wirtschaft + weiterbildung
10_2017
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werbung. Das lässt die richtigen Leute aufhorchen. Das ist im
Unternehmen sicher nicht anders: Wer seine Ideen gut verkau-
fen und gewandt präsentieren kann, fällt positiv auf und wird
anders wahrgenommen.
Wenn Sie mit Menschen trainieren: Worauf legen Sie einen
Schwerpunkt, wie gehen Sie grundsätzlich vor?
Borbonus:
Individuell und behutsam. Schauen Sie, es ist Un-
sinn, jeden zu den gleichen Höchstleistungen auf der Bühne
hin zu entwickeln oder jeden in ein bestimmtes Korsett aus
rhetorischen Dos and Don’ts zwängen zu wollen. Natürlich
gibt es ein paar Grundregeln, die es sich lohnt, zu beachten.
Aber im Training geht es darum, den individuellen Diaman-
ten jedes Menschen bestmöglich zu schleifen. Wirklich große
Redner folgen keinem allgemein gültigen Repertoire oder ach-
ten krampfhaft darauf, eine Methoden-Toolbox zu bespielen.
Sondern sie nutzen ihre ganz individuellen Stärken. Es geht
also darum, genau die bei einem Menschen zu finden und zu
entwickeln.
Wenn die Stärken dann alles andere überstrahlen, entsteht die-
ser Eindruck einer wirklich großen Rede. Es gibt dafür viele
prominente Beispiele: Denken Sie an Mahatma Gandhi. Der
hatte so gut wie keine Körperspannung; das wäre in jedem
Rhetoriktraining sofort negativ aufgefallen. Aber er ist unbe-
stritten ein ganz großer Redner. Oder an Franz Josef Strauß mit
seiner verqueren Mimik und Körpersprache, der die Zuhörer
jedoch mit seiner ausgefeilten Metaphorik intellektuell zu fes-
seln wusste.
Sie weisen auf die besondere Verantwortung eines Speakers
hin. Er sollte aufpassen, keine Fake-News zu verbreiten?
Borbonus:
Aus meiner Sicht wäre schon viel gewonnen, wenn
sich alle Redner einer gewissen Sorgfaltspflicht verschreiben
würden. Also etwa sauber recherchieren, wenn sie Studien
oder Zahlen in ihren Reden heranziehen. Die GSA könnte das
unterstützen und zum Beispiel in ihrer University ein Modul
„Wissenschaftlich arbeiten für Speaker“ oder etwas Ähnliches
einführen. Das ist ja kein Hexenwerk! Es gibt online sehr gute
Recherchemöglichkeiten und sogar Dokumentenliefersysteme,
die uns helfen können, wichtige Werte wie Vollständigkeit oder
Transparenz auf die Arbeit des Redners anzuwenden.
Der neue GSA-Präsident Peter Brandl hat gesagt: „Die große
Bühne ist ein Nacktscanner“. Er meinte damit, dass man sich
als Redner vor großem Publikum nicht verstellen könne. Was
denken Sie?
Borbonus:
Ich verstehe, was er meint, nur würde ich es ganz
anders ausdrücken. Eine gute Rede kommt und wirkt immer
von innen nach außen. Oder noch anders formuliert: Wenn
alles stimmig ist, findet das Thema den Redner – und nicht
umgekehrt.
Interview: Dr. Petra Folkersma
René Borbonus.
Passend zur Bundestags-
wahl hat er unter
ein Anleitung veröffentlicht, wie man
Populisten rhetorisch entlarven kann.