Wirtschaft und Weiterbildung 10/2016 - page 21

wirtschaft + weiterbildung
10_2016
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„Ist das Esoterik?“, fragte die „Frankfurter
Allgemeine Zeitung“ in einem Scharmer-
Porträt – und beantwortete die Frage
mit einem „gewiss nicht“ (auch wenn
laut FAZ alles „etwas verrückt“ klingt).
Die Zeitung übersetzte die „Theorie U“
in die Alltagssprache ihrer Leser und er­
klärte, dass Manager von Scharmer ein­
fach nur aufgefordert würden, in größe­
ren Zusammenhängen zu denken und
anstehende Aufgaben nicht auf der Basis
von Erfahrungen anzupacken, sondern
sich zu fragen, wo die Zukunftschancen
lägen. „Welchen Rat soll Ihr zukünftiges
Ich dem heutigen Ich geben?“ oder „Was
in Ihrem persönlichen oder beruflichen
Leben stirbt gerade? Und von was wollen
Sie, dass es geboren wird?“, mit diesen
Fragen habe Scharmer selbst die Teilneh­
mer des Weltwirtschaftsforums 2014 in
Davos zum Nachdenken gebracht.
Michael Wyrsch hat für seine Master­
arbeit „Theorie U in der Praxis“ 418 Trai­
ner und Berater befragt, die Erfahrungen
mit der „Theorie U“ hatten und der Me­
thode grundsätzlich positiv gegenüber­
standen. Trotzdem bemängelten die Bera­
ter Schwächen in der Umsetzbarkeit. Die
entscheidenden Phasen der „Theorie U“
könnten nur nutzbringend durchlaufen
werden, wenn man bereit sei, meditative
und spirituelle Praktiken anzuwenden.
Vielen Managern aber auch manchen
Prozessmoderatoren fehle es hierzu an
Übung und in den Unternehmen mangele
es oft auch an Akzeptanz fürs „Rumsit­
zen und Nichtstun“ (Managerspott). Der
zentrale Verbesserungsvorschlag der Be­
rater lautete daher, dass die „Theorie U“
andockfähiger an das Business werden
müsse – zum Beispiel, was die Sprache
und die Tools zur „Öffnung der Herzen“
angehe.
„Die Bremsen lösen, um die
Evolution mitzugestalten“
Nicht nur, dass einige von Scharmers
Tools nach New-Age-Bewegung klingen,
es fällt auch auf, dass sie überwiegend
am Individuum und nicht am „System“
ansetzen. Fast immer ist von Menschen
die Rede, die lernen müssten, aufmerk­
samer wahrzunehmen, einen ehrlicheren
Dialog mit sich selbst zu führen, empa­
thischer zuzuhören, sich kritischer von
außen zu betrachten und kreativer Ta­
gebuch zu führen, um besser durch das
„Feld“ der eigenen Zukunft zu reisen.
Auf dem „1. Systemischen Labor“ der
Carl-Auer-Akademie, zu dem Scharmer
eingeladen war, lautete deshalb auch
die wichtigste Frage, die an ihn gestellt
wurde: „Wie werden die personenbe­
Die Phasen der „Theorie U“
Konzept.
Nach Scharmer durchlaufen Individuen und
Organisationen idealerweise die hier abgebildeten Phasen
eines Change-Prozesses (von links oben nach rechts oben).
Quelle: www.ottoscharmer.com
„downloading“
Muster und Wissen
aus der Vergangenheit
„performing“
Neues in der Praxis
leben
„seeing“
wahrnehmen, aus
anderen
Perspektiven sehen
„prototyping“
ausprobieren, schei-
tern, ausprobieren,
scheitern …
„sensing“
spüren, Beziehung
aufnehmen
„crystallizing“
kristallisieren, ver-
dichten
„letting go“
loslassen, zulassen
„letting come“
entstehen lassen
„presencing”
verbinden mit den inneren
Ressourcen und zukünftigen
Möglichkeiten
R
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