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            40 Jahre ICV – Mit „40-Jährigen“ im Gespräch
          
        
        
          Teil 6: Dr. Dr. h.c. Albrecht Deyhle: „Das wollten wir als Gründer so haben!“
        
        
          Siegfried Gänßlen fragte im CM-Editorial, ob die Gründer 1975
        
        
          ahnten, dass „40 Jahre später der ICV das Controlling im deut-
        
        
          schen Sprachraum geprägt und Standards gesetzt haben wird?
        
        
          Ahnten … Sie …, dass der Verein 2015 über 6.500 Mitglieder in
        
        
          37 Ländern und über 70 regionale sowie Fach- und Branchenar-
        
        
          beitskreise in 15 europäischen Ländern haben würde?“ – Haben
        
        
          Sie es geahnt?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Im ersten Teil der Frage kommt ein klares Ja. Das ahnten wir
        
        
          nicht, sondern das wollten wir als Gründer und als die ersten Mitglieder
        
        
          eindeutig so haben. Strategischer Sinn des Controller Verein e. V. (wie er
        
        
          damals hieß) besteht darin, Grundsätze ordnungsmäßigen Controllings
        
        
          mit dem Stoffangebot der Controller Akademie anzuwenden, zu festigen
        
        
          und weiter zu entwickeln durch gegenseitiges Unterstützen im Erfah-
        
        
          rungsaustausch. Man sollte im Alltag sagen können, „so gehört sich
        
        
          das für einen Controller – aber auch so gehört sich das nicht!“ Als Sicht-
        
        
          barkeit der Zugehörigkeit zur „Zunft“ der Controller war das Mäppchen
        
        
          der Statements gedacht sowie das Controller Magazin, das jeder Cont-
        
        
          roller im deutschsprachigen Raum an seinem Platz sichtbar haben
        
        
          sollte. Auch damit „vorbeilaufende“ Manager kapieren können, da sitzt
        
        
          eine(r), kommt eine(r) und macht so eine(r) mit, die/der zur „Sippe“ der
        
        
          Controller gehört. Die große Internationalität hat mich indessen über-
        
        
          rascht, obwohl ich selber mit „Samenbaum-Seminaren“ in den Anfän-
        
        
          gen besonders in den östlichen Ländern dazu beigetragen habe.
        
        
          „Samenbaum-Seminare“?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Sie können auch „Initiativ-Seminare“ sagen: Das Schema war:
        
        
          Jemand kam aus einem östlichen Land wie Polen (Dr. Stefan Olech),
        
        
          Russland (Dr. Elena Tichonenkova), Bulgarien (Dr. Angel Mirtchev) oder
        
        
          Slowenien (Dr. Krizaj). Immer war jeweils der Anlass, dass sie mein
        
        
          Buch „Controller Praxis“ in ihrem Land gelesen hatten. Diese Personen
        
        
          sprachen deutsch (Dr. Olech war z. B. Reiseführer für polnische Studen-
        
        
          ten ins DDR-Bruderland); lernten den Controlling-Stoff hier in Deutsch-
        
        
          land in meinen Seminaren und boten sich an als  Sukzessiv-Übersetzer,
        
        
          wenn ich als Vortragender in ihr Land komme. Das lief sehr gut – und
        
        
          wer mich sukzessiv übersetzte, lernte selber den Stoff am allerbesten.
        
        
          Dr. Olech in Gdansk oder Dr. Tichonenkova in St. Petersburg schrieben
        
        
          polnisch bzw. russisch in meine Flipcharts rein. Das sah toll aus und
        
        
          sprach sich rum. Das heißt, die so initiativ gelegte Saat ist aufgegangen.
        
        
          Wenn Sie noch einmal zurückdenken an 1975:
        
        
          Welche langfristigen Vorstellungen hatten Sie damals?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Dass das Wort „Controller“ zum etablierten Wort der deut-
        
        
          schen Sprache wird und man vergisst, dass es eigentlich englischspra-
        
        
          chigen Ursprungs ist.
        
        
          Wenn Sie sich den ICV heute anschauen: Wie zufrieden sind Sie?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Mit größtem Respekt bin ich sehr zufrieden damit, dass es
        
        
          trotz der Größe und flächenmäßigen Ausdehnung des ICV nach wie vor
        
        
          gelingt, dass diese Organisation ehrenamtlich geführt werden kann im
        
        
          Vorstand und in den Arbeitskreis- und Regionsleitungen.
        
        
          Was waren und was sind die wesentlichen Faktoren
        
        
          für den Erfolg?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Die Gegenseitigkeit in der Mitwirkung. Das gilt in jedem
        
        
          Arbeitskreis und das gilt für den Verein als Ganzes.
        
        
          Welche Aufgaben sehen Sie für den ICV aktuell?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Umgangsformen mit den heutigen Kommunikationsmedien
        
        
          besser vorzuleben und nicht darin unterzugehen. Damit meine ich z. B.
        
        
          die Unart, sich mit dem kleinen Smartphone von den anderen abzu-
        
        
          wenden. Oder im Seminar „unter dem Tisch“ inzwischen auch die eige-
        
        
          nen Geschäftsmails zu machen.
        
        
          Wenn Sie heute noch einmal 40 Jahre Controller Verein
        
        
          „voraus ahnen“ sollten: Was sehen Sie dann?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Gestützt auf die schon erlebten Beispiele hoffe und sehe ich,
        
        
          dass die „circulation des élites“ (Pareto) weiterhin funktioniert und dass
        
        
          der ICV kein Club der alten Damen und Herren wird, die hauptsächlich
        
        
          reden in der Art „wisst Ihr noch, wie wir damals ...“
        
        
          Haben sich Vorstellungen zum Verein auch
        
        
          (noch) nicht verwirklicht?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Ich bekam mal einen Brief als damals ICV-Geschäftsführer mit
        
        
          der Frage, wie hoch das Tarifgehalt eines Controllers in der X-Branche
        
        
          in Franken liege. Man hielt uns für eine Gewerkschaft – das hätten wir
        
        
          vielleicht auch werden sollen. Übrigens könnten wir als ICV – schade,
        
        
          dass wir es nicht gemacht haben! – auch eine politische Partei sein.
        
        
          Den organisatorischen Unterbau hätten wir ja. Eine Philosophie auch.
        
        
          „Politik-Controlling“ als Thema oder tatsächlich
        
        
          eine politische Partei?
        
        
          Deyhle:
        
        
          Controlling in der Politik wäre ein normales Seminar- oder
        
        
          Beratungsthema. Ich hatte in meinen Seminaren oft Teilnehmer auch
        
        
          aus Bundesministerien – abgesehen von jenen aus Stadtverwaltungen.
        
        
          Mit Partei meine ich schon eine Einrichtung, die Sitze in Parlamenten
        
        
          erobert – z.B. als eine „Deutsche Stabilitätspartei DSP“.
        
        
          Q
        
        
          Lieber, hoch verehrter Herr Dr. Deyhle:
        
        
          Ihnen alles Gute und Danke für das Gespräch!
        
        
          ICV-Ehrenvorsitzender Dr. Dr. h.c. Albrecht Deyhle referiert auf dem
        
        
          40. Congress der Controller.
        
        
          
            Internationaler Controller Verein eV