personalmagazin 11/2015 - page 19

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eine Karriere in HR dachte: „Mir war
klar, dass ich kein klassischer Jurist bin.
Dafür fehlte mir die Interaktion mit den
Menschen. Eine Freundin meinte zu
mir, ich sei eher ein HR-Typ.“ Ohne ge-
nau zu wissen, was sie erwarten würde,
bewarb sie sich auf eine Traineestelle im
HR-Bereich von Unilever. Nachdem sie
das Traineeship im Mannheimer Werk
absolviert hatte, übernahm sie schnell
die erste Managementfunktion. Sie war
als Leiterin von Anüg,dem Outplace-
ment-Dienstleister von Unilever, dafür
verantwortlich, die Mitarbeiter dabei zu
begleiten, sich neu am Markt zu orien-
tieren. Keine leichte Aufgabe für eine
junge Führungskraft – „dabei wurde ich
sehr schnell geerdet“, sagt die gebürtige
Brandenburgerin heute.
Dann übernahm sie die Leitung des
HR Service Desk, mit in Höchstzeiten 15
Mitarbeitern im Team. Allen war klar,
dass sie innerhalb von einem Jahr out-
gesourct werden. „Es war nicht einfach,
die Motivation hochzuhalten und ein so
großes Teamhat man als Personaler auch
nicht so oft“, erzählt sie offen. Wichtig
war ihr dabei, den Spaß bei der Arbeit
nicht zu verlieren und sich die Zeit fürei-
nander zu nehmen. „Wir haben in dieser
Zeit viel gelacht“, erzählt sie und dieses
Mal spiegelt sich Wärme in ihren Augen.
„Das Unternehmen hat viel investiert in
den Wissensaufbau im Team – das war
wichtig für die Wertschätzung.“
Systemischer Partner im Management
Diese Nähe im Team und das Arbeiten
auf Augenhöhe waren es, die sie dazu
brachten, die Position als Personalleite-
rin im Werk in Buxtehude zu anzutre-
ten. „Die Arbeit in einem Werk ist prag-
matisch geprägt. Es gibt keine große
Politik – dort ist man ein tatsächlicher
Business Partner.“
Der Personaler sei eine der wichtigsten
Personen am Tisch, sagt sie unumwun-
den und selbstbewusst. Die HR-Rolle de-
finiert sie als systemischer Partner: „Wir
haben eine Position, die uns erlaubt, den
Mitarbeitern genauso wie den Führungs-
kräften und auch der Geschäftsleitung
Feedback zu geben und sie zu coachen.
An dieser Rolle zweifle ich nicht.“ Die
Kraft und Entschlossenheit, die aus die-
sen Worten klingt, beeindruckt viele:
„Ein Berater in Buxtehude sagte öfter zu
mir, dass er es sehr überraschend finde,
welche Rolle ich übernehme. Für mich
war es einfach selbstverständlich, dass
ich immer neben dem Werksdirektor
am Tisch sitze.“ Und lachend ergänzt
sie: „Ich warte aber auch nicht, bis ich
eingeladen werde, sondern setze mich
da einfach mit an den Tisch.“
Das habe aber nichts mit Macht zu tun,
betont Büßer sogleich. „Ich sitze neben
dem Werksdirektor, um ihm zu helfen,
wirkungsvoller zu sein. Personaler hel-
fen, mehr zu sehen und Dinge aus dem
Weg zu räumen. Macht ist heute sowieso
kein Status mehr.“ Ein Polizist für die
Überwachung der Prozesse sei sie kei-
nesfalls. „Aber wir müssen als Persona-
ler schon immer wieder den Finger in die
Wunde legen und fragen, welche Aus-
wirkungen alles auf die Mitarbeiter hat.“
Diese Überzeugung hat sie vor allem aus
ihrer zweijährigen systemischen Ausbil-
dung bei Bernd Schmid mitgenommen.
Inzwischen hat die 40-Jährige das
Buxtehuder Werk verlassen, um in
den deutschen Hauptsitz von Unilever
in Hamburg zu gehen. Als Mutter von
einem Kind wollte sie im Jobshare eine
Führungsfunktion übernehmen. Das
gelang ihr – inklusive eines Karriere­
sprungs: Zusammen mit einer Kollegin
hat sie die Position als HR Direktor „Go
to Market“ Anfang 2015 angetreten.
Augenhöhe auch im großen Konzern
Auch in Hamburg lebt sie die selbstbe-
wusste Rolle als Personalerin auf Augen-
höhe. „Im Kern ist Augenhöhe für mich
die Art, wie wir uns begegnen. Man re-
spektiert, dass jeder seine Talente hat.
Man behandelt die Mitarbeiter als mün-
digen Bürger und gibt in einembestimm-
ten Rahmen Freiraum für Entscheidun-
gen. Man fragt nach Meinungen und
nimmt sie ernst.“ Und das könne man
in einem großen Konzern genauso leben
wie in einem kleineren Werk – wie zum
Beispiel mittels der „Change Communi-
ty“: Wenn Organisationsveränderungen
im Unternehmen anstehen, werden die
Mitarbeiter dazu persönlich angespro-
chen. Dieses Feedback trägt Büßer oder
auch die „Change Community“ selbst
ins Management Board – gefragt und
ungefragt. „Oft nehmen wir echte Zitate
mit, weil diese ganz anders wirken als
Daten aus Mitarbeiterbefragungen, die
wir auch durchführen“, erzählt sie und
ergänzt selbstbewusst wie sympathisch:
„Ich finde das absolut angemessen und
richtig für einen so großen Konzern,
dass man sich auch einmal den Spiegel
vorhalten lässt. Zuhören und Hingucken
auf die Probleme ist wichtig.“
Alexandra Büßer ist als Trainee in den HR-Bereich im Mannheimer Unilever-Werk
eingestiegen. Danach war sie für das Outplacement verantwortlich und leitete das HR
Service Desk. Im Werk in Buxtehude übernahm sie dann den HR-Bereich. Nach einer HR-
Managementfunktion bei Unilever in Rotterdam, kehrte sie in Teilzeit nach Buxtehude
zurück. Heute arbeitet sie im Jobshare als HR Direktor des Bereichs „Go to Market“.
PRAXISBEISPIEL
ZUR PERSON
VIDEO
In der Personalmagazin-App können Sie
den Film „Augenhöhe“, in dem Alexan-
dra Büßer interviewt wird, ansehen.
© AUGENHOEHE-FILM.DE
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