Der Verwalter-Brief 11/2015 - page 5

Niederschrift lasse sich nicht entnehmen, dass über das Risiko einer
Nachschusspflicht unterrichtet worden sei.
Wo stehen wir jetzt?
Der BGH hatte bereits im Jahre 2012 geklärt, dass es eine Beschluss-
kompetenz gibt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ei-
nen Darlehensvertrag schließt. Wann dieser Beschluss
ordnungsmä-
ßig
ist, blieb damals allerdings offen.
Die aktuelle Entscheidung schlägt insoweit Pflöcke ein. Es kommt zwar
auf den Einzelfall ein. Es ist aber
klarer
geworden, welche Abwägun-
gen die Wohnungseigentümer anzustellen haben. Vorrangig ist danach
zu prüfen, ob es (auch) möglich ist, die Mittel über die Instandhaltungs-
rückstellung oder eine Sonderumlage aufzubringen. Ferner ist zu prü-
fen, ob die zu finanzierende Maßnahme dringlich ist. Schließlich kommt
es auf die Kreditkonditionen an. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass
ein Kreditbeschluss entgegen anders lautender, veralteter Stimmen ein
normaler Verwaltungsbeschluss ist (BGH v. 28.9.2012, V ZR 251/11,
NJW 2012 S. 3719 Rn. 7). Eine besondere Mehrheit muss grundsätz-
lich nicht erreicht werden. Notwendig, aber auch ausreichend ist eine
Mehrheit von Ja-Stimmen gegenüber den abgegebenen Nein-Stimmen.
Werden die Kosten wegen einer baulichen Veränderung im weitesten
Sinne abweichend vom Grundsatz des § 16 Abs. 2 WEG verteilt, muss
die nach § 16 Abs. 4 WEG erforderliche Mehrheit erreicht werden.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Der BGH hat für den Beschluss eine „Belehrungspflicht“ eingeführt, die
nur die Verwalter sinnvoll erfüllen können, und er hat erstmals – sehr
merkwürdig und der Sache nach kaum haltbar – Vorgaben für die Nie-
derschrift gemacht. Der BGH hat ferner für den Kreditbeschluss Maß-
gaben vorgegeben, die über die meisten bisherigen Formulare weit
hinausgehen. Anbei mein Vorschlag für einen Kreditbeschluss nebst
Anmerkungen, der den Vorgaben des BGH genügen sollte.
Anmerkungen zum Musterbeschluss
1. Das nachstehend vorgestellte Muster versucht einigen rechtlichen
Problemen eines Kreditbeschlusses soweit wie möglich sachgerecht
zu begegnen. Besonderheiten für Fördermittel enthält es bewusst
nicht (auf Fördermittel muss der Verwalter gegebenenfalls hinwei-
sen; dieser Frage ist aber streitig).
2. Die Aufnahme eines Kredits dient einem bestimmten Zweck. Eine
Kreditaufnahme ohne konkreten Zweck ist nicht ordnungsmäßig. Der
Kreditbeschluss sollte diesen Zweck so genau wie möglich beschrei-
ben. Durch Zweckbindung wird erreicht, dass die aufgebrachten Mittel
– kommt es nicht zu einer zu beschließenden Umwidmung – im Innen-
verhältnis für keinen anderen Zweck benutzt und zweckentfremdet
werden dürfen (im Außenverhältnis gilt dieses nicht). Die Nennung
des Kreditzwecks dient darüber hinaus der Bestimmtheit des Kredit-
beschlusses. Beschließen die Wohnungseigentümer, dass nicht jeder
Einzelne von ihnen einen Kreditvertrag schließen soll, sollte – auch
wenn anderes rechtlich und tatsächlich möglich ist – die Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer Kreditnehmerin werden. Dass die Woh-
nungseigentümer neben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
zusätzlich Vertragspartei werden, empfiehlt sich nicht und kann auch
nicht beschlossen werden. Der Kreditgeber wird regelmäßig als „Ei-
genkapital“ eine zusätzliche Finanzierung der gewollten Maßnahme
durch die Wohnungseigentümer anstreben. Diese ist hier durch eine
Entnahme aus der Rückstellung vorgesehen. Eine Entnahme ist bei
der Finanzierung einer Erhaltungsmaßnahme, aber auch bei anderen
Maßnahmen durch eine „Umwidmung“ – die einen Sockelbetrag der
Rückstellung unberührt lässt – möglich. Neben oder anstelle der Rück-
stellung kann auch eine Sonderumlage beschlossen werden.
