Personalmagazin 6/2017 - page 39

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
06/17 personalmagazin
können hier Social-Collaboration-/Enter-
prise-2.0-Plattformen, weil sie einen
kontinuierlichen und offenen Austausch
unterstützen und fördern. Sie bieten
dem Management ein Ohr ins Unterneh-
men und ermöglichen den Mitarbeitern,
Ideen zu äußern und einzubringen. Vor
allem jüngere Mitarbeiter sind gewohnt,
ständig nach ihren Meinungen und Prä-
ferenzen gefragt zu werden und sich da-
zu offen äußern zu können. Dabei liegt
es in der gestalterischen Freiheit der Un-
ternehmensleitung, ob sie über solche
Plattformen nur reinen Informationsaus-
tausch fördert oder die Mitarbeiter auch
an Entscheidungen mitwirken lässt.
Noch einen Schritt weiter gehen Ansät-
ze einer Unternehmensdemokratie, bei
denen alle Mitarbeiter eines ganzen Un-
ternehmens oder eines Unternehmensbe-
reichs per Abstimmung – physisch oder
über Social-Collaboration-Plattformen
– unternehmerische Entscheidungen
treffen (wie Führungskräfteauswahl,
Einstellungen, Beförderungen, Inves­
titionen). Ein bekanntes Beispiel sind
die Führungskräftewahlen bei Haufe-
Umantis, bei denen alle Mitarbeiter un-
ter anderem den CEO wählen. Mit der
Deutschen Telekom hat vor Kurzem aber
auch der erste Dax-Konzern das Expe-
riment gewagt, Führungskräfte wählen
zu lassen. Unter dem Motto „wahlen@
com“ haben die rund 140 Beschäftigten
der Unternehmenskommunikation vier
„Mitarbeitervertreter“ in den Führungs-
kreis gewählt.
Schließlich gibt es Unternehmens-
führungsansätze, die konsequent auf
Selbstorganisation, transparente Ent-
scheidungsfindung und partizipative
Gestaltungsprozesse ausgerichtet sind.
Hierzu zählen die Ansätze der Sozio-
kratie und Holokratie (oder Holakratie,
auf Englisch „Holacracy“). Ein Unter-
nehmen, das nach dem Prinzip der So-
ziokratie geführt wird, ist Dark Horse
Innovation in Berlin. Dort werden Ent-
scheidungen gemeinsam getroffen. Aber
es wird dabei getreu dem sogenannten
„Konsentprinzip“ nicht gefragt, ob jeder
einer Entscheidung zustimmt, sondern
ob jemand dagegen ist, das heißt einen
schwerwiegenden Einwand hat, was
eine deutlich höhere psychische Hürde
erzeugt, Entscheidungen zu verhindern.
Der beispielsweise vom amerika-
nischen Online-Schuhhändler Zappos
angewendete Ansatz der Holokratie ist,
trotz klarer Unterschiede im Detail, von
der Grundidee her ähnlich. Auch hier ist
die Führung auf verschiedene Elemente
(Kreise und Rollen) des Unternehmens
verteilt, die die Verantwortung für be-
stimmte Teilaufgaben tragen. Anstelle
einer zentralen Planung findet Führung
dezentral und dynamisch statt: In einzel-
nen Kreisen erfolgen über regelmäßige
partizipative Meetings immer wieder
kleine Kurskorrekturen.
Gemeinsame Zielsetzung
Wie der Partizipationszirkel zeigt, gibt
es viele verschiedene Ansätze, um Mit-
arbeiter an Entscheidungs- und Gestal-
tungsprozessen partizipieren zu lassen.
Auch können und sollten die Ansätze an
die Unternehmenssituation angepasst
werden.
Die meisten vorgestellten Ansätze zie-
len nicht nur auf mehr Partizipation,
sondern wirken auch positiv auf ande-
re Vopa-plus-Elemente. So dienen bei-
spielsweise Enterprise-2.0-Plattformen
auch der Vernetzung und unterstützen
eine größere Offenheit, und agile Ma-
nagementansätze haben ihren Fokus,
wie der Name schon sagt, auf dem As-
pekt „Agilität“.
Gemeinsames Ziel der vorgestellten
Partizipationsansätze ist es,
• das Wissen und die Ideen der einbezo-
genen Mitarbeiter nutzbar zu machen,
• die Mitarbeiter mit in die Verantwor-
tung zu nehmen und dadurch deren
unternehmerisches Denken zu fördern
sowie
• durch Wertschätzung und Empower-
ment Motivation und Energie in der Be-
legschaft zu erzeugen.
PROF. DR. THORSTEN PETRY
lehrt Strategie, Organisation
und Personalmanagement an
der Hochschule Rhein-Main.
JOANA CATHARINA KÖSTER
arbeitet im Strategiebereich
bei der BMW AG.
DAS VOPA-PLUS-MODELL
QUELLE: PETRY 2014, BASIEREND AUF BUHSE 2014
Vernetzung
Offenheit
Agilität
Partizipation
Vertrauen
Das Vopa-plus-Modell fasst die Anforderungen an gute Führung in Zeiten der Digitali-
sierung in fünf zentralen Elementen zusammen.
Das Modell basiert auf einer Analyse von digitalen Geschäftsmodellinnovationen aus
dem Buch „Management by Internet“ des Beraters und Speakers Willms Buhse (Plassen
2014). Buhse zufolge sind die vier Elemente Vernetzung, Offenheit, Partizipation und
Agilität zentral für den Erfolg von Unternehmens- und Führungskultur im digitalen
Zeitalter. Damit Unternehmen agil sind, so das Modell, müssen Führungskräfte Vernet-
zung schaffen, offen sein und ihre Mitarbeiter „mal machen“ beziehungsweise an der
Führung partizipieren lassen. Dies erfordert als Basis ein entsprechendes Vertrauen in
die Kompetenzen und die Motivation der eigenen Mitarbeiter. (Mehr dazu lesen Sie im
Buch „Digital Leadership“, das 2016 bei Haufe erschienen ist).
Partizipation im Digital Leadership
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