PERSONALquarterly 1/2018 - page 58

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_FORSCHERPORTRÄT
PERSONALquarterly 01 /18
Führungsverhalten fundiert ändern
Professor Jens Rowold erforscht die Wirksamkeit von Führungsstilen und individuellem
Führungsverhalten. Seine evidenzbasierten Erkenntnisse stellt er Firmen zur Verfügung.
Ruth Lemmer,
Freie Wirtschaftsjournalistin in Duisburg
M
anchmal sind es die Nebenerkenntnisse, die For-
schung einen Extradreh geben. Jens Rowold zum
Beispiel untersucht eigentlich die Wirkung von
Führungsstilen und entwickelt evidenzbasierte
Führungsmodelle. Global agierende Unternehmen gehören zu
seinem Forschungsgegenstand, Fragebögen sind das bevor-
zugte Forschungsinstrument. Der Professor für Personalent-
wicklung und Veränderungsmanagement an der Technischen
Universität Dortmund entdeckt immer neue Abstufungen von
Führungsverhalten und Führungskommunikation, die er zu
Modellen bündelt und weiter erforscht. Aber er fand ganz ne-
benbei auch heraus: „Die Führungskultur ist international ähn-
licher, als man denkt.“ Sie sei westlich geprägt und je weiter
die Globalisierung voranschreite, desto stärker homogenisiere
sich die Führungswelt.
Was den Forscher wie den Hochschullehrer und Berater
Rowold umtreibt, sind Fragen danach, ob und wie Führungs-
aktivitäten die Effektivität von Führung beeinflussen, welche
Führungs- und Kommunikationsstile leistungsrelevant sind
und wie einzelne Stile vom Laisser-Faire über destruktives Ver-
halten bis hin zur individuellen Unterstützung auf Mitarbeiter
wirken. Dabei nutzt Jens Rowold die internationalen Ergebnisse
der wissenschaftlichen Experten zu überfachlichen Führungs-
stilen. Mit FIF, dem Fragebogen zur Integrativen Führung, hat
er nun 17 leistungsrelevante Führungs- und Kommunikations-
stile, die nachweislich funktionieren, in einen Rahmen gegos-
sen. Und nachweislich heißt bei dem 45-Jährigen: „Die Modelle
wurden in einzelnen datenbasierten Studien wissenschaftlich
unabhängig voneinander untersucht.“
FIF startet mit einem 180-Grad-Feedback zur Selbst- und Mit-
arbeiterbeurteilung. „Um Führung zu eruieren, braucht man
kein 360-Grad-Feedback“, meint der Forscher. „Es geht schließ-
lich darum, das Verhalten gegenüber den Mitarbeitern zu ver-
ändern, und nicht um die gesamten Aufgaben des Managers.“
In vier Schwerpunkten zusammengefasst geht es um Elemente
der transformationalen (Gestaltung) und der transaktionalen
(Austausch), um instrumentelle und um negative Führung sowie
um Kommunikation. Trainings und Coachings auf der Basis der
Befragung haben im Unternehmen Effekte auf Leistung und In-
novation, auf Arbeitszufriedenheit und Stress, aber auch auf das
Commitment und die Bereitschaft zur Veränderung. Die Kons­
trukte dieses evidenzbasierten Managements können in Unter-
nehmen je nach Fragestellung und Bedarf auch einzeln oder in
spezifischen Bündeln angewendet werden. Typische Fragestel-
lungen sind Leistungsbeurteilung und Personalauswahl, Change
Management und Personalentwicklung von Führungskräften.
Geforscht und beraten hat Rowolds Team aus dem Zentrum für
Hochschulbildung schon bei Unternehmen wie Ericsson und
Ricoh. Der Spezialist für Hard- und Software für das Dokumen-
tenmanagement erhielt für das Projekt „80-Grad-Feedback und
transformationale Führung“ mit der TU Dortmund sogar den
zweiten Platz beim Wettbewerb „Chief-Learning-Officer 2011“.
Kosten-Nutzen-Analysen weisen die Wirkung nach
Professor Rowold erklärt den Firmen oft und immer wieder
voller Überzeugung, dass evidenzbasierte Personalentwick-
lung kein Nice-to-have ist, sondern Gewinn bringt. Nicht
nur ideellen, sondern finanziellen Gewinn. Mit Kosten-Nut-
zen-Analysen weist er die Wirkung nach und benötigt dafür
keine komplexen Statistiken, sondern Excel-Dateien. Wenn
also Unternehmen an das Rowold-Team herantreten, weil der
Krankenstand hoch und die Leistung niedrig ist, erklärt der
Wissenschaftler den Personalern und Führungskräften, wie
Analysen und Training einzelner Abteilungen, individuelle
Führungsstile und Mitarbeiterreaktionen zusammenhängen
– und geht in medias res. Wenn er davon berichtet, spürt man
sein intensives Interesse an den Unternehmen wie an den For-
schungsfortschritten.
Jens Rowold wurde 1972 in Wilhelmshaven geboren und blieb
Friesland treu, bis es ihn nach seiner Zivildienstzeit beim Ret-
tungsdienst zum Studium nach Münster zog. Dort traf der Psy-
chologiestudent an der Westfälischen Wilhelms-Universität auf
die empirisch ausgerichtete Variante der Psychologie. „Ich habe
bis zum Diplom gelernt, wie man methodisch sauber mit Fra-
gebögen umgeht“, erinnert sich der 45-Jährige. In seiner Disser-
tation untersuchte der junge Wissenschaftler die Wahrnehmung
von Kunst. Zwar wendete er sich danach beruflich von den Kunst-
werken und ihrer Rezeption ab, aber privat blieb Jens Rowold
interessiert. Das zentral gelegene Dortmunder U mit dem ehe-
maligen Museum Ostwall kann er an seinen Universitätstagen
1...,48,49,50,51,52,53,54,55,56,57 59,60,61,62
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