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KANZLEIEN
_MEHR ALS 20 ARBEITSRECHTLER
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2017
Ihre Kanzlei berät die Arbeitgeber- und die
Arbeitnehmerseite. Ist diese breite Aufstel-
lung ein Nachteil für Unternehmen?
Dr. Oliver Fröhlich:
Nein, im Gegenteil. Mei-
ner Wahrnehmung nach schätzen viele un-
serer Mandanten ausdrücklich, dass wir die
Sichtweise, Interessenlage und Probleme der
jeweils anderen Seite aus eigener Erfahrung
und Anschauung sehr gut einschätzen kön-
nen. Es ist auch tatsächlich in der Verhand-
lungssituation ein echter Vorteil, über diese
Erfahrung zu verfügen. Viele Mandanten
wenden sich ganz bewusst an uns, da sie ver-
stehen, dass es um Rechtsanwendung und In-
teressenvertretung geht, normalerweise aber
gerade nicht um Klassenkampf. Diese Sicht
wird übrigens regelmäßig sowohl seitens
der Mandanten auf Arbeitgeberseite als auch
von denjenigen auf Betriebsratsseite geteilt.
Das Arbeitsrecht ist schließlich auch das für
die Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer beziehungsweise für die-
jenigen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat
geltende Recht und es gibt quasi nur ein Ar-
beitsrecht. Arbeitsrecht für Unternehmer oder
Arbeitsrecht für Arbeitnehmer gibt es eigent-
lich gar nicht, da doch für beide Seiten stets
dieselben rechtlichen Regeln gelten. Wichtig
ist für uns nicht die Konzentration auf eine
Seite, sondern vielmehr die erfolgte Konzen
tration und Spezialisierung auf ein Gebiet.
Würden wir uns nur auf ein Lager konzentrie-
ren, verzichteten wir übrigens auf erhebliche
Marktchancen im jeweils anderen Lager.
Ein Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit ist die Ge-
staltung oder die Aufhebung von Manager-
verträgen. Was sind hier wichtige Themen?
Fröhlich:
Zunächst geht es immer wieder
um dieselben Grundfragen: Im Kern stehen
der Beendigungstermin, die Abfindungshöhe
und die Frage, ab wann der Manager wieder
frei für eine neue Tätigkeit ist – womöglich
im Wettbewerb. Dabei geht es beiden Seiten
oft um eine möglichst zügige und „geräusch-
lose“ sowie beidseits „gesichtswahrende“
Abwicklung. Die Fälle maximaler Eskalation,
zu der man erforderlichenfalls durchaus bereit
sein muss, sind bei den insgesamt abgewi-
ckelten und begleiteten Aufhebungen eher
selten. Bevor die Aufhebung verhandelt und
gestaltet werden kann, bedarf es jeweils der
sorgfältigen Bestandsaufnahme der vertragli-
chen und materiellen Ausgangsbasis und der
Interessenlage.
Das Arbeitsrecht war zuletzt oft von neuen
Entwicklungen geprägt – getrieben auch
durch neue Gesetzgebungsvorhaben. Was
waren im vergangenen Jahr wichtige ar-
beitsrechtlichen Fragen in Ihrer Beratung?
Was kommt 2017 auf Unternehmen zu?
Fröhlich:
Während 2015 zunächst hoher Be-
ratungsbedarf in Zusammenhang mit dem
damals neuen Mindestlohngesetz bestand,
gab es 2016 kein besonderes Thema, welches
einen spürbaren jahresaktuellen Beratungs-
schwerpunkt gesetzt hätte. Derzeit bildet
sich vor dem Hintergrund der Reform des Ar-
beitnehmerüberlassungsgesetzes ein großes
Thema in der Beratung heraus, nämlich wie
unter Berücksichtigung dieser Gesetzesreform
der praxisrelevante flexible und drittbezogene
Fremdpersonaleinsatz rechtssicher gestaltet
werden kann. Viele Mandanten fragen uns
auch schlicht, was sie nun an ihren bisheri-
Interview
mit Dr. Oliver Fröhlich, Partner, Köln
Dr. Oliver Fröhlich
gen Modellen, die dazu genau erfasst wer-
den müssen, womöglich ändern müssen. Mit
Spannung sehen wir zudem der Gesetzesent-
wicklung in der Schlussphase der derzeitigen
Legislaturperiode entgegen. Insbesondere der
beabsichtigte Anspruch auf befristete Teilzeit
und das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit
zwischen Männern und Frauen mit dem
Entgelttransparenzgesetz könnten einen er-
heblichen zusätzlichen Beratungsbedarf ver-
ursachen. Spannend sind übrigens auch die
weiteren Entwicklungen zu dem derzeit un-
ausgegorenen Thema der Gehaltsobergrenze
für Manager. Hier bleibt abzuwarten, ob es
sich um einen „Wahlkampfschlager“ handelt,
oder der Gesetzgeber hier wirklich ernst ma-
chen wird.