CONTROLLER Magazin 6/2015 - page 51

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Die Autoren haben über mehrere Jahre hinweg
den Aufbau eines Reporting Shared Service
Centers bei einem DAX Konzern begleitet –
Self Service Reporting war von Beginn an ein
wichtiger Bestandteil des angebotenen Leis-
tungsportfolios. Neben dem konzeptionellen
Rahmen, der im bisherigen Teil des Artikels
gegeben wurde, werden im Folgenden aus der
Praxis geleitete Empfehlungen abgegeben –
kritische Erfolgsfaktoren für einen zielgerich-
teten Einsatz von Self Service Tools, die dazu
beitragen sollen, das Dilemma steigender An-
forderungen an das Reporting bei stagnieren-
den oder sogar abnehmenden Budgets wei-
testgehend zu lösen.
Voraussetzungen für erfolgreiches
Self-Service Reporting
Nur unter gewissen Bedingungen leistet Self-
Service Reporting einen wichtigen Beitrag zu
Qualität und Effizienz der Unternehmenssteue-
rung. In der Vergangenheit war eine strukturier-
te Aufbereitung von Unternehmensdaten der IT
vorbehalten. Fachanwender mussten Anfragen
zu Datenauswertungen an die IT adressieren,
welche diese dann nach einiger Zeit und gemäß
ihres Verständnisses der Anforderungen zur
Verfügung stellte. Aus einem Report konnten
wiederum neue Fragen und die Notwendigkeit
tiefergehender Analysen resultieren, sodass
weitere Datenanalysen angefragt werden
mussten. Diese zeit- und kostenintensive Ar-
beitsweise hat sich gerade in Zeiten sinkender
IT Budgets und steigender Anforderungen an
die Geschwindigkeit der Informationsgewin-
nung für Fach- und IT-Seite vieler Unternehmen
als nicht ideal erwiesen.
Mit diesen Herausforderungen konfrontiert
und vor dem Hintergrund steigender IT-Affi-
nität der Mitarbeiter in den Fachbereichen,
begannen viele Unternehmen Self-Service
Reporting Tools einzusetzen. Diese Tools befä-
higen die Fachseite zur selbstständigen Erstel-
lung von eigenen Datenauswertungen und
Reports durch Einsatz darauf spezialisierter
Werkzeuge ohne die laufende Unterstützung
durch die IT bzw. das SSC. Von der
Einfüh-
rung dieser Tools
versprachen sich Unter-
nehmen meist einen oder mehrere der
folgen-
den Vorteile
:
·
Höhere Geschwindigkeit der Informations-
gewinnung
·
Gesteigerte Relevanz der Reports durch
direkte und eigenständige Umsetzung und
inhaltliche Priorisierung des Fachbereichs
·
Höhere Wahrscheinlichkeit der Entdeckung
neuer Zusammenhänge durch flexiblere
Analysen
·
Reduzierte Kosten durch geringere Belas-
tung der IT bzw. des SSC
Großteils konnten diese Vorteile durch die Ein-
führung von Self-Service Reporting Tools reali-
siert werden – mittlerweile kristallisieren sich
jedoch auch einige Herausforderungen heraus,
welche insbesondere bei großflächiger Nutzung
von SSR Tools unterschätzt worden sind. Ge-
lingt es, den Nutzen von SSR zu maximieren,
kann die
Qualität der Unternehmenssteue-
rung erheblich gesteigert
werden. Unser
Praxiscase zur erfolgreichen Etablierung von
SSR in einem DAX Unternehmen hat einige Er-
kenntnisse hervorgebracht, welche diese Nut-
zenmaximierung unterstützen – in den nachfol-
genden Kapiteln wird auf diese Punkte genauer
eingegangen:
·
Self-Service Reporting als Teil eines integrier-
ten Portfolios an Reporting-Tools gestalten
·
Eingesetzte SSR Tools an Zielgruppe(n)
ausrichten – wenn notwendig ein Portfolio
unterschiedlicher Tools einsetzen
·
Komplexität im Informationsmodell
reduzieren bzw. je nach Zielgruppe nur
eingeschränkte Granularität für SSR zur
Verfügung stellen
·
Intensive zielgruppengerechte Kommu-
nikation in Richtung der SSR Anwender
durchführen
Self-Service Reporting als Teil
eines integrierten Portfolios an
Reporting-Tools gestalten
Auf den ersten Blick scheint es vorteilhaft, den
Einsatz von Self-Service Tools für möglichst vie-
le Mitarbeiter in einer Organisation zu ermögli-
chen – je mehr Mitarbeiter Zugang zu wichti-
gen, entscheidungsunterstützenden Informatio-
nen haben, desto besser kann die Qualität der
getroffenen Entscheidungen werden. Können
sich mehr Kräfte im Unternehmen mit den Da-
ten beschäftigen, steigt auch die Wahrschein-
lichkeit, neue Erkenntnisse aus den Daten zu
gewinnen. Allerdings bringt ein flächendecken-
der Roll-Out eines SSR Tools nicht nur Vorteile:
·
Lizenzkosten und initialer Trainingsaufwand
steigen mit der Anzahl der User
·
Die hohe Anzahl an Zugriffen beeinträchtigt
die Performance
·
Insbesondere durch gelegentliche Nutzer
erhöht sich der Umfang der Rückfragen an
Support und IT
Eine detaillierte Stakeholder-Analyse vor der
Entscheidung, SSR Tools im Unternehmen
einzuführen, ist zwingend notwendig, um nicht
am Bedarf vorbei zu agieren. Besteht über-
haupt ein Informationsbedarf, der über das
Standard-Reporting oder andere Reporting
Dienstleistungen hinaus geht? Falls ja, sollte
SSR so gestaltet werden, so dass es diesen
Informationsbedarf optimal deckt. Diese Über-
legungen helfen möglichen Redundanzen im
Dienstleistungsportfolio des Reportings vorzu-
beugen, um sicherzustellen, dass SSR einen
Mehrwert bietet und nicht hauptsächlich zur
Replikation von Inhalten aus dem Standard-
reporting genutzt wird. Dies soll jedoch nicht
bedeuten, dass Standard-Reporting und SSR
zwangsläufig unterschiedliche Inhalte betrach-
ten. Bei sich überschneidenden Informationen
muss die Integrität der Daten stets gewähr-
leistet sein. Entsprechende Prozesse müssen
sicherstellen, dass der Single Point of Truth
jederzeit erhalten bleibt.
Eingesetzte SSR Tools am
Empfänger ausrichten
Die Stakeholder-Analyse ist zudem hilfreich,
um bei der konkreten Entscheidung für die Art
des oder der SSR Tools anforderungsgerecht
zu handeln. Nutzergruppen haben unterschied-
liche Informationsbedarfe, und um diesen ge-
recht zu werden, kann sich eine Strategie unter
Einsatz mehrerer Tools als sinnvoll erweisen.
Oft besteht nämlich ein Zielkonflikt zwischen
Nutzerfreundlichkeit und analytischer Mächtig-
keit von Tools. Im beschriebenen Referenz
Case im SSC eines DAX Konzerns wurde ein
„drei Säulen Modell“ gewählt, um die Anforde-
rungen der Nutzer sowohl von der Tool- aus
auch Informationsmodell-Perspektive optimal
zu bedienen.
CM November / Dezember 2015
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