PERSONALquarterly 3/2016 - page 9

9
03/16 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Deutschland hat ungenutztes Potenzial für räumliche Flexibilität. Was sind
die wichtigsten Hemmnisse für die Homeoffice-Nutzung und welche Formen der Mitarbeiter-
führung können unterstützend wirken?
Methodik:
Empirische Analyse von Betriebs- und Mitarbeiterbefragungsdaten des reprä-
sentativen Linked Personnel Panel (LPP).
Praktische Implikationen:
Nachgelagerte Kontrolle und Belohnung von Arbeitsleistung
(„Führen über Ziele“) sind eine Alternative zur vorherrschenden direkten Kontrolle des
Arbeitsprozesses, die der Homeoffice-Nutzung im Wege steht.
Etwas seltener genannt werden die konkreter gefassten
Aussagen, dass die Zusammenarbeit mit Kollegen im Home-
office schwierig wäre (59%), die technischen Voraussetzungen
nicht gegeben seien (46%) und dass es nicht gestattet sei,
obwohl es technisch möglich wäre (23%). Mit 7% sehr wenig
verbreitet ist die Einschätzung, dass sich daraus schlechtere
Aufstiegschancen ergäben.
3
Arbeitgeber, die das Ziel verfol-
gen, die räumliche Flexibilität ihrer Beschäftigten zu erhöhen,
sollten sich deshalb vor allem mit den drei oben genannten
zentralen Hemmnissen befassen.
Was bedeutet Homeoffice für die Mitarbeiterführung?
Setzen wir uns nun eingehender mit der Tatsache auseinander,
dass angeblich viele Führungskräfte die Anwesenheit ihrerMit-
14% der Angestellten und gut 1% der Arbeiter arbeiten aus-
schließlich während der Freizeit gelegentlich zu Hause. Wenn
wir (vereinfachend) davon ausgehen, dass aus technischen und
organisatorischen Gründen die Nutzung von Homeoffice derzeit
für Arbeiter unmöglich ist, sind rund ein Viertel der abhängig
Beschäftigten in Deutschland per se davon ausgeschlossen.
Wenden wir uns also der Gruppe von Beschäftigten zu, die
aufgrund ihrer Tätigkeiten ein realistisches Potenzial haben,
im Homeoffice arbeiten zu können. Laut der Selbsteinschät-
zung von Angestellten, die nie von zu Hause arbeiten, ist
der am häufigsten genannte Grund gegen Homeoffice, dass
der direkten Führungskraft die Anwesenheit am Arbeitsplatz
wichtig sei (69%) (vgl. Abb. 1). Darauf folgen mit geringem
Abstand, dass die Tätigkeit das Arbeiten von zu Hause nicht
zulasse (66%) und die Trennung von Beruf und Privatem be-
vorzugt würde (64%). Dies zeigt bereits, dass die drei oben ge-
nannten Kategorien in der Wahrnehmung der Beschäftigten
relativ gleichgewichtig dastehen.
2
2 Dabei ist zu beachten, dass es sich hier bewusst um recht vage Beschreibungen der drei übergeord-
neten Kategorien handelt, was ein Grund für die häufige Nennung sein kann.
3 Hier zeigt sich eine gewisse Diskrepanz zu den Ergebnissen der Studie aus China (Bloom et al. 2015),
in der Homeoffice-Nutzer eine signifikant niedrigere Beförderungswahrscheinlichkeit aufweisen als
Beschäftigte in der Kontrollgruppe. Doch dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass dort die
Beschäftigten vier von fünf Tagen pro Woche zu Hause arbeiten, was recht viel ist.
Frage: Was sind die Gründe, weshalb Sie nicht zu Hause arbeiten?
Abb. 1:
Hemmnisse für Homeoffice
Quelle: LPP-Mitarbeiterbefragung 2015
Trennung Beruf/Privates gewünscht
Schwierige Zusammenarbeit mit Kollegen
Anwesenheit ist dem Vorgesetzten wichtig
Tätigkeit lässt das nicht zu
Nicht gestattet obwohl möglich
Schlechte Aufstiegschancen
Technische Voraussetzung nicht gegeben
64%
59%
69%
66%
23%
46%
7%
Gewichtete Darstellung, Restriktion: nur Angestellte, die nicht zu Hause arbeiten, n=2.614
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...56
Powered by FlippingBook