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05/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Rufbereitschaft: Gerade im Krankenhaus ist medizinisches Personal häufig auf dem Sprung.
V
ereinbarungen wie „Der Ar-
beitnehmer verpflichtet sich,
an Bereitschaftsdiensten teil-
zunehmen“ waren und sind
ein tätigkeitsimmanenter Vertragsbe-
standteil – zumindest bei klassischen
„Notfallberufen“ in Krankenhäusern und
Rettungszentralen oder um Mitarbeiter,
die kurzfristig ausfallen, zu ersetzen
(sogenannter Hintergrunddienst). Auch
in vielen anderen Branchen – gerade im
Bereich der technischen Notfallvorsor-
ge – müssen Unternehmen auf Bereit-
schaftsdienste zurückgreifen.
Die Möglichkeiten der rechtlichen Ge-
staltung dieser Vertragsverhältnisse hat-
te der Europäische Gerichtshof (EuGH)
bereits im Jahr 2003 (Az. C-151/02) er-
heblich eingeschränkt. Seitdem gilt: Bei
einem Bereitschaftsdienst, der an einem
vom Arbeitgeber bestimmten Ort geleis
tet wird, handelt es sich um Arbeitszeit
– auch wenn sich der Arbeitnehmer in
der Zeit, in der er nicht in Anspruch ge-
nommen wird, ausruhen darf.
Trend zur Variante „Rufbereitschaft“
Gelten die damaligen Vorgaben des
EuGH aber für alle Varianten von Bereit-
schaftsdiensten? Mit dieser Frage hatte
sich die Fachwelt in der Folgezeit inten-
siv beschäftigt. Im Ergebnis sei die „rei-
ne Rufbereitschaft“, so unter anderem
die Meinung des Bundesarbeitsgerichts
(BAG), anders als klassische Bereit-
schaftszeiten zu bewerten (siehe Kas-
ten zu den Varianten des Bereitschafts-
dienstes). Was folgte war abzusehen: Bei
Von
Thomas Muschiol
vielen Unternehmen stand die Frage an,
ob ein Bereitschaftsdienst nicht in Form
einer Rufbereitschaft durchgeführt oder
in eine solche umgestaltet werden kann.
Vor allem außerhalb der klassischen
„Bereitschaftsberufe“ – beispielsweise
der EDV-Fernwartung – ist die Variante
„Rufbereitschaft“ sinnvoll, wenn ortsun-
abhängige Einsätze notwendig werden.
Wann aber kann man von einer „rei-
nen“ und wann von einer „verkappten“
Rufbereitschaft – die tatsächlich also
„normale“ Bereitschaft oder sogar Ar-
beitsbereitschaft ist – sprechen? Wann
gehört die sogenannte Wartezeit auf ei-
nen Einsatz noch zu einer (arbeitszeit-
freien) Variante und wann ist von einer
Situation auszugehen, bei der auch das
Warten schon den Vorschriften des Ar-
beitszeitgesetzes unterliegt?
Klargestellt hat die Rechtsprechung
des BAG zunächst, dass eine Rufbereit-
schaft nur dann in Betracht kommt,
wenn der Arbeitnehmer seinen Aufent-
Neues Risiko bei Rufbereitschaft
URTEIL.
Der EuGH hat die Grenzen für eine Vereinbarung von Rufbereitschaft neu
justiert. Ein Grund mehr, die Rechtslage zum Bereitschaftsdienst genau zu betrachten.
RECHT
_ARBEITSZEIT