wirtschaft und weiterbildung 2/2018 - page 14

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wirtschaft + weiterbildung
02_2018
INTERVIEW.
Steven Gary Blank (64) lehrte und forschte
zum Thema „Existenzgründung“ in Stanford an der
Haas School of Business, an der University of California,
Berkeley, am California Institute of Technology sowie an der
Columbia-Universität. Blank ist Mitgründer von acht sehr
erfolgreichen Start-ups. Er gilt als Erfinder der Lean-Start-
up-Methode. Für ihn sind gute Gründer so genial wie
Künstler.
Warum reden wir heute so viel über Start-ups?
Steve Blank:
Im 20. Jahrhundert waren Start-ups nicht mehr
als lästige Wadenbeißer. Heute haben sie manchmal Milliarden
Dollar in der Firmenkasse und können mit Leichtigkeit ganze
Märkte disruptieren.
Immer mehr deutsche Unternehmen eröffnen Innovation Labs
im Silicon Valley. Was halten Sie davon?
Blank:
Die Idee, einmal zu sehen und zu erleben, was im Si-
licon Valley abläuft, Partnerschaften einzugehen oder zu in-
vestieren, finde ich völlig in Ordnung. Aber oft werden diese
Aktivitäten zu einem „Innovations-Theater“. Da gibt es dann
eine tolle Pressemeldung, in der sich das Unternehmen als be-
sonders innovativ präsentiert und der CEO ist mächtig stolz
darauf. Aber bis auf ganze wenige Ausnahmen bleibt das eine
vom Unternehmen völlig losgelöste Aktivität.
Was können Manager grundsätzlich tun, um Innovationen
besser ins Unternehmen zu integrieren?
Blank:
Dazu muss man zunächst einmal verschiedene In-
novationsstufen unterscheiden. Ich bin ein großer Fan des
McKinsey-Modells der drei Wachstumshorizonte. Beim ersten
Horizont bleibt man beim bisherigen Geschäftsmodell, aber
verändert immer wieder etwas, also zum Beispiel die Farbe
oder die Funktionen eines Produkts. Das ist die unterste Stufe
von Innovation. Auf der zweiten Ebene verkauft man seine
Foto: Gerry Rohrmoser, Peter Drucker Society Europe
Oft ist alles nur
Innovationstheater
Produkte über neue und unterschiedliche Kanäle oder entwi-
ckelt neue Produkte, bleibt aber weiter bei seinem etablier-
ten Geschäftsmodell. Bei Stufe drei ändert man das Modell
und verkauft zum Beispiel statt Computern nur noch Telefone.
Dafür braucht man aber Mitarbeiter mit verrückten Ideen. Die
meisten Manager mögen Stufe eins und zwei, aber mit Stufe
drei haben sie Probleme. Es gelingt ihnen nicht, diese Innova-
tionen zu integrieren.
Was ist der Grund dafür?
Blank:
Viele haben die falsche Vorstellung, dass Innovationen
eine Ansammlung von ungezwungenen Aktivitäten sind, ohne
jegliche Disziplin. Aber das Gegenteil ist der Fall. Um Innovati-
onen für ein Unternehmen nützen zu können, braucht es einen
sorgfältig gestalteten, formalen Prozess. Zunächst sollte eine
Gruppe eine Liste von Problemen, Ideen und Technologien er-
stellen, die interessant genug sind, um Geld dafür zu investie-
ren. Dann wird erforscht, wo es im Unternehmen bestimmte
Probleme gibt, welche internen Projekte bereits existieren und
welche gesetzlichen Hürden vorhanden sein könnten. Steht
die Liste von innovativen Ideen, müssen Prioritäten gesetzt
werden und die Frage beantwortet werden, ob ein Projekt es
wirklich wert ist, viel Zeit und Geld dafür zu investieren. Diese
Entscheidung sollte nicht von den Managern, sondern von den
Innovationsteams selbst getroffen werden. Dann werden Lö-
sungen erkundet, Hypothesen gebildet und überprüft.
Steve Blank.
Auf dem „Drucker Forum 2017“
warnte Blank davor, zu viel Hoffnung auf den
aktuellen Start-up-Boom zu setzen. Gute
Innovatoren seien auf der Welt so selten zu
finden wie begnadete Künstler.
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