wirtschaft und weiterbildung 05/2015 - page 44

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
05_2015
nien infrage. Und das wohl schon allein
wegen der Sprache. Auch der Standort ist
ein Problem. In Großbritannien geht man
nach London und in Frankreich nach
Paris. In Deutschland ist man immer am
falschen Ort.
Wie sind die Entwicklungen im Bereich
Business School in China?
Schütte:
Es gibt inzwischen rund 400
Business Schools in China, die bekann-
testen sind an großen Universitäten wie
Tsinghua, Peking oder Fudan. Und es
gibt natürlich auch viele ausländische
Schulen, die hier ihr Glück versuchen. Da
kann man sich manchmal nur wundern.
Oftmals haben die Professoren kaum
Ahnung von China. Aber sie haben die
Vorstellung, dass man als ausländische
Schule hierherkommt und die Studenten
einem dann automatisch die Bude einren-
nen. Das funktioniert schon längst nicht
mehr. Da muss eine Schule schon etwas
ganz Besonderes anbieten. Die chinesi-
schen Business Schools arbeiten hart an
Verbesserungen. Sie sind finanziell gut
aufgestellt. Sie investieren in Gebäude
R
Mit Bayer nach China und zurück
Im Juli 2012 durfte Josephine Schoenemann mit einem
18-monatigen MBA-Studium in Shanghai an der Ceibs
beginnen. Ihr Arbeitgeber Bayer zahlte nicht nur die Studi-
engebühren, sondern auch einen Teil ihres Gehalts weiter.
Rund 60 Prozent ihrer Kommilitonen kamen aus China und
den angrenzenden Ländern. Die übrigen Studenten kamen
ebenfalls überwiegend aus Asien. Es gab aber auch noch
vier weitere Deutsche. Der große Anteil der Chinesen sei
gewollt, meint die MBA-Absolventin. Weil die Studenten
aus allen Bereichen kamen (vom Militär über Staatsunter-
nehmen bis hin zu Weltkonzernen), konnte man alle Facet-
ten der chinesischen Wirtschaft kennenlernen.
In China ist vieles anders als in Europa. Die Unterschiede
reichen vom Verhalten in der Gruppe oder dem persönli-
chen Netzwerkmanagement bis hin zu betriebswirtschaft-
lichen Gepflogenheiten wie der Beurteilung von Eigenka-
pitalquoten, die für ausländische Unternehmen in China
mitunter deutlich höher angesetzt werden als in westli-
chen Ländern. „Den Professoren ging es immer darum,
das Spannungsverhältnis herauszuarbeiten und das dua-
Porträt.
Josephine Schoenemann, 25, kam nach dem Abitur zum Pharma- und Chemiekonzern
Bayer. Nach der Ausbildung zur Industriekauffrau absolvierte sie berufsbegleitend ein Bachelor-
Studium in „Business Administration“ an der FH der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.
Josephine Schoene-
mann.
Ihr Arbeitgeber
erlaubte ihr, sich eine
MBA-Schule in Asien
selbst auszuwählen.
listische Verständnis zu fördern“, erklärt Schoenemann.
Zudem wurde eine sogenannte „China Discovery Week“
veranstaltet, bei der Experten aus verschiedenen Fachbe-
reichen Einblicke in die wirtschaftlichen und politischen
Beziehungen Chinas zum Rest der Welt gaben.
Von Grund auf verstehen, wie China funktioniert
Besonders lehrreich waren für Schoenemann jedoch
die beiden Strategie-Projekte, in denen sie im Team drei
Monate lang für ein Unternehmen ein reales Thema zu
bearbeiten hatte. „Wir mussten untereinander Teams
bilden und uns dann für eines der angebotenen Projekte
bewerben“, berichtet sie. Und weil die Projekte von Partner-
firmen der Business School eingereicht werden, landete
sie mit ihrem Team bei der Frma „Bayer Material Science“.
Dort entwickelte sie ein finanzielles Modell zur Schaffung
von Synergien im Forschungsbereich, das inzwischen vom
Unternehmen auch genutzt wird.
Nach dem MBA-Studium übernahm Schoenemann einen
Job als Business Partner Accounting für „Bayer Crop Sci-
ence“ in deren Zentrale in Monheim am Rhein. „Ich wollte
einfach noch mal von Grund auf verstehen, wie die Pro-
zesse zur Unternehmenssteuerung funktionieren“, sagt
sie. Nach gut einem Jahr in Deutschland geht es im Juni
wieder nach China, wo sie zunächst für mindestens ein
Jahr die Integration einer lokalen Geschäftseinheit unter-
stützen wird. „Mein Traum ist es, vielleicht in fünf Jahren
CFO bei einer kleinen Landesgesellschaft zu sein“, hofft
sie. Aber dafür müsse sie flexibel sein. Doch das MBA-Stu-
dium helfe ihr auch bei einer Karriere in anderen Teilen der
Welt. Schoenemann: „Wenn ich einen Job im Verkaufsbe-
reich in den USA habe und die Fabrik in China steht, muss
ich doch auch wissen, wie dort das Geschäft funktioniert.“
Bärbel Schwertfeger
Foto: privat/CEIBS
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