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wirtschaft + weiterbildung
10_2017
In den vergangenen Jahren
haben Forscher wiederholt die
positiven Seiten von psycho-
pathischen Mitarbeitern und
Führungskräften herausgestellt:
Sie könnten Spitzenleistungen
erreichen, weil sie selbstsicher
seien, sich aufs Positive fokus-
sieren und Dinge nicht per-
sönlich nehmen würden. Wis-
senschaftler der Technischen
Universität (TU) Kaiserslautern
warnen nun aber vor übertrie-
bener Euphorie beim Recruiting
und der Beförderung von Psy-
chopathen: Denn laut einer
Studie, die die Pfälzer in der
Fachzeitschrift „Journal of
„Nadelstreifen-Psychopathen“
missachten Compliance-Regeln
STUDIE DER TU KAISERSLAUTERN
Ethische Führung galt bislang weitgehend
als unternehmensinternes Phänomen –
und die Mitarbeiter des Unternehmens
galten als Hauptleidtragende unethisch
handelnder Chefs. Eine neue Studie der
Professoren Niels Van Quaquebeke, Chris
tian Barrot und Jan Becker von der Ham-
burger Kühne Logistics University (KLU)
legt nun aber nahe, dass ethisches Fehl-
verhalten von Führungskräften inzwischen
mehr nach draußen dringt als bisher ver-
mutet. Der wichtigste Grund: Mitarbeiter
können heute Interna leichter als früher
nach außen durchsickern lassen. Die meis
ten nutzen dafür Arbeitgeberbewertungs-
portale und andere soziale Netzwerke –
mancher leakt aber auch Interna, indem
er brisante Infos an die Presse weitergibt.
„Führung findet heute längst nicht mehr
nur nach innen statt. In Zeiten von Social
Media dringen Informationen leicht nach
außen und hinterlassen dort Eindruck“,
erläutert Co-Autor Van Quaquebeke.
KLU-STUDIE ZU FÜHRUNG
Wer unethisch führt,
verschreckt seine Kunden
Wie genau sich Leaks über unethische Füh-
rung aufs Unternehmen auswirken, haben
die Hamburger Forscher in einer Studie
untersucht, die im „Journal of Business
Ethics“ erschienen ist. Die Studie stützt sich
auf zwei Experimente, an der 601 bezie-
hungsweise 336 Probanden teilgenommen
haben. Das Fazit der Forscher fällt eindeu-
tig aus: Moralische Fehltritte von Führungs-
kräften wirken sich nicht nur negativ auf
den Ruf des Unternehmens, sondern auch
auf das Kaufverhalten der Kunden aus. Den
negativen Effekt aufs Kaufverhalten erklä-
ren die Forscher so: Sobald der Konsument
SOCIAL MEDIA
Gern genutzt, aber
kaum glaubwürdig
Über Facebook, Twitter und Co.
informieren sich heute mehr
Menschen als über Zeitung,
Fernsehen und Radio. Das geht
aus einer Online-Umfrage der
FOM Hochschule hervor. Über-
raschend: Obwohl viele der
2.500 Teilnehmer oft soziale
Medien nutzen, halten sie die
darin geteilten Informationen
für wenig glaubwürdig. Vor allem
Qualität und Vielseitigkeit der
Infos kritisieren die Befragten.
Als deutlich glaubwürdiger
schätzen sie öffentlich-recht-
liches Fernsehen, Radio und
Tageszeitungen ein.
Business Economics“ veröffent-
licht haben, stimmen Psycho-
pathen leichter wirtschaftskri-
minellen Handlungen zu, ver-
stoßen also häufiger gegen die
Compliance-Richtlinien als ihre
nicht-psychopathischen Kolle-
gen. Die Forscher konzentrier-
ten sich bei ihrer Studie auf die
sogenannten „Psychopathen in
Nadelstreifen“. Darunter ver-
stehen sie Menschen, die oft
erfolgreich und vielfach in lei-
tenden Positionen in Unterneh-
men arbeiten – allerdings auch
„dunkle“ Charakterzüge wie
Egoismus, Skrupellosigkeit und
Empathielosigkeit aufweisen.
Anzeichen unethischer Führung bemerkt,
greife das Phänomen der sogenannten
„Selbstkongruenz“. Das bedeutet: „Konsu-
menten streben nach Übereinstimmung mit
anderen Personen und auch mit Marken.
Sie wollen sich darin wiederfinden“, so
Co-Autor Barrot. „Wenn die Konsumenten-
persönlichkeit nicht mit den Merkmalen
einer Marke und ihrer Vertreter überein-
stimmt, weil zum Beispiel die Führung als
unethisch wahrgenommen wird, dann fehlt
die Wertschätzung für diese Marke.“ Der
Kunde bestrafe folglich das Unternehmen
und kaufe dort nicht mehr.
Foto: KLU
Niels Van Quaquebeke.
Der KLU-Professor
forscht zu Führungs-
themen.