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Organisation
Rainer Hum-
melsheim ist
I mmo b i l i e n -
kaufmann und –
fachwirt. Neben
verschiedenen
Lehraufträgen
an den Hochschulen Mittweida
und Anhalt sowie der BA Leipzig
ist er auch als Honorardozent in
der Ausbildung von IHK-Immobili-
enfachwirten und IHK-Immobilien-
kaufleuten tätig.
DER AUTOR
Energievergleichsportale –
Fluch oder Segen?
Dipl.-Kfm. Rainer Hummelsheim MRICS, Leipzig
Die Energiekosten steigen und steigen. Im Zeitraum von 2000 bis
2014 sind die Stromkosten jährlich um durchschnittlich 7,4 % ge-
stiegen, die Heizkosten jährlich um durchschnittlich 7,8 %. Dies
führt zu Sorge, Verärgerung und Frustration bei den Verbrauchern.
Verwalter und Vermieter sind gesetzlich und ihren Kunden gegenüber
verpflichtet, die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten.
Regelmäßig wird Verwaltern und Vermietern im Rahmen der jährlichen
Abrechnungen mit Bezug auf Vergleichsangebote von Internetportalen
vorgehalten, dass die Energiekosten zu hoch sind. Eine kritische Analyse
über die Qualität der Internetportale ist daher längst überfällig.
Privat- und Geschäftskunden werden unterschieden
Die Vergleichsportale sind auf die Angebote für Privatkunden, also Mie-
ter und Selbstnutzer, für deren privaten Energieverbrauch in klar defi-
nierten Postleitzahlgebieten spezialisiert. Im Bereich der Geschäftskun-
den, für Vermieter und Verwalter, sind nur wenige Anbieter spezialisiert.
Die Vergleichsportale sind demzufolge für gewerblichen Verwalter und
Vermieter nicht wirklich hilfreich.
Vergleichsportal = „unabhängige“ Plattform?
Die Werbung der Vergleichsportale wie Check24, Verivox, Preisvergleich,
Toptarif u. a. klingt immer verlockend. Sie versprechen als vermeintlich
unabhängige Plattform den größtmöglichen Vorteil für den Nutzer: ein
paar Klicks im Internet und schon erscheinen die individuell günstigsten
Angebote. Es wird geworben mit „Wir vergleichen unabhängig, neutral
und transparent“, „Objektiv und übersichtlich“ oder „Verbraucher kön-
nen direkt zum für Sie besten Anbieter wechseln.“
Aber:
Kein Vergleichsportal bildet den kompletten Markt ab. Wer also
verschiedene Vergleichsportale auswählt, bekommt immer unter-
schiedliche Ergebnisse. Laut Untersuchung der Verbraucherzentrale geht
es den Betreibern der Vergleichsportale mehr um den eigenen Profit
als um Kundennähe. Die Portale sind nicht unabhängig, auch wenn sie
sich gerne selbst so darstellen! In den meisten Fällen kassieren die
Vergleichsportale Provisionen für vermittelte Verträge. Energieanbieter,
die eine Provisionszahlung ablehnen, werden oft gar nicht erst gelistet.
Stiftung Warentest hat Vergleichsportale untersucht und kritisiert, dass
provisionsfreie Angebote in der Standardsuche meist nicht unter den
ersten Treffern aufgelistet werden und somit die Suchergebnisse nicht
immer die verbraucherfreundlichsten sind. Laut Recherche der Verbrau-
cherzentralen stehen auf den ersten 4 oder 5 Plätzen immer noch An-
bieter, über die sich Beschwerden häufen und gegen deren Praktiken
teilweise vor Gericht vorgegangen wird.
Negativbeispiel Teldafax
Ein besonderes Negativbeispiel ist der Billigstromanbieter Teldafax, der
als Billiganbieter Hunderttausende Neukunden anlockte. Diese zahlten
per Vorkasse und verloren 2011 nach der Pleite von Teldafax drei- bis
vierstellige Summen.
Kritische Stimmen
Stiftung Warentest hat festgestellt, dass kein Vergleichsportal wirklich
gut ist. Zu oft landen Tarife mit unfairen Bedingungen vorn. Laut Stiftung
Warentest ist ein Portal kein verlässlicher Partner für Verbraucher.
Bei den meisten Vergleichsportalen lauert die Gefahr in den Voreinstel-
lungen. Hier können Angaben zu Nutzerwechselgebühren, Vorauskasse,
Kautionszahlungen oder Neukundenboni vorgenommen werden. Neu-
kundenboni werden aber oft erst im 2. Vertragsjahr oder nach dem Ak-
zeptieren neuer Geschäftsbedingungen ausgezahlt, was einen erneuten
Wechsel zu Lasten der Verbraucher erschwert.
Die Sendung „Plusminus“ hat am 21.01.2015 berichtet, dass das Ener-
gieportal Verivox den Energieanbietern Preisabsprachen und Platzierun-
gen angeboten hat und kommt zu der Erkenntnis, dass dieses Ener-
gieportal kein transparentes und unabhängiges Verbraucherportal ist,
sondern vor allem ein Unternehmen, das selbst Geld verdienen will.
Mehr Transparenz ist wünschenswert
Mittlerweile fordert auch das Verbraucherschutzministerium mehr Trans-
parenz in der Weise, dass Verbraucher künftig auf Vergleichsportalen
besser über diese Portale selbst informiert werden. Laut Verbraucher-
schutzministerium sind die Methoden der Portale oft undurchsichtig, da
der Verbraucher nicht einschätzen kann, wie ein Ranking ermittelt wird,
welche Anbieter berücksichtigt oder ob negative Bewertungen über-
haupt überprüft werden. Auch stelle sich die Frage, wie manipulations-
anfällig die einzelnen Portale sind. Nur wenige Portalbetreiber sind der
Gesprächseinladung des Verbraucherschutzministeriums Anfang 2015
gefolgt. Verbraucher können nur hoffen, dass hier zeitnah ein echter
Verbraucherschutz geschaffen wird.
Musterprozess soll Klarheit bringen
Im September 2015 hat der Verband der Versicherungskaufleute Kla-
ge gegen Check24 wegen Irreführung der Verbraucher eingereicht.
Begründung: Check24 tarne sich als Preisvergleichsportal, arbeite aber
genau wie ein Makler und kassiere Provisionen, wenn ein Kunde einen
Vertrag abschließt. Der Kunde könne dies aber nicht erkennen. Mit der
Klage strebt der Verband einen Musterprozess an, der Auswirkungen auf
andere Vergleichsportale haben könnte.
Etwas Gutes hat es doch
Die Vergleichsportale haben aber auch einen (kleinen) Segen. Sie kön-
nen als Kompass dienen im Dickicht der vielen Energieanbieter. Und da-
mit als Gesprächsgrundlage für Vertragsverhandlungen von Verwaltern
und Vermietern mit Energie-
versorgern. Auch die Verbrau-
cherzentrale bestätigt, dass
Vergleichsportale ein geniales
Medium für einen ersten Über-
blick sein können, allerdings
mit der Prämisse: „Vergleichen
Sie die Vergleichsportale“.
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Weiterführende
Informationen:
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
HI2626040