PERSONALquarterly 3/2018 - page 6

6
SCHWERPUNKT
_INTERVIEW
PERSONALquarterly 03/18
PERSONALquarterly:
Was sind die größten Veränderungen, die
durch die Einführung von agilen Organisations- und Arbeits-
formen bei Bosch Power Tools vorgenommen wurden?
Uwe Raschke:
Kern der Veränderung ist ein komplett neuer Or-
ganisationsaufbau im Bosch-Geschäftsbereich Power Tools.
Um schneller und flexibler agieren und entscheiden zu kön-
nen, wurde das bisher aus sechs Business Units bestehende
Geschäft in über 60 Business Teams fragmentiert. Die neu
entstandenen Business Teams verantworten die gesamte Wert-
schöpfungskette, von der Ideengenerierung bis zum Vertrieb
des Produkts. ImMittelpunkt steht ein crossfunktionales Team,
in dem Kollegen mit unterschiedlichen Kompetenzen wie z.B.
Entwicklung, Marketing, Qualitätsmanagement oder künftig
auch Design eng zusammenarbeiten. Auch die Anwendungs-
entwicklung und der Fertigungsstrang im Werk sind Teil der
einzelnen Business Teams. Die Anzahl der Hierarchieebenen
wurde signifikant reduziert. Die neue Organisation wurde üb-
rigens auf Basis eines Prototyps von den Mitarbeitern weitge-
hend selbst entwickelt.
PERSONALquarterly:
Wurde auch das Arbeitsumfeld an diese agi-
len Organisations- und Arbeitsformen angepasst?
Raschke:
Ein wesentliches Prinzip von Design Thinking ist ein in-
spirierendes Arbeitsumfeld. Vor einigen Jahren wurde das Pro-
jekt „Inspiring Working Conditions“ bei Bosch gestartet. Auch
im vorliegenden Fall wurden die vorhandenen Räume von den
Mitarbeitern selbst völlig neu gestaltet. Im Mittelpunkt stand
dabei, flexibel nutzbare Flächen mit zahlreichen Projekträumen
oder Werkstätten zur Prototypenentwicklung zu schaffen. Teil
des Konzepts ist es, dass die Mitarbeiter sich ihren Arbeitsplatz
je nach Bedarf aussuchen können. So ist crossfunktionales Ar-
beiten noch besser möglich. Im Übrigen können Mitarbeiter bei
Bosch auch jederzeit von zu Hause aus arbeiten.
PERSONALquarterly:
Was waren die wichtigsten Gründe für diese
Veränderungen und warum gerade zu diesem Zeitpunkt?
Raschke:
Digitalisierung und demografischer Wandel sind we-
sentliche Veränderungstreiber. Veränderungen durch die „Ge-
neration Y“ geschehen im Sinne eines stärkeren Einforderns
ihrer Bedürfnisse an Organisationsformen, Zusammenarbeit
Bosch baut um: Wie agile Organisations- und
Arbeitsformen ein Unternehmen verändern
Das Interview mit
Uwe Raschke
führte
Prof. Dr. Torsten Biemann
und Selbstbestimmtheit. Dem können wir nicht mit altherge-
brachten Vorgehensweisen und Strukturen begegnen.
PERSONALquarterly:
Wie hängt dieser Veränderungsprozess mit der
Unternehmensstrategie zusammen?
Raschke:
Bosch hat in seinem Leitbild „We are Bosch“, das
man sich übrigens auch als App herunterladen kann, das
unternehmerische Selbstverständnis und die Ausrichtung
des Unternehmens formuliert. Wichtiger Bestandteil von „We
are Bosch“ sind unsere strategischen Schwerpunkte: Kun-
denfokus, Gestalten des Wandels und Streben nach Spitzen-
leistung. Bosch will sich zu einem führenden Anbieter im
Internet der Dinge und für das vernetzte Leben entwickeln.
Wir müssen innovativer, schneller und vernetzter sein. Dafür
benötigen wir auch neue Organisationsformen wie die oben
beschriebene.
PERSONALquarterly:
Welche neuen Anforderungen ergeben sich
durch die Einführung von agilen Organisations- und Arbeits-
formen für die Mitarbeiter? Und: Gibt es Maßnahmen oder
Tools, die den Mitarbeitern helfen, sich in den neuen Strukturen
und mit den neuen Arbeitsformen zurechtzufinden?
Raschke:
Zunächst bedeutet die neue Organisationsform für alle
mehr Transparenz und Verantwortung. Das stellt jeden Ein-
zelnen vor neue Herausforderungen. Wir unterstützen unsere
Mitarbeiter mit vielfältigen Angeboten, vom Training zu Feed-
back und agilen Arbeitsweisen bis hin zum wichtigen Team-
Building. Jedes Business Team wird zudem von Agile Coachs
unterstützt, die bei der Umsetzung der neuen Arbeitsformen
zur Seite stehen. Ihnen kommt eine zentrale Rolle zu. Auch
gute Kommunikation im Sinne einer besseren Feedback-Kultur
ist wichtig. Eine unserer Herausforderungen ist es, noch mehr
über Teameffizienz zu lernen.
PERSONALquarterly:
Welche Rolle hat HR bei der Einführung und
Umsetzung der agilen Organisations- und Arbeitsformen bei
Bosch?
Raschke:
Ein konkretes Beispiel ist das Bosch HR Lab, das innova-
tive und agile HR-Lösungen für derartige Organisationsformen
entwickelt und in ausgewählten Einheiten, wie insbesondere
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,...56
Powered by FlippingBook