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3. Der Kreditbeschluss muss den Kreditgeber nennen und mit Blick auf
§ 492 BGB (Schriftform beim Verbraucherdarlehensvertrag) die Bedin-
gungen, zu denen der Kreditvertrag geschlossen werden soll, so genau
wie möglich beschreiben. Ein von der Gemeinschaft der Wohnungs-
eigentümer geschlossener Kreditvertrag ist Verbraucherdarlehen (BGH
v. 25.03.2015, VIII ZR 243/13), sodass die Angaben nicht entbehrlich
sind (Derleder, Die Sicherung von Krediten an die Wohnungseigentü-
mergemeinschaft, ZWE 2010, S. 10, 11). Der Verwalter sollte dazu zeit-
nah mit dem oder den Kreditgebern vor der Versammlung in Kontakt
Muster: Kreditbeschluss
1. Die Mittel für ... (Benennung der konkreten Maßnahme, am
besten durch Verweisung auf einen anderen Beschluss) sollen
neben einer Entnahme in Höhe von … EUR aus der Instandhal-
tungsrückstellung (alternativ/kumulativ: durch eine Sonderum-
lage in Höhe von Dax EUR) durch Aufnahme eines Darlehens in
Höhe von ... EUR durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentü-
mer beschafft werden.
2. Der Darlehensvertrag soll mit ... (Kreditgeber) auf … Jahre ge-
schlossen werden. Der Zins darf ... % nicht übersteigen, die Til-
gung soll auf ... Jahre angelegt sein. Ferner gilt Folgendes: ...
(Anmerkung 3).
3. Der jeweilige Verwalter wird gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7
WEG ermächtigt, im Namen und Vollmacht der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer einen Kreditvertrag mit dem Kreditgeber
mit den unter Ziffer 1) und Ziffer 2) genannten Bedingungen
zu schließen. Gegebenenfalls notwendige Unterlagen sind vom
Verwalter – gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sonderfach-
leuten – einzureichen. Alle in diesem Zusammenhang anfallen-
den Kosten werden von der Gemeinschaft der Wohnungseigen-
tümer, zulasten der Instandhaltungsrückstellung, übernommen.
Mit Blick auf § 492 Abs. 4 BGB wird ferner Folgendes bestimmt:
… (Anmerkung 4).
6. Dem Kreditgeber sind vom Verwalter sämtliche Wohnungsei-
gentümer mit Namen und Adresse, Geburtsdatum und Höhe der
Miteigentumsanteile bekannt zu geben. Dies gilt auch für die
Wohnungseigentümer, die nach Ziffer 2 ein Lösungsrecht besit-
zen. Ferner dürfen die Hausgeldrückstände der letzten 3 Jahre
offenbart werden (Anmerkung 5).
7. Zins und Tilgung (Kreditraten) sollen über das Hausgeld aufge-
bracht werden. Im Wirtschaftsplan ist eine entsprechende neue
Position vorzusehen. Bei der Bemessung der Hausgelder sind Zif-
fer 2 und 3 zu beachten. Der Verwalter ist befugt, zur Bedienung
der Kreditraten bei Liquiditätsengpässen für einen Zeitraum von
3 Monaten Mittel aus der Instandhaltungsrückstellung zu entneh-
men. Wenn über einen längeren Zeitraum ein Engpass bevorsteht,
ist eine Eigentümerversammlung einzuberufen (Anmerkung 6).
8. Dieser Beschluss ist erst durchzuführen, wenn er sowie der Be-
schluss über die zu finanzierende Maßnahme, nämlich …, be-
standskräftig sind oder eine gegen sie gerichtete Anfechtungs-
klage rechtskräftig abgewiesen ist (Anmerkung 7).
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündet folgendes Beschlussergebnis:
Der Beschluss, ____ (Inhalt), wurde angenommen/abgelehnt.
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12
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