WIRTSCHAFT_UND_WEITERBILDUNG 06/2016 - page 15

wirtschaft + weiterbildung
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naus. Sie alle können (genauso wie Trainer, die Speaker wer-
den wollen) von Molcho lernen, dass man eine Bühne „be-
spielen“ können muss, um seine Botschaft ans Publikum zu
bringen. In der Titelgeschichte „Vom Trainer zum Speaker“
(9/2014) in dieser Zeitschrift hatten Experten von Redneragen-
turen ausführlich darauf hingewiesen, dass alle, die ihr Geld
mit professionellen Vorträgen verdienen wollen, sich zuerst
einmal von einem Schauspieler oder einem Theaterregisseur
ganz individuell coachen lassen sollten. Eine gute Rede folgt
einer ausgefeilten Dramaturgie und die erforderlichen Tech-
niken kommen nun einmal von der Schauspielerei.
Schauspieler wissen besser, wie man
als Redner die Bühne „rockt“
Ein Redner muss auf der Bühne schnell eine gewisse Power
ausstrahlen, mit einer fesselnden Geschichte beginnen, seine
Kernbotschaften „verkaufen“ und dann mit einer Handlungs-
aufforderung stark abtreten. Die klassische Rhetorik bringt
einen in diesem Zusammenhang nicht weiter. Jede Theater-
gruppe, die ein neues Stück aufführen will, probt oft ein halbes
Jahr und mehr mit ihrem Regisseur einzelne Szenen und
manchmal sogar nur einzelne Sätze. „Normalen“ Menschen
ist es völlig fremd, dass sie diese Entwicklungsarbeit leisten
müssen, um ein guter Redner zu werden. Bühnenkünstler, die
den Speaker-Beruf wählen, haben gewisse Vorteile.
Wenn Molcho auftritt, fesselt er sein Publikum auch dadurch,
dass er mutig genug ist, fremde Menschen auf die Bühne zu
holen, um die Wirkung von Körpersprache zu zeigen. Meist
erzählen die Freiwilligen von einem misslungenen Gespräch
mit ihrem Chef und Molcho untersucht, welche Rolle die Kör-
persprache dabei gespielt haben könnte. Selbst der Wunsch
eines Mannes, er wolle endlich flirten lernen, brachte Molcho
nicht ins Schleudern. Er nahm spontan Stellung und spielte
zusammen mit einer Frau aus dem Publikum verschiedene An-
näherungsversuche durch. Ob diese Versuche als erfolgreich
oder als erfolglos einzustufen sind, zeigte sich überraschend
klar an der Körpersprache der umworbenen Frau.
Molcho macht bei jeder Gelegenheit darauf aufmerksam, dass
er keine objektiv „richtige“ Interpretation von Körpersprache
liefern könne. Jede Interpretation sei subjektiv und er rede nur
von Wahrscheinlichkeiten. Umso mehr versetzt er sein Publi-
kum in Erstaunen darüber, wie präzise man die Auswirkungen
des eigenen Verhaltens auf einen Gesprächspartner wahrneh-
men und wie wahrscheinlich man dabei Rückschlüsse auf in-
nere Zustände ziehen kann. Molchos Botschaft lautet deshalb
auch: Durch die Körpersprache spricht das Herz. Jede innere
Bewegung und alle Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken
sich durch unseren Körper aus. Deshalb werden alle Gespräche
leichter, wenn wir diese Informationen über unserer Mitmen-
schen verstehen.
Martin Pichler
Samy Molcho.
Die Aufnahme stammt aus
dem Jahr 2014 und zeigt Molcho nach
seinem Auftritt bei den „Internationalen
Mediationstagen“ in Hamburg.
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