Personalmagazin 6/2017 - page 38

personalmagazin 06/17
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MANAGEMENT
_DIGITALISIERUNG
reichischen und Schweizer Unterneh-
men, die Haufe-Lexware in einer Studie
befragt hat, wünschen sich mehr Mit-
sprache und Einbezug bei Unternehmen-
sentscheidungen. Gut drei Viertel (77
Prozent) sagen, sie wären motivierter
und leistungsbereiter, wenn sie mehr in
Unternehmensentscheidungen einbezo-
gen würden. 73 Prozent glauben auch,
dass das eigene Unternehmen erfolg-
reicher wäre, wenn die Mitarbeiter sich
stärker einbringen könnten.
Eine Führung im Sinne des Vopa-plus-
Modells bedeutet letztlich ein „Empower-
ment“ der Mitarbeiter, was sich nach
diversen Studien positiv auf den Unter-
nehmenserfolg auswirkt. Eine Metaana-
lyse von 142 Einzelstudien etwa zeigt die
positiven Auswirkungen von Empower-
ment auf Leistung, Arbeitszufriedenheit
und Engagement.
Wie Mitarbeiter mehr partizipieren
Vor diesem Hintergrund stellt sich die
Frage, wie Partizipation in Unternehmen
stattfinden und wie Unternehmen ih-
ren Partizipationsgrad erhöhen können.
Hierfür gibt es eine Vielzahl von Ansät-
zen, die hier natürlich nicht alle vorge-
stellt werden können, die sich aber sche-
matisch im Partizipationszirkel abbilden
lassen (siehe Grafik „Partizipationszir-
kel“). Dieser Systematisierungsansatz,
den wir an der Hochschule Rhein-Main
entwickelt haben, ordnet einzelne Par-
tizipationsansätze nach der Partizipati-
onsebene sowie der Partizipationsart.
Die Partizipationsebene gibt an, ob
die Beteiligung und Mitwirkung an Ent-
scheidungs- und Gestaltungsprozessen
auf der Ebene einzelner Mitarbeiter,
einer Mehrzahl von Mitarbeitern oder
aller Mitarbeiter stattfindet. Die Partizi-
pationsart drückt aus, ob nur Meinungen
zu Entscheidungs- und Gestaltungfra-
gen eingeholt werden, ob eine Mitwir-
kung bei Entscheidung und Gestaltung
stattfindet oder ob Entscheidungs- und
Gestaltungsprozesse vollständig an die
Mitarbeiter übertragen werden und in
deren Verantwortung liegen.
Zu den Ansätzen, die den einzelnen
Mitarbeiter betreffen, zählen die in
vielen Unternehmen vorzufindenden
Formen von Arbeitsort- und Arbeitszeit-
autonomie. Hier wird die Verantwortung
für die Gestaltung von Ort und Zeit der
Arbeitsleistung mehr oder weniger an
den einzelnen Mitarbeiter übertragen.
In Zeiten von Digitalisierung und Globa-
lisierung gewinnen diese Ansätze wei-
terhin an Relevanz. Einige Unternehmen
geben ihren Mitarbeitern aber auch – in-
nerhalb vorgegebener Strukturen – die
Verantwortung, über Aufgabeninhalte
und das eigene Gehalt zu entscheiden.
Zu den Ansätzen, die Mitarbeitergrup-
pen an Entscheidungs- und Gestaltungs-
prozessen partizipieren lassen, gehören
zum Beispiel partizipative Workshops,
autonome Innovationsteams, autono-
me Arbeitsgruppen und agile Manage-
mentansätze. Zu den partizipativen
Workshop-Ansätzen gehören alle Veran-
staltungsformate, die nicht darauf abzie-
len, Wissen und Informationen in einer
genau vorgeplanten Agenda von weni-
gen, ausgesuchten Experten und Vor-
gesetzten an die Zuhörer zu vermitteln,
sondern die versuchen, die kollektive
Intelligenz der Veranstaltungsteilneh-
mer zu nutzen, um Ideen, Konzepte oder
Prototypen zu entwickeln. Solche Work-
shops können sowohl physisch (wie
zum Beispiel bei den Formaten „Open
Space“, „World Café“, „Bar Camp“ oder
„Hackathon“) als auch virtuell über So-
cial-Media-Plattformen stattfinden (zum
Beispiel beim Format „Jam“). In solchen
Workshops können Mitarbeiter – genau-
so wie Kunden oder andere Externe – ih-
re Ideen und Meinungen einbringen und
an Gestaltungsprozessen mitwirken.
Zu den Partizipationsansätzen zählt
auch, die Verantwortung für die Planung
und Ausführung von Unternehmens-
teilaufgaben an eigenverantwortliche
Mitarbeitergruppen abzugeben. Wer-
den dauerhafte Aufgaben aus dem Ta-
gesgeschäft abgegeben, spricht man
von autonomen Arbeitsgruppen. Bei
der Abtretung der Verantwortung für
Innovationsaufgaben kann von auto-
nomen Innovationsteams (zum Beispiel
in einem Innovation Lab oder eigenstän-
digen Start-up-Einheiten) gesprochen
werden. In beiden Fällen tragen die be-
teiligten Mitarbeiterteams die volle Ver-
antwortung sowohl für die Planung als
auch die Ausführung der Aufgabe.
Auch die agilen Managementmetho-
den wie Scrum, Design Thinking und
Lean-Start-up – die etwa bei autonomen
Innovationsteams zum Einsatz kommen
können – basieren auf der Partizipation
von gleichgestellten Mitarbeitern an Ge-
staltungs- und Entscheidungsprozessen.
Bei all diesen Ansätzen sind zwar die
Rahmenbedingungen definiert, aber
die konkrete Ausgestaltung liegt in der
Verantwortung der Teammitglieder. Die
Zusammenarbeit findet selbstorgani-
siert, flexibel und auf Augenhöhe statt.
Ein ganz zentrales Element dieser agilen
Ansätze ist stetiges, regelmäßiges Feed-
back – nicht nur im Team, sondern auch
vomAuftraggeber, Kunden oder Nutzern.
Damit wirken auch diese Feedbackgeber
am Gestaltungsprozess mit.
Wie mehr Mitarbeiter partizipieren
Typische Ansätze, um die Meinung aller
Mitarbeiter abzufragen (Konsultation)
beziehungsweise alle Mitarbeiter an Ge-
staltungs- und Entscheidungsprozessen
mitwirken zu lassen, sind punktuelle Mit-
arbeiterbefragungen und der Einsatz von
Social-Collaboration-Plattformen für ei-
nen kontinuierlichen, offenen Austausch
im Unternehmen. Eine gut konzipierte
und umgesetzte Mitarbeiterbefragung
ist nicht nur reines Diagnoseinstrument
für Schwachstellen, sondern kann auch
die Gründe für Fehler aufdecken sowie
Lösungswege aufzeigen. Mit einem sol-
chen Ansatz werden potenziell alle Ideen
abgeholt und die Mitarbeiter fühlen sich
– wenn mit den Ergebnissen tatsächlich
weitergearbeitet wird – auch einbezogen.
In einer dynamischen Vuca-Umwelt
sind klassische, aufwendige, projekt­
artige Mitarbeiterbefragungen aller-
dings häufig zu wenig agil. Helfen
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