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MANAGEMENT
_FÜHRUNGSKULTUR
personalmagazin 05/15
W
ir stehen heute in den
Unternehmen einer Kom-
plexität und Veränderungs-
dynamik aus dem Außen
gegenüber, mit der die Unternehmen im
Innen nicht Schritt halten können. Die
Verhaltensmuster wurden erlernt und
validiert in einer Zeit, in der außen noch
eine hohe Stabilität und Berechenbarkeit
herrschte und die Veränderungszyklen
länger waren. Doch das bisher weit ver-
breitete Denken in Funktionsbereichen
und Zuständigkeiten, in Rollen und
Aufgaben, eingepresst in hierarchische
Strukturen, häufig hilflos mit Durchhal-
teparolen verstärkt, gibt immer seltener
Antworten auf die sich so schnell än-
dernden Bedingungen im Außen.
Wir sind der Überzeugung, dass
dieseinen Wechsel vom Management
zum Leadership zwingend erforderlich
macht. Dahinter steht nicht weniger als
ein Paradigmenwechsel in Haltung und
Verhalten von Führungskräften (siehe
Tabelle). Statt sich auf die besten Prak-
tiken zu fokussieren und damit vermeint-
lich alles richtig zu machen, fokussiert
Leadership sich auf die Leistungserbrin-
gung und die handelnden Personen. Es
wird nach dem Nutzen für den Kunden
gefragt, der Sinn des Tuns jenseits der
Gewinnoptimierung gesucht. Diese ver-
änderten Praktiken („Next Practice“)
beruhen auf Haltungen, die öffnen und
mutig sind, ohne linear auf Lösungen
zu steuern. Fokus ist dabei die Zukunft.
Diese Haltung lädt Mitarbeiter ein mit-
zugestalten, setzt Raum und Rahmen
Von
Heribert Gathof
für Zusammenarbeit über Funktion und
Hierarchie hinweg. Dieser Rahmen er-
zeugt kollektive Intelligenz und fördert
die Weisheit der Vielen.
Wie kommt man zu „Next Practice“?
Sowohl die Wirtschaftswissenschaften
als auch angrenzende Wissenschaften
können helfen und gute Impulse geben,
um die besten Praktiken als professio-
nelle Basis unseres Tuns einzusetzen.
Es gibt dazu eine fast unüberschaubare
Zahl von Publikationen, entscheidend
ist, was daraus für die Praxis hilfreich
ist. Wir haben bei Eckes-Granini folgen-
de Erklärungsmuster ausprobiert und
als hilfreich erlebt.
• Management von Stabilität und Insta-
bilität nach Peter Kruse: Bei instabilen
und komplexen Bedingungen reicht das
bekannte Repertoire an Handlungsstra-
tegien nicht mehr aus. Kruse empfiehlt
die Selbstorganisation mithilfe der Bil-
dung von in sich handlungsfähigen Ein-
heiten und den bewussten Musterwech-
sel hin zu Next Practice.
• Unternehmens-Shiatsu – Energiefluss
nach Ruth Seliger: Der von Seliger be-
schriebene Energie-Check betrachtet
das Unternehmen aus drei Perspektiven
mit diesen Grundfragen: Ist mir Sinn
und Zielsetzung des Unternehmens
klar? Steht die Gemeinschaft dahinter?
Habe ich die Zuversicht, die Ressourcen,
das Know-how, um wirksam zu sein?
Und gibt es Einfluss, Raum zur Gestal-
tung, damit sich etwas entfaltet? Wenn
diese Fragen gut beantwortet und kom-
muniziert werden können, sind die Vor-
aussetzungen geschaffen, dass Energien
fließen können. Ist dies nicht der Fall,
gilt es ähnlich dem Shiatsu zu schauen,
wie der Energiefluss durch Kommunika-
tion wieder in Schwung kommen kann.
Leben im Saftladen
PRAXIS.
Eckes-Granini Deutschland hat seine Führungskultur grundlegend verändert.
Mini-Enterprises, Reflexions-Loops und junge Wilde prägen das Unternehmen nun.
LEISTUNGSERSTELLUNG
QUELLE: GATHOF, 2014
Die Tabelle stellt die Unterschiede zwischen Management (Funktionsoptimierung) und
Leadership (Veränderung) heraus.
Professioneller Einsatz der Instrumentarien,
Handlung in hierarchischen Strukturen und
Abläufen.
Ziel: schneller, effizienter werden. Man tut,
was man tut, heftiger.
Fokus: Heute, von der Vergangenheit
kommend.
FUNKTIONSOPTIMIERUNG
(Best Practice – Ressourcen-Nutzung)
Einladen, ermutigen, inspirieren, auspro-
bieren lassen, öffnen, vom Problem lösen,
gegebene Strukturen, Abläufe verändern.
Ziel: Möglichkeiten erkennen, neue ergän-
zende Angebote erspüren, entwickeln…
Fokus: Ab Morgen - Zukunft, aus der Zukunft
auf das Heute. Was ist wert getan zu werden?
VERÄNDERUNG
(Next Practice – Potenzialentfaltung)