personalmagazin 3/2019 - page 23

Organisationsstrukturen
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aus seiner Sicht Zielführendes macht, aber dass die einzelnen
Arbeitspakete nicht aufeinander abgestimmt sind.
In den Unternehmen, die ich besucht habe, wird dagegen
alles stark durchgesteuert. Schon bei den Key Results wird
genau eingegrenzt, was herauskommen soll. Es wird ein klarer
Handlungsrahmen vorgegeben. Das basisdemokratische Ele-
ment steht nicht so sehr im Vordergrund. Teams werden primär
durch die Entwicklung der Teamvision und die selbstbestimmte
Festlegung von Themenschwerpunkten eingebunden. Aber die
OKRs zahlen sehr stark auf die Unternehmensziele ein. Es ist
eine grundsätzliche Herausforderung dafür zu sorgen, dass es
auf der einen Seite eine klare Orientierung gibt und auf der
anderen Seite die Teams das Gefühl haben, bestimmte Dinge
selbst steuern zu können.
Der größte Mehrwert der OKRs ist, dass die Unternehmen
von einer jährlichen Planung wegkommen. Allerdings nehmen
auch viele von den eigentlich vorgesehenen Quartalszielen Ab-
stand, weil das zu aufwendig ist. Sie gehen verstärkt auf einen
Viermonats- oder Halbjahresrhythmus, weil sie damit den Pla-
nungszyklus nicht so häufig neu durchführen müssen und weil
sich in dieser Zeit nicht so viel ändert. Außerdem messen die
Unternehmen nicht zwangsläufig alles bis auf den letzten Me-
ter, sondern definieren eher Anwendungsfälle: Wie wollen wir
dorthin kommen?
Das Theoriemodell hinter OKR – die genaue Definition, wie
etwas ausformuliert werden muss, und die Zeit, die für diese
Formulierungen aufgewendet werden muss – wird zunehmend
entspannter gesehen. Die Verantwortlichen merken, dass der
Aufwand zu groß ist, wenn sie sich genau an das Lehrbuch hal-
ten. Ich persönlich finde die OKR-Systematik grundsätzlich sinn-
voll, halte sie aber für überdimensioniert. Diese Meinung wurde
mir im Silicon Valley bestätigt. In den US-Unternehmen findet
aktuell ein Right-Sizing statt, bei dem der Aufwand auf die wert-
treibenden Elemente reduziert wird. Wir Deutschen sind dafür
bekannt, dass wir Prozesse sehr genau umsetzen und Themen
gut durchdacht angehen. Wir sollten von den Erfahrungen der
US-Unternehmen profitieren und überlegen, in welchen Fällen
eine detailgetreue Abbildung von Lehrbuchinhalten sinnvoll ist
und in welchen Abweichungen praktikabler sind.
Ähnliche Herausforderungen hier wie dort
Für die eigene HR-Arbeit brachte der Aufenthalt in den USA
zunächst die Bestätigung, dass die Unternehmen im Silicon
Valley auch nicht viel weiter sind und mit ähnlichen Heraus-
forderungen zu kämpfen haben. Für uns als Digitalunterneh-
men, das zahlreiche dieser Kultur- und Organisationselemente
aufweist, sind viele Elemente vergleichbar. Bei Unternehmen
anderer Branchen kann das ganz anders aussehen, da sie an-
dere Mitarbeiterstrukturen und Herausforderungen aufweisen.
Gerade beim Thema Hierarchien habe ich zahlreiche Parallelen
zwischen Visual Meta und den besuchten Tech-Unternehmen
festgestellt.
Auch wir haben in den Tech-Departments und Enginee-
ring-Teams wieder mehr Führungskräfte installiert. Vor zwei
Jahren, als ich zu Visual Meta kam, gab es eine hohe Führungs-
spanne mit 14 bis 15 Mitarbeitern pro Führungskraft. Da dies
viele Herausforderungen mit sich brachte, führten wir eine
Teamleiter-Ebene ein. Die Teamleiter sind Teil des Teams, pro-
grammieren mit und werden von einem Scrum Master unter-
stützt. Es war spannend zu sehen, dass es im Silicon Valley
ein Unternehmen gibt, das den gleichen Weg gegangen ist. Im
Gespräch mit der HR-Verantwortlichen zeigte sich, dass wir un-
abhängig voneinander die Bedeutung der Führungskraft gestärkt
haben, um die Produktivität der Teams sicherzustellen und um
als Ansprechpartner für die Mitarbeiter da zu sein.
Ein Punkt, den ich verstärkt in die Pflichtenhefte unserer
Führungskräfte schreiben will, ist die Verantwortung für die Zu-
friedenheit der Mitarbeiter. Es ist sinnvoll, Fluktuationsquoten
auf Führungskräfte oder Teams herunterzurechnen, um dann
zu handeln. Wir können uns schlechte Führungskräfte nicht
leisten, die Mitarbeiter vergraulen.
Auch die Feedback-Tools, die ich vor Ort kennenlernte, sind
eine weitere Überlegung wert. Bisher habe ich sie eher kritisch
gesehen. Aber vor Ort sah ich, dass die Tools immer intelligenter
werden. Die Bewertungen werden nicht nur gesammelt, sondern
auch visualisiert. So sieht man auf einen Blick, wie sich das
Feedback und die Performance-Bewertungen auf Team-, Abtei-
lungs- oder Unternehmensebene verteilen und wo es Ausreißer
gibt. Dadurch erhält HR ohne großen Aufwand einen guten
Überblick, wo in der Organisation genauer hingeschaut werden
sollte.
Einblick in Tech-Unternehmen
Diese Firmen wurden im Zuge des Silicon-Valley-Fellow-
ship-Programms von Axel Springer besucht. Unterschiede
zeigten sich vor allem zwischen jungen und etablierten
Unternehmen. Je jünger die Firmen sind, desto kürzer
bleiben die Mitarbeiter an Bord.
15 Five
Accenture
AON
Branch
Capital One
Contentful
De Winter Group
Good & Co
Infinion
Lattice
Nvidia
Omni Sci
Pandorra
SAP Successfactors
Smartrecruiters
Snowflake
Starfish Leadership
The Sourcery
Vungle
Zumper
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