CONTROLLER Magazin 5/2016 - page 46

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Heute ist durch Allpräsenz von Unternehmens-
Informationen die Entscheidungsgrundlage
deutlich besser als vor dem Zeitalter von Inter-
net und Digitalisierung. Doch werden dadurch
auch bessere unternehmerische Entscheidun-
gen getroffen? Eine
Primärerhebung unter
mehr als hundert Entscheidungsträgern
aus Top- und mittlerem Management
zeigt
hingegen den
nicht-rationalen Umgang mit
Erfahrungswissen, kognitive Begrenzun-
gen prägen das Entscheidungsverhalten
.
Konkrete Handlungsempfehlungen zur Über-
windung dieser Hemmnisse werden gegeben.
Rationalität im Zeitalter
der Digitalisierung
Vieles ist zum Thema Digitalisierung in den ver-
gangenen Jahren geschrieben, konzipiert und
bereits umgesetzt worden. Durchgehender Fo-
kus: Wie können die neuen (Informations-)
Technologien, bisherige Geschäftsparadigmen
zu Gunsten größerer Effizienz, Qualität, Schnel-
ligkeit, Kundenzufriedenheit, …, und nicht zu-
letzt einer höheren Wettbewerbsfähigkeit ge-
nutzt werden? Die vorherrschenden Ansätze
bei der Industrie 4.0 oder IoT (Internet of
Things) reichen von der automatisierten Pro-
duktion durch „intelligente“ und über M2M
(Machine-to-Machine Communications) ver-
netzte Maschinen bis hin zu neuen Geschäfts-
oder zumindest Absatzmodellen. Beispiele
hierfür: „Leihen statt Kaufen“ wie im Car Sha-
ring, das E-Makeln semiprofessioneller oder
privater Dienstleistungen wie Airbnb (Unter-
künfte) oder Uber (Taxi) bis hin zum fast schon
traditionellen E-commerce von Alibaba (Chine-
sische Internet-Handelsplattform), Amazon, bis
hin zu Zalando.
Es stehen dabei die fachlich/technischen Fra-
gestellungen im Vordergrund. Doch neben der
technischen Machbarkeit steht häufig eine
weitreichendere Frage zumeist unausgespro-
chen im Raum:
Was machen diese neuen
Geschäftsansätze mit den handelnden Per-
sonen?
Welche Effekte gibt es, wenn im Billiglohnland
nicht nur produziert wird, sondern auch der ad-
ministrative Apparat im Shared Service Center
gebündelt und schließlich ins Outsourcing
fremdvergeben wird, so dass bspw. der Cont-
roller nicht mehr im westeuropäischen Stamm-
haus sondern per Web-Conference aus Kra-
kau, Bukarest oder Mumbai zugeschaltet wird?
Die auf Rationalität und Wertorientierung auf-
setzenden Controller-Konzeptionen jüngerer
Vergangenheit
1
zeigen deutlich,
dass ein um-
fassender Methodenkoffer für „gute“ –
sprich rationale – Entscheidung zur Verfü-
gung steht
. Das Basis-Set an Controller-Werk-
zeugen – angefangen von der Deckungsbei-
tragsrechnung vor über 100 Jahren bis zur
Werteorientierung – gilt als
ausgereift, stabil
und einsatzbereit
.
2
Somit steht ein umfassen-
der Handapparat zur guten Entscheidungsfin-
dung zur Verfügung, und rationale, belastbare
unternehmerische Entscheidungen sollten bei
der heutigen umfassenden Informationsversor-
gung Standard sein.
Durch die Digitalisierung ändern sich nicht nur
Geschäftsmodelle, sondern vielfach auch
die
zukünftig benötigten Kernkompetenzen
und Erfolgsfaktoren eines Unternehmens
.
Alleinstellungsmerkmale haben bei zuneh-
mender Dynaxity
3
, also einem Umfeld hoher
Dynamik und Komplexität, mehr denn je ein
Verfallsdatum. Ein klassischer „USP“ (Unique
Selling Proposition) oder „KKV“ (komparativer
Konkurrenz-Vorteil) mag es nur noch auf Zeit
geben. Diese sind häufig eher in Monaten oder
gar Wochen anstatt in Jahren oder Jahrzehn-
ten zu messen: Wenn die wettbewerbsdiffe-
renzierenden Eintrittshürden wie Investitions-
stärke durch Sozialisierung der Produktions-
faktoren fallen (Airbnb besitzt keine einzige
„ihrer“ 1,5 Mio. vermittelten Unterkünfte in
190 Ländern, Uber kein einziges Taxi, Alibaba
keine eigenes Lager für Waren der über
100.000 Händler usw.), dann ist
Schnellig-
keit und Agilität das wesentliche Momen-
tum zum Erfolg
. Der globale Wettbewerb ko-
piert schnell. Gleichermaßen sind alt herge-
brachte, ggf. über Generationen aufgebaute
Alleinstellungsmerkmale schnell Makulatur.
Ein Fortschreiben bisheriger Erfolgsmuster
scheint nicht zielführend …
Vor diesem Hintergrund ist also zu erwarten,
dass mit zunehmender Digitalisierung und me-
thodisch starken Werkzeugen rationale, auf die
Zukunft gerichtete Entscheidungen getroffen
werden.
Zweifelsohne ist durch die rasante Entwick-
lung in den Informations- und Kommunikati-
onstechnologien und zunehmende Bedeutung
der Digitalisierung eine deutlich verbesserte
Informationslage gegeben. Neue, schnelllebi-
ge, agile und zukunftsweisende Opportunitä-
ten benötigen mehr als ein Fortschreiben ver-
gangener Erfolgsrezepte, ein (passives) Re-
agieren oder gar Aussitzen. Doch aus der ver-
haltensorientierte Betrachtungsweise z. B. um
den Wirtschafts-Nobelpreisträger Daniel
Kahneman ist mit
kognitiven Begrenzungen
und Verzerrungen
zu rechnen, denen auch
Digital Leadership Readiness
Digital Leadership Readiness
Inwieweit treffen sehr gut informierte Führungskräfte im Digitalisierungs-
Zeitalter tatsächlich die besseren unternehmerischen Entscheidungen?
von Stefan Vieweg
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