training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
05_2015
identifizieren“ oder „Mit Serviceleistun-
gen den Umsatz steigern“. Oder „Höhere
Pro-Kopf-Umsätze im Fachhandel erzie-
len“. Oder „Kunden Wartungsverträge
schmackhaft machen“. Sie sehen, hinter
jedem Thema verbergen sich zahllose
Subthemen, die interessante Artikelthe-
men wären. Das sei an einem weiteren
Beispiel illustriert.
Beispiel: Als Konflikt-
moderator Profil zeigen
Im deutschsprachigen Raum gibt es ein
unüberschaubares Heer von Konfliktbe-
ratern. Entsprechend häufig werden den
Zeitschriften Artikel zum Thema Kon-
fliktmoderation offeriert. Diese sind in
der Regel „blutleer“, denn in ihnen wird
meist nur schematisch ein bestimmtes
Vorgehen beschrieben, ohne auf konkrete
Problemkonstellationen einzugehen – ge-
rade so, als seien alle Konflikte identisch
und könnten nach einem Schema F gelöst
werden.
Dabei gibt es allein im Privatbereich völ-
lig unterschiedliche Konflikte. Zum Bei-
spiel Konflikte zwischen Lebens- und
Liebespartnern. Oder Konflikte zwischen
Eltern und ihren pubertierenden Kindern.
Oder Konflikte zwischen Nachbarn. Und
schaut man sich die einzelnen Konflikt-
konstellationen an, dann können die
Konfliktursachen erneut völlig verschie-
den sein. So können sich Lebenspartner
zum Beispiel streiten, weil sie sich nicht
mehr lieben. Sie können aber auch noch
im „Honeymoon“ sein und sich trotzdem
beispielsweise wegen der Kindererzie-
hung in die Haare geraten. Oder sie sind
sich uneins darüber, ob das gemeinsame
Einkommen gespart oder verprasst wer-
den soll. Neben der Ursache der Kon-
flikte, ist auch die Art, darauf zu reagie-
ren, verschieden. So beginnen manche
Personen in solchen Situationen zu keifen
und den Partner mit Vorwürfen zu über-
ziehen, andere ziehen sich in ihr persönli-
ches Schneckenhaus zurück. Also wären
auch Artikelthemen möglich wie: „Hilfe,
mein Partner redet nicht mehr mit mir“.
Oder „Was tun, wenn der Partner das
Geld verprasst?“
Ähnlich verhält es sich mit Konflikten im
Business-Kontext. Auch hier gibt es völ-
lig verschiedene Konfliktkonstellationen.
Mal liegen sich Kollegen in den Haaren.
Mal kann ein Mitarbeiter nicht mit sei-
nem Chef oder umgekehrt. Mal bestehen
Spannungen zwischen Abteilungen oder
Bereichen. Mal stimmt die Chemie zwi-
schen einem Unternehmen und seinen
Lieferanten oder Kunden nicht. Ebenso
verschieden sind die Konfliktursachen.
Mal sind die Führungskräfte unterschied-
licher Auffassung darüber, wie sich das
Unternehmen entwickeln sollte und
wofür folglich die Ressourcen verwendet
werden sollten. Mal streiten sich die Mit-
glieder eines Projekts darüber, wer was
bis wann tut und wer welche Befugnisse
hat. Und mal fühlen sich einige Mitarbei-
ter einer Abteilung schlicht von ihrem
Chef benachteiligt.
Bei allen genannten Konflikten ist sowohl
die Konfliktkonstellation als auch der
Konfliktinhalt verschieden. Also muss
auch das Vorgehen bei der Konfliktlö-
sung partiell verschieden sein. Folglich
lassen sich hieraus auch verschiedene
Artikelthemen ableiten – Artikelthemen,
bei denen die Redakteure viel eher Ja zu
einer Veröffentlichung sagen, als wenn
ihnen ein allgemeines Manuskript zum
Thema Konflikte offeriert wird. Denn weil
diese Artikel auf bestimmte Konfliktkon-
stellationen und -situationen eingehen,
sind ihre Inhalte auch konkreter. Folglich
bieten sie auch den Lesern mehr Nutzen.
Je konkreter ein Artikel ist, umso größer
ist seine Chance, publiziert zu werden.
Doch darüber, was konkret bedeutet,
gehen die Vorstellungen von Beratern
und Redakteuren oft auseinander. Berater
erachten einen Artikel oft schon als kon-
kret, wenn er sich zum Beispiel mit dem
Gestalten von Veränderungsprozessen
befasst. Ein Redakteur hingegen denkt:
„Ein Veränderungsprozess kann alles
mögliche sein. Wenn in einem Unterneh-
men die Büros neu gestrichen werden, ist
dies auch ein Veränderungsprojekt. Ein
Changeprojekt ist es auch, wenn ein Be-
trieb eine neue CRM-Software einführt.
Und wenn ein Firmeninhaber seinem
Sohn das Ruder übergibt? Dann ist dies
ebenfalls ein Veränderungsprozess. Um
welche Art von Changeprozessen geht es
also, wenn der Berater von Changema-
nagement spricht?“
Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der
vorgestellten Problemlösung. Auch sie ist
den Redakteuren oft zu „nebulös“. Meist
beschränkt sich die von Beratern in ihren
Artikeln zum Thema Changemanagement
vorgestellte Problemlösung darauf, dass
sie zunächst darauf verweisen, dass Un-
ternehmen beim Gestalten von Change-
prozessen nicht ausreichend beachten,
dass strukturelle Veränderungen Aus-
wirkungen auf die Unternehmenskultur
haben. Danach beschreiben sie mehr
oder minder ausführlich die Phasen, die
Mitarbeiter beim Verarbeiten von Verän-
derungen durchlaufen. Mehr Infos erhält
man in 95 Prozent der Artikel zum Thema
Changemanagement nicht. Entsprechend
gelangweilt reagieren die meisten Fach-
redakteure, wenn ihnen erneut ein Ma-
nuskript offeriert wird, das letztlich nur
die Phasen eines Trauerprozesses nach
Elisabeth Kübler-Ross beschreibt. Denn
sie wissen: Diese Info reißt unsere Leser
nicht mehr vom Hocker.
Also gilt es auch hier, zunächst inter-
essante, weil nicht so allgemeine (und
somit oberflächliche) Themen zu identi-
fizieren. Nicht nur, um das Interesse der
Redakteure zu wecken, sondern auch um
den Lesern von deren Magazinen indirekt
zu zeigen: Ich habe mehr Praxiswissen
als die meisten meiner Beraterkollegen.
Denn nur so können Sie letztlich als Be-
rater deren Interesse an Ihnen und Ihrer
Leistung wecken. Mit 08/15-Themen ge-
lingt Ihnen das nicht.
Bernhard Kuntz
R
Bernhard Kuntz,
Inhaber der Pro-
filberater GmbH,
hat zum 20-jäh-
rigen Bestehen
seiner Beratungsfirma das kosten-
lose E-Book „Beratung, Training und
Coaching verkaufen“ verfasst. Kuntz
ist außerdem Autor der Fachbücher
„Warum kennt den jeder?“, „Die
Katze im Sack verkaufen“ und „Fette
Beute für Trainer und Berater“.
Die Profilberater GmbH
Eichberg 1, 64285 Darmstadt
Tel. 06151 89659-0
AUTOR