangen und auch in
schwachen Jahren stetig dran zu bleiben. Auf
diese Art wird eine CSR-Strategie höchst sin-
gulär und ist damit geeignet,
nachhaltige
Wettbewerbsvorteile
für das Unternehmen
hervorzurufen.
Biel:
Lassen Sie uns bitte einen Schritt weiter
gehen und uns fragen, wie substanzhaltig ist
dieses Thema. Imagekampagne oder Green-
washing usw. werden vielfach als Synonyme
gebraucht. In einem früheren Interview mit
dem ESV-Verlag haben Sie auch die Forderung
erhoben, „CSR vom Blendwerk opportunisti-
scher PR-Aktivitäten abzugrenzen“. Wie krie-
gen wir Substanz und damit auch allgemeinen
Nutzen in dieses Thema, in dieses Instrument?
Bruton: Greenwashing
entsteht, wenn PR-
Maßnahmen eingesetzt werden, um ein Image
von Verantwortungsbewusstsein in der Öffent-
lichkeit entstehen zu lassen, die hinreichende
Verantwortungsbasis jedoch fehlt. Aus diesem
Grund ist Greenwashing durchschaubar und die
Maßnahmen erzeugen allenfalls Skepsis bei
sert, und so drängen sich
Fragen nach dem
Sinn und der Qualität unseres Tuns
auf. Man
beobachtet eine ähnliche Entwicklung bei der
sogenannten Generation Y, die nicht unbedingt
denjenigen Job annimmt, der das meiste Geld
bringt, sondern der als passend zu einem gelin-
genden, erfüllenden Leben empfunden wird.
Biel:
Können Sie diese Überlegung beispielhaft
vertiefen?
Bruton:
Gerne. Dies mag auch erklären, wes-
halb Menschen in Schwellenländern, die im Ge-
gensatz zu uns noch dabei sind, ihre materiel-
len Grundbedürfnisse zu decken, teilweise eine
andere Einstellung zu den Menschenrechten
und zum Umweltschutz haben. Aus diesem
Grund stellt uns das
Lieferkettenmanage-
ment
in kritischen Industrien wie der Beklei-
dungsindustrie vor große mentale Herausforde-
rungen. Der gesellschaftliche Diskurs über
Sinn- und Lebensqualitätsfragen wird aufgrund
der
als Katalysator wirkenden Informa-
tions- und Kommunikationstechnologie
zum Teil sehr vehement ausgetragen.
Biel:
Es zeigt sich, dass CSR mit einer Vielzahl
von Aspekten und Themenfeldern in Zusam-
menhang gebracht wird. Auffallend ist, dass
CSR bzw. die erwarteten Informationen und die
erhoffte Transparenz weitgehend akteursspezi-
fisch sind. Das auf CSR gerichtete Interessen-
spektrum ist also weit gespannt. Es reicht z. B.
von ökologischen Belangen, über Kinderarbeit,
Servicequalität, bis zur Frauenquote usw. Die
macht CSR aber noch nicht zu einem negativ
konnotierten Allerweltsthema. Was aber im
Diskurs verwirrend wirkt, sind die vielen Be-
zeichnungen, die ähnlich oder synonymisch
verwendet werden, wie Nachhaltigkeit, Unter-
nehmensethik und Corporate Citizenship. Diese
werden in der wirtschaftsethischen Fachspra-
che voneinander abgegrenzt.
Biel:
Bitte lassen Sie mich an Ihre Antwort an-
knüpfen. Das Thema CSR wird fast inflationär,
wenn auch vielfach recht vage, diskutiert und
gebraucht. Warum steht es so in der Aufmerk-
samkeit, obwohl es nicht an kritischen Anmer-
kungen fehlt? Was treibt dieses Thema? Wel-
che rationalen und emotionalen Gründe üben
ihren Einfluss aus? Spielen die verbesserten
Informations- und Kommunikationsmöglichkei-
ten eine Rolle, liegt es eher am Vertrauensver-
lust mancher Unternehmen oder ist die Öffent-
lichkeit schlichtweg kritischer geworden?
Bruton:
Ja, CSR wird oft sehr kritisch betrach-
tet. Manche gehen sogar von einer vorüberge-
henden Modeerscheinung aus, die frühere Ma-
nagementtrends verdrängt, selbst aber irgend-
wann durch den nächsten Hype abgelöst wird.
Biel:
Wie ist hierzu Ihre Position? Was erwar-
ten Sie?
Bruton:
Ich bin da anderer Auffassung, denn
wir erleben gegenwärtig einen Wandel in unse-
rer satten westlichen Gesellschaft. Sattheit wird
nicht durch noch mehr vom Gleichen verbes-
Autoren
Prof. Dr. James Bruton
ist Steuerberater, Buchautor und Lehrbeauftragter für Wirtschafts-
ethik am Internationalen Institut für Management und ökonomische
Bildung an der Europa-Universität Flensburg. Er lehrt Wirtschaftsethik
außerdem an der Nordakademie Graduate School in Hamburg. In
seiner wissenschaftlichen und beratenden Tätigkeit befasst er sich
mit der Konzeption und Implementierung von CSR-Lösungen sowie
mit CSR-Controlling und -Kommunikation.
Fachjournalist (DFJS) Dipl.-BW Alfred Biel
ist Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit einem
betriebswirtschaftlichen und einem fachjournalistischen Studienab-
schluss. Er verfügt über reichhaltige Praxiserfahrungen aus verant-
wortlichen Tätigkeiten in betriebswirtschaftlichen Funktionen großer
und mittlerer Unternehmen. Ehrenmitglied des Deutschen Fachjourna-
listen Verbandes DFJV und des Internationalen Controller Verein (ICV).
E-Mail:
Corporate Social Responsibility (CSR)
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