CONTROLLER Magazin 3/2016 - page 9

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Biel:
Was folgern Sie aus diesen Ergebnissen?
Was sollte praktisch getan werden?
Dr. Schönborn:
Dass wir in den Unternehmen
lernen sollten, die Kultur besser zu verstehen
und sie
zur Managementaufgabe machen
.
Auch wenn Forschung immer das Problem der
Vergleichbarkeit und der nicht sicheren All-
gemeingültigkeit hat, kann aufgrund vieler Er-
gebnisse doch angenommen werden, dass es
direkte und indirekte Einflüsse zwischen der
Unternehmenskultur und den Leistungsfakto-
ren eines Unternehmens tatsächlich gibt.
Biel:
Lassen Sie bitte nachhaken: Dann muss
doch die Unternehmenskultur „eine Leistung
erbringen“. Woran lässt sich ihre Wirksamkeit
festmachen?
Dr. Schönborn:
Denken, empfinden und han-
deln nach grundlegenden Annahmen und
Überzeugungen sind eng mit dem Wertesys-
tem verbunden, das sich eine Gruppe von
Menschen gibt. Werte geben den einzelnen
Mitarbeitern eine Orientierung für sozial ge-
wünschtes oder „richtiges“ Verhalten in der
Gruppe und in Bezug auf ihre Arbeit. Wenn die
Überzeugungen mit Leistungsorientierung zu
tun haben, mit Arbeitsmotivation etc., dann
steigt die Wahrscheinlichkeit, dass
bestimmte
Leistungsmerkmale die Arbeitsergebnisse
beeinflussen.
Biel:
Sie sprechen von Leistungsmerkmalen.
Bitte konkretisieren und vertiefen Sie diese
Kennzeichen, auf die es ankommt.
Dr. Schönborn:
Wir haben mit unserer For-
schung ein Dutzend Dimensionen ausgemacht,
mit der die Vielschichtigkeit der Unternehmens-
kultur auf verständliche Weise gebündelt wur-
de. Solche
Wertebündel
sind natürlich die viel
zitierte ‚Arbeitszufriedenheit’ oder die ‚Identifi-
kation’ der Mitarbeiter mit der Firma, die ‚Ein-
satzbereitschaft’ oder ‚Menschlichkeit’, die im
Unternehmen vorherrscht. Lassen Sie mich das
kurz theoretisch erklären. Die Frage eines
messbaren Beitrages zum wirtschaftlichen Er-
folg wird mit Regressionsanalysen beantwortet.
Sie zeigen,
welchen Einfluss das Wertebün-
del einer Dimension auf den Erfolg hat
. Die
Ausprägungen der Werte einer jeden Dimen-
sion bilden ein Werteprofil.
Biel:
Dann müssten sich doch wirtschaftlich
erfolgreiche von weniger erfolgreichen Unter-
nehmen über die Kultur unterscheiden lassen?
Dr. Schönborn:
Ja genau, die Profile in wirt-
schaftlich erfolgreichen Unternehmen unter-
scheiden sich bedeutend von den Profilen in
nicht erfolgreichen Unternehmen. Die
Bezie-
hungen zwischen den Kultur-Dimensionen
und dem Erfolg
werden über mehrere Analy-
seschritte bestimmt. Die Daten zeigen uns, ob
ein
Einfluss
auf den Erfolg besteht, welche
Wirkrichtung
der Einfluss hat, welche Stärke
und welche Bedeutung. Im Ergebnis können
belastbare Aussagen darüber gemacht werden,
ob ein Unternehmen mit einem bestimmten
Profil über die Dimensionen eher zu den erfolg-
reichen Unternehmen gehört oder zu den weni-
ger erfolgreichen.
Biel:
Bitte veranschaulichen Sie uns Ihre grund-
sätzliche Aussage mit praktischen Beispielen.
Dr. Schönborn:
Die Dimensionen der ‚Arbeits-
zufriedenheit’ und der ‚Kompetenz-Orientie-
rung’, vor allem auch die Dimension der sozia-
len Kompetenz des Unternehmens (CSR) (vgl.
Abbildung 2) zeigen deutliche, stärkere Zusam-
menhänge zum Erfolg als Dimensionen, die
eher hierarchisch geprägt sind, wie ‚Macht’
oder formalisierte Führungssysteme.
Biel:
Aber – kann man diesen Zusammenhang
von Kultur und Erfolg auch wirklich belegen?
Dr. Schönborn:
Ja, tatsächlich. Wir haben zu-
sammen mit der Universität St. Gallen vor über
zehn Jahren begonnen, diesen Zusammenhang
zu erforschen.
Aus über 100 Kulturanalysen
in Unternehmen sind im letzten Jahr nochmals
umfangreiche Forschungsberichte von mir ver-
öffentlicht worden, die eine Varianzerklärung
von über 30 Prozente begründen. Im Rahmen
Abb. 2: Erfolgs-Zusammenhang und Effekte
CM Mai / Juni 2016
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