Der Verwalter-Brief 11/2015 - page 6

treten und die notwendigen Angaben abfragen. Dieser Informationen
bedarf er auch mit Blick auf seine Ermächtigung (§ 27 Abs. 3 Satz 1
Nr. 7 WEG; Anmerkung 4). Die Vertragsbedingungen zu bestimmen,
gehört zum Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer, das
grundsätzlich nicht durch Beschluss auf Dritte delegiert werden kann.
Die konkrete Nennung wenigstens der Darlehenshöhe, des Zinses, der
Tilgung und des Laufs des Vertrags dient ferner der Transparenz, aber
auch der Bestimmtheit des Beschlusses. Alternativ kann auf eine dem
Beschluss beigefügte Anlage verwiesen werden, aus der sich alles
Notwendige ergibt. Die Anlage kann auch ein konkreter, noch nicht
unterschriebener Darlehensvertrag sein. Wird so vorgegangen, sollte
der Beschluss auf die Anlage verweisen und diese sollte als Anlage
zur Niederschrift genommen werden. Ferner sollte die Anlage Teil der
Beschluss-Sammlung werden.
4. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss beim Vertrags-
schluss vertreten werden. Originär sind nach § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG
die Wohnungseigentümer dazu berufen, weil es an einer gesetzlichen
Vollmacht des Verwalters fehlt. Dies ist allerdings wenig praktikabel.
Die Wohnungseigentümer dürften weder Zeit noch Lust haben, in
ihrer Gesamtheit den Darlehensvertrag als Vertreter abzuschließen.
Entweder bedarf es daher eines Beschlusses nach § 27 Abs. 3 Satz 3
WEG. Oder die Wohnungseigentümer ermächtigen nach § 27 Abs. 3
Satz 1 Nr. 7 WEG den Verwalter. Hier stellt sich das Problem, dass die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verbraucherin angesehen
wird. Diese Sichtweise könnte es mit sich bringen, dass § 492 Abs. 4
Satz 1 BGB anwendbar ist. Danach gelten § 492 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
(„auch für die Vollmacht, die ein Darlehensnehmer zum Abschluss
eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt“).
Gegen
eine Anwendung
spricht zwar entscheidend, dass der Verwalter gar kein Vertreter der
Wohnungseigentümergemeinschaft ist und ihm auch keine Vollmacht
erteilt wird. Denn der Verwalter ist Organ der Wohnungseigentümer-
gemeinschaft. Der Beschluss (oder die Vereinbarung) nach § 27 Abs.
3 Satz 1 Nr. 7 WEG erweitert daher seine Organbefugnisse, macht
ihn aber nicht zum (partiellen) Vertreter der Gemeinschaft. Da die-
se Sichtweise aber
noch ungesichert
ist und die richtige Antwort
gegebenenfalls sogar europarechtliche Implikationen besitzt, sollte
zurzeit die Ermächtigung § 492 Abs. 1 und Abs. 2 BGB entsprechen
(s.a. Derleder, Die Sicherung von Krediten an die Wohnungseigentü-
mergemeinschaft, ZWE 2010, S. 10, 11; Bärmann/Merle/Becker, WEG,
13. Aufl. 2015, § 27 Rn. 241 m.w.N.). Die Verwaltervollmacht sollte
mithin die von § 492 BGB – unter Beachtung der dortigen Alternativen
– verlangten notwendigen Angaben enthalten. Dies sind vor allem:
der Nettodarlehensbetrag, der Gesamtbetrag aller von der Wohnungs-
eigentümergemeinschaft zur Tilgung des Darlehens sowie zur Zahlung
der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen, die
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Art und Weise der Rückzahlung des Darlehens, der Zinssatz und alle
sonstigen Kosten des Darlehens im Einzelnen, der effektive Jahreszins
und die Kosten einer Restschuld- oder sonstigen Versicherung, die im
Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen
wird, und zu bestellende Sicherheiten.
5. Der Kreditgeber wird regelmäßig wissen wollen, „wer“ hinter der
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer steht. Dazu müssen ihm
wenigstens die Wohnungseigentümer und ihre Miteigentumsanteile
offenbart werden. Für einen entsprechenden Beschluss dürfte eine
Beschlusskompetenz bestehen. Datenschutz steht nicht entgegen.
Weitergehend eine Selbstauskunft zu beschließen, ist hingegen wohl
nicht möglich. Ein entsprechender Beschluss wäre wohl nichtig. Auch
dass auf die Sondereigentumsrechte eine Grundschuld oder Hypo-
thek in Höhe der Haftung im Außenverhältnis eingetragen werden
soll, kann nicht beschlossen werden.
6. Der Verwalter sollte angewiesen werden, zur Bedienung der geschul-
deten Kreditraten im Wirtschaftsplan eine entsprechende Position
vorzusehen. Die Raten werden dann mit dem laufenden Hausgeld
bedient, soweit es auf die Betriebs- und Verwaltungskosten entfällt.
Reichen diese Mittel nicht aus, sieht der Beschluss einen kurzfristigen
Rückgriff auf die Rückstellung vor. Steht ein Liquiditätsengpass für ei-
nen längeren Zeitraum zu befürchten, sollten allerdings – wie vorge-
sehen – die Wohnungseigentümer mit dem Problem befasst werden.
7. Damit keine unnötigen Schritte begangen, eine einstweilige Verfü-
gung nicht provoziert und gegebenenfalls unnötig Mittel verwandt
werden, sollte der Beschluss erst nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG durch-
geführt werden, wenn er bestandskräftig ist oder eine gegen ihn
erhobene Klage erfolglos blieb.
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Weiterführende Informationen:
Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer,
Muster-Beschluss
2182038
Dr. Oliver Elzer
ist Richter am
Kammergericht
Berlin. Er publi-
ziert regelmäßig
zum Wohnungs-
eigentumsrecht
und leitet Semi-
nare für Verwalter, Beiräte, Woh-
nungseigentümer, Rechtsanwälte
und Richter.
DER AUTOR
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