CONTROLLER Magazin 5/2016 - page 66

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Vielleicht kennen Sie das auch, wie aus einer
kleinen hübschen Excel-Tabelle im Laufe der
Zeit ein großes gemeines Excel-Monster wurde.
Dieser Artikel geht den Fragen nach, welche
Probleme daraus entstehen können, was man
dagegen tun kann und welche Werkzeuge es
gibt, um komplexe Modelle zu bauen.
Excel für alle(s)!?
Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit im Con-
trolling ist die Entwicklung komplexer finanz-
wirtschaftlicher Modelle. Dazu gehören u. a.
Wirtschaftlichkeitsanalysen oder Planungs-
rechnungen, die der Geschäftsleitung wichtige
Informationen für wesentliche Entscheidungen
mit immenser finanzieller Tragweite liefern, die
den Erfolg des Unternehmens über Jahre hin-
weg bestimmen. Die Aufgabe besteht nun dar-
in, die Ursache-Wirkungs-Beziehungen, also
die Zusammenhänge und Berechnungslogiken,
in ein mehr oder minder komplexes Rechenmo-
dell zu „gießen“, um damit die Wirklichkeit
möglichst zutreffend abzubilden.
Liebstes Werkzeug des Controllers ist dabei Ex-
cel. Trotz integrierter ERP-Systeme, umfangrei-
cher BI-Lösungen oder spezieller Planungssoft-
ware wären die meisten von uns ohne Excel
handlungsunfähig. Und das, obwohl sich seit
der Erfindung von elektronischen „Spreads-
heets“ für den PC Ende der 1970er Jahre nichts
Wesentliches geändert hat. Das Grundprinzip,
wonach Parameter, Zwischenergebnisse und
Ergebnisse tabellarisch angezeigt werden, ist
immer noch gleich. Größtes Pfund von Excel ist
sicherlich seine Flexibilität, mit der nahezu jede
Art von Berechnung durchgeführt werden kann.
Man kann mathematische Zusammenhänge
ohne Programmierkenntnisse ziemlich schnell
in einem Berechnungsmodell abbilden. Hinzu
kommt, dass die meisten von uns Excel im Rah-
men ihrer Ausbildung erlernt haben und somit
bei jedem Mitarbeiter zumindest Grundkennt-
nisse bestehen. So weit, so gut.
Komplexe Sachverhalte erfordern aber auch
komplexe Berechnungen, und
so können Ex-
cel-Monster entstehen, deren Berech-
nungslogik nicht mehr oder nur sehr
schwer nachvollziehbar ist
. Hinzu kommt
eine Formelsprache aus Zeilen- und Spalten-
nummern, die nur für eine Rechenmaschine
verständlich ist und nicht für einen Menschen,
dem Zeilen- und Spaltenkoordinaten wenig sa-
gen. Durch Intransparenz können Fehler in der
Berechnungslogik nur schwer oder gar nicht
erkannt werden. Und dies kann wiederum zu
fehlerhaften Entscheidungen führen, die, wie
eingangs erwähnt,
die Rentabilität oder im
schlimmsten Falle sogar die Überlebens-
fähigkeit eines Unternehmens beeinträch-
tigen können.
Manch einer von Ihnen hat sie
vielleicht schon einmal gesehen oder sogar
selbst herangezogen – Excel-Monster, die in
vielen Tabellenblättern tausende Formeln ent-
halten. Eine Änderung oder Erweiterung eines
solchen Modells wird dann leicht zum „Ritt auf
der Rasierklinge“, denn man weiß nicht, was
passiert, wenn man einzelne Formeln ändert
oder Tabellenbereiche erweitert oder entfernt.
Im Zweifel funktioniert das ganze Modell nicht
mehr oder es rechnet falsch. Und das Schlim-
me ist, man merkt es nicht!
„Wer nachbaut, der findet!“
Aus diesen Gründen werden wir von Unterneh-
men beauftragt, deren Excel-Modelle einem so
genannten „Model Audit“ zu unterziehen. Ziel
ist es dabei, neben der formalen und rechneri-
schen Überprüfung des bestehenden Excel-
Modells, die Modellstruktur transparent und
ggf. weiterführende Sensitivitäts- und Risiko-
analysen möglich zu machen. Herkömmliche
Audit-Methoden basieren auf einer formalen
Analyse des Excel-Modells, um „Anomalien“ in
der Struktur von Tabellenbereichen zu erken-
nen, sowie auf stichprobenartigen Prüfungen
der vermeintlich kritischen Bereiche eines Mo-
dells. Eine gründliche Prüfung des gesamten
Modells mit herkömmlichen Methoden ist prak-
tisch meist nicht möglich oder würde viel zu
lange dauern, ohne dabei garantieren zu kön-
nen, dass alle oder zumindest die allermeisten
Fehler gefunden werden.
Eine viel gründlichere Überprüfungsmethode ist
es, das Modell komplett nachzubauen. Hierfür
bietet es sich an, auch eine andere Modellie-
rungsumgebung als Excel zu verwenden, um
nicht „versehentlich“ oder aus „Effizienzgrün-
den“ die gleichen Modellierungsfehler zu bege-
hen. Im Zuge unserer Model Audits untersu-
chen wir das Excel-Modell daher nicht nur for-
mal und prüfen auf „Rechenfehler“, sondern wir
bauen das gesamte Modell in Analytica nach.
Analytica ist eine Software, die speziell für die
Erstellung, Darstellung, Dokumentation und
Analyse von komplexen quantitativen Modellen
entwickelt wurde. Durch die exakte Überset-
zung des Excel-Modells in Analytica machen
wir zum einen die Struktur des Modells sichtbar
(siehe Abbildung 1).
Zum anderen können wir dadurch die Korrekt-
heit der Berechnungen viel gründlicher über-
prüfen, als es durch eine noch so sorgfältige
Untersuchung im Excel-Modell selbst möglich
wäre. Darüber hinaus haben wir mit dem Ana-
lytica-Modell die Möglichkeit, viel umfangrei-
Vorsicht Falle: Excel-Monster im Controlling
Model Audit schafft Sicherheit, wenn es darauf ankommt
von Torsten Röhner
Vorsicht Falle: Excel-Monster im Controlling
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