CONTROLLER Magazin 5/2016 - page 76

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berechnet, was (in einer Abteilung) für andere
geleistet wird. Die Leistungskataloge beinhal-
ten neben einer Beschreibung der erbrachten
Leistungen und dem für die Leistung berech-
neten Preis auch die Berechnungspraxis, zum
Beispiel als Fixpreis pro Abteilung oder als
mengeninduzierter Preis pro erstellter Rech-
nung. Die Erstellung des Leistungskataloges
wird eigenverantwortlich von den jeweiligen
Leistungserbringern gestaltet. Preis, Umfang
und Qualität der Leistung werden in Abspra-
che mit den Leistungsempfängern festgelegt.
Dabei werden keine Gewinnaufschläge auf die
Leistungspreise eingeplant, da diese dort aus-
gewiesen werden sollen, wo sie tatsächlich er-
wirtschaftet werden: an der Schnittstelle zum
Endkunden des Unternehmens. Im Gegensatz
zu einer Prozesskostenrechnung geht es bei
der innerbetrieblichen Berechnung von Leis-
tungen nicht darum, internen Arbeitsabläufen
über Kostentreiber Kosten zuzuordnen und
diese irgendwie „zuzurechnen“.
Ziel ist es
vielmehr, für erbrachte Leistungen einen
Wertbeitrag zu bemessen und diesen so-
wohl dem Empfänger als auch dem Erbrin-
ger der Leistung bewusst zu machen.
Da-
durch kann neben dem Bewusstsein für den
Leistungserstellungsprozess
eine unterneh-
mensinterne Kunden-Lieferanten-Bezie-
hung
entstehen.
Die WBR wird allen Mitarbeitern eines Unter-
nehmens monatlich als monetärer Bericht zur
Verfügung gestellt. In ihrer Struktur ist sie, wie
in Abbildung 2 skizziert, an den Wirtschaftspro-
zess angelehnt. Damit will sie
das Verständnis
(als elementarer Teil sozialer Wirklichkeit)
an-
schauungsprägend.
Aus diesem Grund wird in der WBR eine be-
wusst gestaltete Sprache verwendet, die eine
bestimmte Perspektive auf die Wirtschaft för-
dern soll. So gibt es in der WBR beispielsweise
keine „Kostenpositionen“, man spricht statt-
dessen von „Leistungen“. Leistungen, die er-
bracht werden, von externen Partnern, von an-
deren Abteilungen im Unternehmen oder von
dem eigenen Bereich. Zusammen ermöglichen
diese Leistungsbeiträge, dass der Händler sei-
nen Kunden ein Sortiment von tausenden Arti-
keln anbieten kann. Diese Begrifflichkeit fördert
dabei eine bestimmte Perspektive auf die Tätig-
keit der Mitarbeiter: Sie werden nicht als Verur-
sacher von Kosten („Kostenträger“) begriffen,
die es zu minimieren gilt,
sondern sind maß-
geblich am Entstehen der Unternehmens-
leistung („Leistungserbringer“) beteiligt.
Die WBR ist aufgebaut aus sogenannten
Leis-
tungskatalogen
und einem Bericht für jede
Abteilung. Wie in Abbildung 1 dargestellt, wird
in den Leistungskatalogen beschrieben und
ckelt, welches das Prinzip des unternehmeri-
schen und prozessorientierten Denkens und die
Transparenz des Zahlenwerkes in alle Bereiche
des Unternehmens transportiert. Die WBR soll
Unternehmenszusammenhänge für alle Mitar-
beiter deutlich machen und interne wie externe
Leistungsströme übersichtlich abbilden. Dabei
verdeutlicht der Begriff „Wertbildung“ die inne-
re Haltung, die der Entwicklung dieses Informa-
tionssystems zugrunde liegt:
dass ein Unter-
nehmen produktiv ist und Werte erzeugt
werden.
Diese einzelnen Wertbeiträge führen
im Ganzen zur Unternehmensleistung.
Die augenscheinlichen Besonderheiten der
WBR liegen in den verwendeten sprachlichen
Ausdrücken und der Darstellungsweise. Spra-
che wird dabei nicht als ein neutrales (Denk-
und Kommunikations-)Medium begriffen, das
die Wirklichkeit so abbildet, wie sie ist, sondern
vielmehr als ein Medium angesehen, über das
die Wirklichkeit aktiv mitgestaltet wird (vgl. Sie-
ben, 2015). So gilt Sprache als ein Erkenntnis-
werkzeug, mit dem Wirklichkeit und Wahrheit
konstruiert werden. Damit ist
Sprache sowohl
Ausdruck von Weltanschauungen als auch
Autor
Philipp Hummel
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialorganik an
der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft bei Herrn Prof.
Dr. Götz E. Rehn. Er erforscht die Wechselwirkung zwischen Re-
cheninstrumenten und kulturellen Werten im Unternehmen.
E-Mail:
Abb. 1: Ausschnitt eines Leistungskataloges in der Wertbildungsrechnung am Beispiel der Mitarbeiterabteilung
Erkenntnis fördern, Haltung gewinnen
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