wirtschaft und weiterbildung 7-8/2016 - page 12

aktuell
12
wirtschaft + weiterbildung
07/08_2016
Foto: Achim Zimmermann
Dr. Achim Zimmermann
Am Seminarmarkt gibt es spezielle Seminare für
Kinder. Daneben kommt es auch vor, dass Jugendli-
che an einzelnen Veranstaltungen teilnehmen. Das
kann entweder aus eigenem Antrieb oder auf den
Wunsch der Eltern sein. So oder so: Nehmen Min-
derjährige an einem Seminar teil, so ist aus recht-
licher Sicht einiges zu beachten.
Soll ein Vertrag mit einem Jugendlichen geschlos-
sen werden, so sieht das Gesetz verschiedene
Regelungen vor. So sind Verträge mit Kindern, die
noch nicht sieben Jahre alt sind, nichtig. Hier geht
der Gesetzgeber davon aus, dass sie noch nicht in
der Lage sind, überhaupt einen rechtlich relevanten
Willen zu fassen. Er sieht sie deshalb als nicht
geschäftsfähig an. Sollen sie an einem Seminar teil-
nehmen, so müssen die Eltern den Vertrag mit dem
Veranstalter allein abschließen.
Ist das Kind mindestens sieben Jahre alt, aber
noch nicht volljährig, also noch nicht 18 Jahre, geht
der Gesetzgeber davon aus, dass es beschränkt
geschäftsfähig ist. Diese Jugendlichen können in
einem bestimmten Rahmen selbst wirksam Rechts-
geschäfte eingehen. Dabei ist nicht zwingend die
Mitwirkung der Eltern erforderlich. Das ist zunächst
der Fall, wenn der Vertrag für den Jugendlichen
einen lediglich rechtlichen Vorteil mit sich bringt.
Allerdings liegt solch ein Vorteil bei einem Vertrag
nur ganz selten vor. Denn dadurch, dass der Min-
derjährige etwa den Seminarpreis zahlen muss,
ist das Geschäft für ihn schon nicht mehr rechtlich
vorteilhaft. Aber selbst eine Schenkung muss nicht
zwangsläufig rechtlich vorteilhaft sein.
Daneben besteht die Möglichkeit, dass die Eltern
in den Abschluss des Vertrags einwilligen. Gemeint
ist damit, dass sie vor dem Abschluss dem Vertrag
zustimmen. Damit bringen sie zum Ausdruck, dass
sie sowohl mit dem Vertrag an sich als auch mit
dessen Inhalt einverstanden sind. In der Praxis
sollte, gerade wenn damit zu rechnen ist, dass sich
Jugendliche anmelden, auf dem Anmeldeformular
ein Feld vorgesehen werden, auf dem die Erzie-
hungsberechtigten unterschreiben können. Darin
ist die Einwilligung zu sehen.
Selbst wenn die Eltern keine Einwilligung erteilt
haben, der Vertrag also schon abgeschlossen und
unter Umständen bereits durchgeführt wurde,
können sie nachträglich durch eine Genehmigung
noch zustimmen. Das ist der unproblematische
Fall. Schwieriger wird es, wenn die vertraglichen
Leistungen bereits erbracht wurden und die Eltern
die Genehmigung verweigern. Ist der Seminarpreis
noch nicht entrichtet, so hat der Veranstalter darauf
keinen Anspruch. Ist er schon gezahlt,
dann ist der Seminaranbieter dazu ver-
pflichtet, die Zahlung an den Minderjäh-
rigen zu erstatten. Einen Gegenanspruch
wird er in den seltensten Fällen haben.
Dabei hilft im Übrigen der sogenannte „Taschen-
geldparagraf“ nicht. Danach können Kinder mit
Geld, das ihnen zur freien Verfügung überlassen
wurde, wirksam Verträge abschließen. Allerdings
wird diese Regelung in den wenigsten Fällen bei
einem Seminar greifen, denn hier wird bereits der
Preis so hoch sein, dass die Voraussetzungen
schlichtweg nicht erfüllt sein dürften.
Kolumne Recht
Seminare für Kinder:
Früh übt sich
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Haben Sie Fragen zu rechtlichen Themen rund um Training und Coaching? Dann schicken Sie uns eine
E-Mail an
sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist Achim Zimmer-
mann monatlich an dieser Stelle.
Bei Seminaren greift der sogenannte
‚Taschengeldparagraf‘ nicht.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...68
Powered by FlippingBook