Immobilienwirtschaft 4/2019 - page 66

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
PROPTECHS
von Immobilie und Technologie gibt, die
nur schwierig von außen innoviert wer-
den können, da man hierzu tiefgehenden
Fachwissens bedarf. Aus diesem Grund
lohnt es für jedes Immobilienunterneh-
men, den PropTech-Markt im Auge zu
behalten und sich mit Gründerinnen und
Gründern konstruktiv auszutauschen.
Spannend sind hier Co-Entwicklungen,
bei denen externe, technologieaffine
JungunternehmerInnen gemeinsam mit
relevantem Fachpersonal eines Immobili-
enunternehmens eine Lösung entwickeln,
um diese dann partnerschaftlich zu ver-
markten oder erst einmal für sich selbst
zu nutzen. Um Ideen zu sammeln oder
Talente zu finden, bieten sich Ideenwett-
bewerbe bzw. Hackathons an, die gut ge­
plant und umgesetzt werdenmüssen, da es
hier ein entsprechend hohes Angebot gibt.
Es sind Teams zu etablie-
ren, die sich exklusiv mit
digitaler Transformation
und Innovationsmanage-
ment beschäftigen
Der Kreativität sind hier auf beiden
Seiten keine Grenzen gesetzt, denn auch
Start-ups sollten sich nicht scheuen, pro-
aktiv auf mögliche Kunden zuzugehen,
sich Feedback zu sichern oder Partner-
schaften anzubieten. Den Grundstock für
eine erfolgreiche digitale Transformation,
also die digitale Kompetenz von Trainee
bis CxO, eine moderne Unternehmens-
kultur, eine solide IT-Infrastruktur und
zeitgenössische Arbeitsmodalitäten, müs-
senUnternehmen selbstständig aufbauen.
Die Zusammenarbeit mit bzw. die Akquise
von innovativen Start-ups macht ein Un-
ternehmen noch lange nicht digital oder
zukunftsfähig. Hat man adäquate Grund-
lagen geschaffen und Ziele definiert, kann
man sich an die konkrete Nutzung von
Technologien wagen und sich auf Augen-
höhe den Start-ups nähern.
Branchenakteure sollten darüber hi-
naus Teams etablieren, die sich exklusiv
mit Technologien, digitaler Transformati-
on und Innovationsmanagement beschäf-
tigen. Hier bedarf es nicht nur Immobi-
lienökonomen, sondern auch Ingenieure
und Informatikerinnen, die tatsächlich
verstehen, was ein Start-up oder PropTech
anbietet. Ansonsten kann es passieren,
dass man sich von einem Pitch blenden
lässt oder die eigene Mitarbeiterschaft
nicht mit der Lösung umgehen kann.
Begegnet man sich auf Augenhöhe
und versteht die Sprache seines Gegen­
übers, dann sind auch der Co-Innovation
keine Grenzen gesetzt. Da sich digitale
Konzepte oftmals iterativ entwickeln und
auf konstruktives Feedback angewiesen
sind, können also technisch kundige Im-
mobilienunternehmen teilweise die Rich-
tung einer Entwicklung positiv beeinflus-
sen. Davon profitieren beide Seiten. Es
kommt allerdings auch dabei auf das je-
weilige Geschäftsmodell an. Ein PropTech
kann keine Objekte, Bestandsdaten oder
Kundenvertrauen herbeizaubern. Jedoch
zeigen Uber, Airbnb & Co., dass oftmals
das physische Asset nicht entscheidend ist,
um damit kommerziell erfolgreich arbei-
ten zu können.
In den meisten Fällen, wenn es sich
nicht um reine B2C-Konzepte handelt,
sind PropTechs auf die klassischen Ak-
teure als Kunden angewiesen. Wissens
transfer würde dabei beiden Seiten guttun.
Wie bereits beschrieben, können junge
Unternehmen von dem Fachwissen der
Immobilienunternehmen oder dem Zu-
gang zu Daten profitieren, wenn man sich
entsprechend einigt. Auf der anderen Seite
können Konzerne von den agilen und lo-
ckeren Arbeitsmethoden vieler Start-ups
profitieren, sodass sich durch regen Aus-
tausch die Unternehmenskultur positiv
verändern könnte.
Besonders viel Potenzial
entfaltet sich aktuell
im Bereich Künstliche
Intelligenz
Statistisch gesehen überleben nur zwi-
schen zehn und 30 Prozent aller Start-ups.
Dies gilt trotz guter Finanzierung, hart
arbeitender Teams, toller Ideen, guter
Umsetzungen und noch besseren Marke-
tings. Doch erst wenn ein Start-up nicht
nur fremdfinanziert wächst, sondern auch
Kunden nachhaltig und gewinnbringend
bindet, darf man hoffen, dass es auch am
Markt bestehen kann.
Besonders viel Potenzial entfaltet
sich aktuell im Bereich Künstliche In-
telligenz. Hier existieren unter anderem
Empfehlungssysteme in der Projekt­
planungsphase, dem Portfoliomanage-
ment oder auch intelligente Prognose­
modelle für die Immobilienbewertung,
die nicht nur altbekannte Metriken
erfassen. Der Bereich Blockchain ist
spannend. Es gibt allerdings noch viele
ungelöste Probleme imBereich Program-
miersprachen für smarte Verträge, Use-
Cases und Regulatorik. Noch unterentwi-
ckelt, aber nicht minder interessant sind
spezialisierte IT-Sicherheitslösungen für
smarte Infrastruktur, die nach Security-
by-Design-Prinzipien entwickelt werden.
Doch innovatives Kooperieren und er-
folgreiches digitales Transformieren wird
sicherlich dazu führen, dass der Begriff
PropTech auch in Deutschland weiter an
Popularität gewinnen wird.
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Viktor Weber, Regensburg
Viktor Weber
ist Gründer und
Direktor des
Future Real
Estate Institute
in Regensburg.
AUTOR
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