Auch das noch
Die teure Aktenwanderung
Die Weitergabe von Unterlagen stieß der Vermieterin eines Hauses in
einem Fall, den das AG München auf dem Tisch hatte, sauer auf.
Die Vermieterin hatte gegen ihre Mieter einen Prozess verloren, in dem
es um die richtige Wohnfläche ging. In dem Verfahren war festgestellt
worden, dass das Haus tatsächlich deutlich kleiner ist als im Mietvertrag
angegeben und die Miete dementsprechend reduziert. Nach dem Prozess
gaben die Mieter ihre Prozessunterlagen samt Wohnflächenberechnung
an die Vormieter weiter. Das veranlasste diese, ebenfalls Miete zurück-
zufordern – stattliche 15.000 Euro. Die Vermieterin sah in der Weitergabe
einen eklatanten Vertrauensbruch und kündigte fristlos. Die Mieter hätten
die Unterlagen allein deshalb weitergereicht, um ihr zu schaden.
„Es war keineswegs verwerflich, die Unterlagen weiterzugeben“, sagte
das AG München (Urteil v. 21.5.2014, 452 C 2908/14) und wies die
Räumungsklage ab. Die Mieter hätten ihre mietvertraglichen Pflichten
dadurch nicht verletzt, zumal die Vormieter ohnehin beim Gericht Akten-
einsicht hätten nehmen können. Sie hätten nämlich ein rechtliches Inte-
resse daran, die Unterlagen in ihrem eigenen Prozess zu verwenden.
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IMPRESSUM
Der Verwalter-Brief
mit Deckert kompakt
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Der nächste Verwalter-Brief erscheint am 7.12.2015.
Standpunkt
Dr. Dr. Andrik Abramenko, Richter am LG,
Idstein
Noch `ne Reform?
Die juristischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Miet-
rechtsreform 2013 - geschweige denn diejenigen der Mietpreis-
bremse aus diesem Jahr - sind noch kaum im Einzelnen absehbar,
da bastelt der Gesetzgeber schon wieder am Mietrecht herum.
Diesmal soll der Mietspiegel und die Modernisierung reformiert
werden. Abgesehen von den juristischen Verlagen, die an derlei
gesetzgeberischer Hyperaktivität und den damit verbundenen
Einführungswerken und Neuauflagen ihre Freude haben, blickt
die Fachwelt eher skeptisch nach Berlin: Noch `ne Reform?
Hier dürfte aber im Gegensatz zu manch früherem – eher als
politischem Aktionismus anzusehendem – Gesetzgebungs-
vorhaben echter Handlungsbedarf bestehen. Die Regelungen
zur Mietpreisbremse nehmen in weitem Umfang Bezug auf
Mietspiegel, die aber selbst in größeren Städten häufig nicht
existieren oder jedenfalls nicht aktuell sind. Die vorhandenen
Mietspiegel folgen keinen einheitlichen Vorgaben, so dass die
vom Mietrechtsnovellierungsgesetz 2015 vorausgesetzte Ein-
heitlichkeit der Beurteilungsgrundlagen gerade nicht gegeben
ist. Hinzu kommt die auf diese Not regierende Rechtsprechung,
die sich mit einem prozessualen Kniff an die Stelle des Gesetz-
gebers setzt und einfache Mietspiegel praktisch zu qualifizierten
Mietspiegeln erhebt. Ähnlich steht es mit der Modernisierung.
Das eigentliche Problem, nämlich die Verdrängung vorhandener
Mieter durch aufwendige Sanierungen und die damit einherge-
henden drastischen Mieterhöhungen, ist die Mietpreisbremse
erst gar nicht angegangen. Man kann hier also mit einem ge-
wissen Nachdruck noch `ne Reform verlangen. Nur durchdacht
und handwerklich gut gearbeitet sollte sie schon sein, auch
wenn das etwas mehr Zeit und vielleicht auch die mehr als nur
dem guten Schein dienende Heranziehung auswärtigen Sach-
verstandes erfordert.
Zitat
Lebensklugheit bedeutet: Alle Dinge möglichst wichtig,
aber keines völlig ernst nehmen.
Arthur Schnitzler (1862-1931), österreichischer Schriftsteller
Cartoon