CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 10

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Nun werden die Datenbestände noch größer,
die Datenbestände noch vielfältiger und hetero-
gener. Welches Problem verbirgt sich dahinter?
Haben sich sowohl die Ansprüche als auch die
Möglichkeiten verändert?
Vierkorn:
Wie wir im Zuge unseres Dialogs ge-
sehen haben, liegt ein wesentliches Problem in
der Heterogenität der Daten. Wir haben neben
den klassischen, strukturierten Daten
ver-
mehrt unstrukturierte Daten sowie ver-
stärkt auch maschinengenerierte Daten
sowie Sensordaten.
Diese recht unterschied-
lichen Daten müssen verarbeitbar und auswert-
bar gemacht werden.
Biel:
Und wie steht es um Möglichkeiten und
Ansprüche?
Vierkorn:
Es stehen drei große Verände-
rungslinien im Fokus. Zunächst ist festzustel-
len, dass wir enorme Fortschritte in der Tech-
nologie gemacht haben. Hierzu einige Stich-
worte:
Neue Datenbanken
(file-basierte,
Non-SQL Datenbanken),
Nutzung von In-
Memory-Technologie
oder Appliances für
eine bestmögliche Verarbeitung.
Ohne die
deutlich verbesserten technologischen
Voraussetzungen
, beispielsweise in der
Speicherkapazität,
gäbe es kaum das The-
ma Big Data
. Aber auch die Analysever-
fahren, die Qualität der Analysemöglichkeiten
haben sich deutlich verbessert. Letztlich ste-
hen heute mehr Daten zur Verfügung, die
erschlossen und genutzt werden können. Wir
sind heute auf der Suche nach neuen Daten-
und Nutzenpotenzialen.
Biel:
Mit dieser Antwort und den aufgezeigten
Entwicklungslinien haben Sie kompakt begrün-
det, warum uns das Thema Big Data beschäf-
tigt. Das führt zu der Frage,
worin sehen Sie
angesichts dieser weitreichenden Verfügbarkeit
aber
den Engpass?
Vierkorn:
Weniger in der Technik oder Techno-
logie und auch nicht in der Analytik. Vielmehr
darin,
aus den vorhandenen Daten und
Möglichkeiten relevante Erkenntnisse ab-
zuleiten
und entsprechenden Nutzen zu gene-
rieren.
Biel:
Steht bei diesen Projekten die Frage im
Raum, den Informationsnutzen zu maximieren,
oder ist eher eine differenzierte Vorgehens-
weise geboten?
Vierkorn:
Im Vordergrund steht, was man
mit den hinzugewonnenen Erkenntnissen
machen kann
, wie man sie wirklich nutzen
kann. Beispielsweise macht es keinen Sinn,
Daten Realtime zur Verfügung zu stellen, wenn
etwa aus organisatorischen Gründen die sofor-
tige und unmittelbare Verarbeitung gar nicht
möglich ist.
Biel:
Stoßen wir bei der praktischen Bewälti-
gung dieser Aufgabe an Grenzen? Eine sowohl
von Wissenschaftlern als auch Praktikern häu-
fig und auch ganz aktuell geäußerte Erkenntnis
zum Informationsmanagement lautet: „Wird ein
Informationssystem von den Betroffenen nicht
vollständig verstanden oder ist die Bedienung
zu komplex, ist auch das leistungsstärkste In-
formationssystem zum Scheitern verurteilt“.
Können Sie diese empirisch gestützte Bemer-
kung verstehen? Wie ist mit diesem Phänomen
umzugehen?
Vierkorn:
Ja, hier haben wir ein Dauerthema.
Es sind Anforderungen an die Systeme zu defi-
nieren und umzusetzen insbesondere hinsicht-
lich Leistungsfähigkeit, Stabilität und Kapazität.
Zudem kommt es darauf an, dass die konzipier-
te Lösung passgenau ist. Eine wichtige Rolle
spielt auch die Anwenderfreundlichkeit der
Systeme. Natürlich muss entsprechendes
Know-how aufgebaut werden. Die
Einführung
muss durch Projektmanagement
, als auch
Changemanagement
angemessen
unter-
stützt
und gefördert
werden
. Nicht zuletzt
kommt es auch auf die richtige Einbettung in
die Führungsorganisation an. Der Prozess Big
Data muss intensiv begleitet werden.
Biel:
Können Sie verstehen, dass Big Data nicht
nur zustimmend und euphorisch diskutiert,
sondern auch kritisch hinterfragt wird? Bei-
spielsweise werden erhebliche rechtliche Prob-
leme im Bereich des Urheber- und Daten-
schutzrechts geltend gemacht.
Viele fürchten
den gläsernen Menschen und die totale
Transparenz.
Wie relevant und wie berechtigt
sind aus Ihrer Sicht diese vielfältigen warnen-
den Hinweise?
Vierkorn:
Ich kann durchaus gewisse Ängste
und Bedenken verstehen. Diese müssen wir
genauso kritisch hinterfragen wie auch unser
eigenes Tun. Gesetze müssen selbstverständ-
lich eingehalten werden. Gerade in Deutsch-
land haben wir hier teilweise sehr strikte Vorga-
ben – auch von den Unternehmen selbst aufer-
legte Regeln. Aber dennoch kann noch sehr viel
getan werden – auch mit beachtlichem Nutzen
für die Unternehmen. Im Fokus steht die Erfas-
sung und Auswertung von Daten und nicht de-
ren Kontrolle. Viele Menschen befürchten einen
Kontrollverlust, das schürt Ängste. Insofern
kommt es auf geeignete und verlässliche Rah-
menbedingungen an.
Wir sind
sicher
aufgeru-
fen
, aufmerksam und vor allem auch
sensibel
mit diesen Themen umzugehen.
Autoren
Steffen Vierkorn
ist Geschäftsführer der Qunis GmbH. Er ist spezialist für die
Entwicklung von BI-Strategien und den Aufbau von BI-Organi-
sationen. Desweiteren ist er Autor zahlreicher BI-Publikatio-
nen, Sprecher auf diversen BI- und DW-Veranstaltungen und
als Dozent am MCI Innsbruck und für die CA Akademie tätig.
E-Mail:
Fachjournalist (DFJS) Dipl.-Betriebsw. Alfred Biel
Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit
reichhaltigen Erfahrungen aus verantwortlichen Konzern-Tätig-
keiten und Aufgaben in mittelständischen Unternehmen. Be-
triebswirtschaftliches und journalistisches Studium. Verleihung
der Ehrenmitgliedschaft des Deutschen Fachjournalisten Ver-
bands (DFJV) und des Internationalen Controller Vereins (ICV).
E-Mail:
Interview zum Thema: Big Data – Bedeutung und Auswirkungen
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