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ORGANISATION
_AGILITÄT
personalmagazin 06/17
Weiterhin lassen sich in der Interview-
studie strukturelle Rahmenbedingungen,
wie starke und starre Reporting-Struk-
turen und damit verknüpfte klassische
hierarchische Strukturen, als hemmende
Faktoren identifizieren. Ergänzend hier-
zu werden organisatorische Routinen
und Gremien sowie gesetzliche Regulie-
rungen (insbesondere branchen- oder
produktbezogene) als Hindernis für
die Entwicklung hin zu einer agilen
Organisation benannt. Weiterhin wird
angemerkt, dass bestimmte klassische
Führungs- und Personalinstrumente wie
Zielvereinbarungen und Vergütungssys
teme neu gedacht werden müssen, da sie
Agilität ansonsten zumindest behindern.
Schließlich stellen nach Einschätzung
der Interviewten bestimmte Verhaltens-
weisen von Organisationsmitgliedern,
seien es Führungskräfte oder Teammit-
glieder oder Mitarbeitende ohne Füh-
rungsverantwortung, ein wesentliches
Hemmnis für agiles Arbeiten dar. So
entstehe beispielsweise durch fehlende
Unterstützung, mangelndes Vertrauen
und geringe Transparenz – sei es zwi-
schen Führungskräften und Geführten,
aber auch zwischen Teammitgliedern –
eine Art Angstkultur, die agiles Denken
und Handeln erschwere oder unmöglich
mache. Deutlich wurde in unserer explo-
rativen Studie, dass entsprechende Ver-
haltensweisen häufig verbunden sind
mit bestehenden Strukturen, die solches
Verhalten fördern oder zumindest nicht
sanktionieren. Daher empfiehlt sich ein
ganzheitlicher Ansatz, bei dem struktu-
relle und auch räumliche Rahmenbedin-
gungen berücksichtigt werden.
Was Agilität fördert
Eine Abwesenheit der oben skizzierten
Hemmnisse stellt sich in unserer Inter-
viewstudie zwar als gute Ausgangslage,
jedoch nicht als ausreichend dar, um
agiles Arbeiten gewissermaßen auto-
matisch zu fördern. Vielmehr lassen
sich aus den Interviews drei Elemente
herausarbeiten, die für Agilität in Un-
ternehmen explizit förderlich scheinen:
(1) Nähe, (2) Transparenz und (3) Offen-
heit. Werden diese drei Elemente im De-
tail betrachtet, so wird erneut deutlich,
wie stark sie ineinandergreifen.
Das Element Nähe umfasst einen
freundlichen, offenen, respektvollen und
wertschätzenden Umgang der Organisa-
tionsmitglieder miteinander, sowohl zwi-
schen Führungskräften und Geführten
als auch zwischen den Beschäftigten.
Ziel sollte es nach Ansicht der Interview-
personen unbedingt sein, zur Förderung
der Agilität imUnternehmen eine Kultur
der Kommunikation auf Augenhöhe zu
etablieren. Förderlich können demnach
an dieser Stelle flache Hierarchien wir-
ken. Unter Nähe wird weiterhin auch die
bereits oben angesprochene räumliche
Gestaltung genannt. Hier seien offene
Flächen, die eine reibungslose Zusam-
menarbeit und eine direkte Kommuni-
kation der Teammitglieder unterstützen
und ermöglichen, von besonderer Be-
deutung. „Direkte Kommunikation, das
geht natürlich in so einem Umfeld, wo
man keine Wände hat und fast auch kei-
ne Türen, wesentlich einfacher.“
Hinsichtlich Transparenz als förder-
liches Element benennen die Interview-
ten vor allem transparente Strukturen
und Prozesse. „Ein hohes Maß an Trans-
parenz und Mitbestimmung – nicht
Überhöhung von Hierarchie“ müssten
im Mittelpunkt stehen. Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten müssten klar
und offen im Unternehmen kommuni-
ziert werden. Zudem müsse die häufig
auftretende Problematik von (fehlenden)
„Schnittstellen“ angesprochen und ver-
bessert werden: „Also dieses Silodenken
abschaffen und dafür zu sorgen, dass
Menschen miteinander das Richtige tun,
anstatt irgendwie nur für sich“, wie die
Interviewpartnerin formuliert. Eine kla-
re Vision, wohin sich das Unternehmen
entwickeln möchte – entsprechend ins
Unternehmen kommuniziert – trägt nach
Ansicht der Interviewten ebenfalls we-
sentlich zur Förderung von Agilität bei.
Relevante Informationen müssten den Be-
troffenen zur Verfügung gestellt werden,
dies könne Unsicherheiten reduzieren
und beuge Widerständen gegen Agilität
vor. Gleichzeitig müsse hier jedoch auch
fallweise konkret abgewogen werden, da
ein Zuviel an Information wiederum Un-
sicherheit hervorrufen könne.
Offenheit sehen die Interviewten bei
allen Organisationsmitgliedern, insbe-
sondere aber bei Führungskräften ge-
fordert, um Agilität im Unternehmen
zu ermöglichen und voranzutreiben.
So müssten Führungskräfte bereit sein,
Verantwortung abzugeben. Die Zusam-
Offenheit
Nähe
Transparenz
Es gibt verschiedene Faktoren, die Agilität hemmen oder fördern. Diese greifen wie
Zahnräder ineinander. Wer Agilität fördern will, muss bei allen Elementen ansetzen.
Hinderliche Rahmenbedingungen:
QUELLE: EIGENE DARSTELLUNG
HINDERNISSE UND ERFOLGSFAKTOREN FÜR AGILITÄT
Raum
Strukturen
Verhalten
Förderliche Rahmenbedingungen: