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MANAGEMENT
_WISSENSCHAFTSTRANSFER
personalmagazin 05/15
E
ine Akquisition stellt immer ei-
nen Umbruch für die bestehen-
den Geschäftseinheiten dar und
fordert das (People-) Manage-
ment. Santiago Mingo hat sich deshalb
in seiner Studie mit den ökonomischen
Auswirkungen von Firmenzukäufen be-
schäftigt. Mittels einer methodisch auf-
wendigen Regressionsanalyse wurden
die intensiven Akquisitionserfahrungen
eines lateinamerikanischen Produzenten
aus der Agrarindustrie über einen lang-
jährigen Zeitraum durchleuchtet.
Was man sich merken sollte
An bisherigen Standorten des Käuferun-
ternehmens gibt es in der Post-Merger-
Phase drei Effekte mit unterschiedlichen
Konsequenzen auf betriebswirtschaft-
liche Ergebnisse: Erstens wird das Ma-
nagement vom etablierten Business
abgelenkt, weil seine Agenda mit der In-
tegration von neuen Einheiten gefüllt ist.
Die Integration zugekaufter Firmen ist
eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht
nur Geld des Unternehmens, sondern
auch Zeit des Managements kostet. Des-
halb bleiben Hausaufgaben liegen. Zwei-
tens findet ein Ressourcen-Transfer von
bestehenden in zugekaufte Einheiten
statt, die zur Belastung des bisherigen
Geschäfts führen. Drittens ermöglicht
der Know-how-Transfer zwischen Alt
und Neu eine wechselseitige Befruch-
tung. Dann steigt die Leistung sowohl in
der neuen als auch der alten Einheit.
Den Ausschlag, welche Effekte über-
wiegen, geben zwei Faktoren: geo-
Von
Martin Claßen
und
Christian Gärtner
grafische Nähe und Ähnlichkeit der
gekauften und etablierten Einheit. Zuge-
kaufte Unternehmen im Dunstkreis der
bestehenden Standorte werden gerne
und oft besucht. Ihre Pendants in der
weiten Ferne werden demgegenüber in
Ruhe gelassen. Zudem erleichtert räum-
liche Nähe den Ressourcen-Transfer von
Alt nach Neu. Die Last einer Akquisiti-
on tragen deshalb vor allem jene alten
Standorte, die unweit einer neuen Firma
liegen, da sie überwiegend für den Ma-
nagement- und Ressourcen-Transfer in
Richtung „Newcomer“ herhaltenmüssen.
Der zweite Faktor ist die Ähnlichkeit
– technisch und kulturell – zwischen al-
Erst der Kauf, dann die Kultur
SERIE.
Was können Personaler zu dem Erfolg eines Unternehmenskaufs beitragen?
Eine US-Studie aus dem Bereich der Agrarindustrie gibt dazu Anhaltspunkte.
Die Studie bezieht sich auf die Agrarindustrie, lässt aber allgemeine Rückschlüsse zu.
Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis.
Darum stellen Berater Martin Claßen und Wissenschaftler Christian Gärtner in den fol-
genden Ausgaben betriebswirtschaftliche Studien aus den USA mit ihren Kernergebnis-
sen vor und ziehen daraus Schlussfolgerungen für das deutsche Personalmanagement.
In diesem Serienteil geht es um die Studie „The impact of acquisitions on the perfor-
mance of existing organizational units in the acquiring firm: the case of an agribusiness
company“ von Santiago Mingo, die in „Management Science“ 2013, 59. Jahrgang, Nr. 12
erschienen ist.
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