PERSONALquarterly 3/2016 - page 15

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03/16 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Homeoffice-Arbeit ist ein umstrittenes Instrument der Personalpolitik. Ar-
beitgeber fürchten, dass Mitarbeiter ihre Souveränität über Arbeitszeit und -ort missbrauchen
könnten. Dabei kann die gewonnene Autonomie andererseits auch die Arbeitsmoral steigern.
Methodik:
Unter Verwendung der Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) werden
multiple Regressionsanalysen eingesetzt, um zu ermitteln, ob ein statistisch signifikanter
Zusammenhang zwischen Homeoffice-Arbeit und dem Arbeitseinsatz vorliegt.
Praktische Implikationen:
Die Arbeit im Homeoffice trägt im Durchschnitt zu einer
Erhöhung der Arbeitsbereitschaft bei, was über eine verbesserte intrinsische Motivation der
Mitarbeiter aufgrund der gewährten Autonomie begründet werden kann.
von nicht selbstständig beschäftigten Arbeitnehmern ein, die
in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst arbeiten
und zwischen 17 und 65 Jahre alt sind. Von der Analyse aus-
geschlossen sind Beamte, Auszubildende und Arbeitnehmer,
die weniger als 400 Euro pro Monat verdienen. Nach weiterem
Ausschluss von Personen mit unvollständigen Angaben in den
für die Analyse herangezogenen Variablen beträgt der gesamte
Stichprobenumfang noch 5.092 Beobachtungen.
Homeoffice-Arbeit wird im SOEP in zwei unterschiedlichen
Formen erfasst. Zunächst geht es um die Frage, ob eine Er-
werbsperson zumindest gelegentlich von zu Hause aus arbeitet
oder nicht. Aus den Antworten zu dieser Frage generieren wir
eine binäre Variable HO, die den Wert 1 annimmt, wenn die
befragte Person ihre Arbeit zumindest phasenweise von zu
Hause aus erledigt, und den Wert 0, wenn die Arbeit stets
am regulären Arbeitsplatz in der Firma durchgeführt wird. In
einem zweiten Fragenblock werden Informationen zur Häu-
figkeit der Arbeit im Homeoffice erhoben. Hieraus generieren
wir erneut binäre Variablen für tägliche Arbeit im Homeoffice
(HO
t
), mehrmalige Homeoffice-Arbeit in der Woche (HO
m
),
gelegentliche Arbeit im Homeoffice, d.h. alle zwei bis vier Wo-
chen (HO
g
), und seltene Arbeit im Homeoffice, die lediglich
bei Bedarf auftritt (HO
s
). Die auf diese Weise gebildeten Home­
office-Variablen stellen die erklärenden Variablen in unseren
Regressionsmodellen dar.
Unsere abhängige Variable misst den Arbeitseinsatz von
Arbeitnehmern. Hierfür verwenden wir die Informationen
zur tatsächlichen (AZ
t
) und vertraglich vereinbarten (AZ
v
)
wöchentlichen Arbeitszeit. Die Differenz zwischen diesen bei-
den Größen zeigt das individuelle Ausmaß der wöchentlichen
Mehrarbeit an und dokumentiert die Arbeitsanstrengung eines
Arbeitnehmers, d. h. es gilt ΔAZ = AZ
t
- AZ
v
.
Um möglichst präzise Schätzkoeffizienten für die erklären-
denVariablen zu erhalten,müssenweitereVariablen, die einen
Einfluss auf das Arbeitsverhalten von Arbeitnehmern haben
können, in das Regressionsmodell aufgenommen werden. Zu
diesen sogenannten Kontrollvariablen zählen wir eine Reihe
von persönlichen Merkmalen (Geschlecht, Alter, Nationali-
tät, Schulbildung, Familienstand, Kinder unter 16 Jahren im
Haushalt, Risikotoleranz, Verantwortung für pflegebedürftige
der Entwicklung einer gewissen sozialen Isolation von Home­
office-Arbeitnehmern. Diese soziale Isolation kann sich z.B.
durch eine geringere Einbindung in die organisationsinterne
Zusammenarbeit oder durch einen verminderten Zugriff auf
Unternehmensinformationen bemerkbar machen. Homeoffice-
Arbeitnehmer können außerdem leicht aus dem Blickfeld des
Arbeitgebers verschwinden, wodurch ihnen Nachteile bei der
Verteilung von Arbeitsaufgaben oder im Karrierewettbewerb
entstehen können. Auch die Kommunikation mit Vorgesetzten
und Kollegen könnte durch die Arbeit außerhalb des Firmen-
gebäudes erschwert werden. Des Weiteren könnten durch die
Arbeit im Homeoffice in der Praxis größere Schwierigkeiten
auftreten, das Berufliche vom Privaten zu trennen, als ur-
sprünglich angenommen wurde. Ein anderes Risiko besteht
darin, dass Homeoffice-Arbeitnehmer entgegen der Befürch-
tung, den Arbeitsaufwand aufgrund der geringeren Kontroll-
möglichkeiten des Arbeitgebers zu reduzieren, sich selbst
unter Druck setzen und übermäßig lange oder sogar imKrank-
heitsfall arbeiten. Letztlich soll auch nicht unerwähnt bleiben,
dass trotz immer weiter voranschreitender Nutzbarkeit von
(mobilen) Informations- und Kommunikationstechnologien
die Arbeit im Homeoffice vielen Arbeitnehmern verschlossen
bleibt, weil ihre Tätigkeiten die Präsenz an einem festen Ar-
beitsort erforderlich machen. Zu denken ist hier z.B. an medi-
zinische Berufe, an Produktionsarbeiten, die in einer Fabrik
ausgeübt werden oder an Berufe mit manuellen Tätigkeiten
in der Baubranche.
Daten und Variablen
Unsere empirische Studie zu den Auswirkungen von Home­
office-Arbeit auf den Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern basiert
auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), welche vom
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin
seit 1984 jährlich erhoben werden. Das SOEP umfasst jedes
Jahr Informationen von mehr als 22.000 Personen aus mehr
als 12.000 Haushalten und kann als repräsentative Personen-
umfrage für die deutsche Volkswirtschaft angesehen werden
(Wagner et al., 2007).
Für unsere Analyse nutzen wir Querschnittsinformationen
aus der Panelwelle 2009. In die Analyse gehen Informationen
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