wirtschaft + weiterbildung
06_2016
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kanischen Bank. Dort hatte bisher jeder Mitarbeiter zu einer
anderen Zeit Pause. Ein persönlicher Austausch war daher
nicht möglich. Dann führte man eine 15-minütige gemeinsame
Kaffeepause ein und die Leistungen der Mitarbeiter stiegen um
durchschnittlich acht Prozent. Bei leistungsschwachen Teams
waren es sogar mehr als 20 Prozent. Und die Mitarbeiterzufrie
denheit nahm auch um zehn Prozent zu. Und das alles nur,
weil sie 15 Minuten miteinander sprechen konnten.
Ein Argument gegen das Homeoffice?
Pinker:
Wenn Unternehmen glauben, sie können Kosten spa
ren, wenn jeder nur noch zu Hause arbeitet, schaden sie sich
letztlich nur selbst. Gerade die Generierung neuer Ideen ist eng
verbunden mit unserem Wohlbefinden und persönlichen Kon
takten. Das wissen auch Unternehmen wie Google und gestal
ten ihre Arbeitsplätze so, dass sich die Mitarbeiter zwangsläu
fig ständig in die Arme laufen. Und wenn eine Sache wirklich
wichtig ist, setzen sich Manager auch heute noch ins Flugzeug.
Sie wissen, wie entscheidend ein persönliches Treffen ist. Wer
zu seinem Verhandlungspartner reisen kann, hat einen Vorteil
gegenüber demjenigen, der über Skype verhandeln muss.
Dafür können viele dank neuer Technologien ihre Arbeitszeit
individueller einteilen. Das ist doch zweifellos ein Vorteil.
Pinker:
Auch da wäre ich vorsichtig. In einer neueren Studie
haben die beiden Forscher Cristobal Young und Chaeyoon Lim
die Daten von mehr als einer halben Million berufstätigen und
arbeitslosen Amerikanern analysiert und herausgefunden, dass
das Wohlbefinden der Menschen auch davon abhängt, dass
sie zur selben Zeit frei haben wie die anderen. So stieg das
Wohlbefinden der Arbeitslosen genauso wie das der Arbeiten
den zum Wochenende an und sank zum Wochenbeginn. Die
Forscher Cristobal Young und Chaeyoon Lim schlossen daraus,
dass es nicht die freie Zeit per se ist, die zum Wohlbefinden
beiträgt, sondern genau genommen die gemeinsam verbrachte
soziale Zeit.
Verlieren wir durch die Nutzung von Smartphone und Co
unsere Fähigkeiten?
Pinker:
Manche Chefs nutzen E-Mails als Schutzschild, um
nicht mit den direkten Reaktionen ihrer Mitarbeiter kon
frontiert zu werden. Das ist für mich ein klares Zeichen von
schlechtem Management und kann sich bitter rächen. Füh
rungskräfte, die nur noch E-Mails verschicken, vergessen mit
der Zeit, wie man mit Mitarbeitern redet. Auch Empathie muss
man üben, sonst verlernt man sie. Und Mitarbeiter, die sich
durch den fehlenden echten Kontakt zurückgesetzt fühlen, ver
lieren vielleicht sogar das Vertrauen in das Unternehmen und
suchen sich einen anderen Arbeitgeber. Gerade Frauen legen
mit Nachdruck Wert auf einen Job, in dem sie auch als Mensch
respektiert werden.
Interview: Bärbel Schwertfeger
Susan Pinker.
Die Psychologin hat
mehrere Bücher über die Emanzipation der
Frau geschrieben. Jetzt erforscht sie, was
das Internet mit den Menschen macht.
Online-Kommunikation.
Wer persönlich
verhandelt, hat höhere Erfolgschancen als einer,
der über Skype verhandeln muss.
Foto: Susie Lowe