Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 25

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3.2019
Foto: Deutscher Verband
Erbbaurechte: Ausgestaltung
der Verträge entscheidend
V
erfügbare Grundstücke zu vertretbaren Preisen sind essentiell für mehr bezahl-
baren Wohnungsneubau in Wachstumsregionen. Ein Instrument, das kommunale
Liegenschaften sichern und private Spekulationen begrenzen kann, ist das Erbbau-
recht: Dabei bleibt das Grundstück im Besitz der Stadt, während ein Investor gegen
Zahlung eines regelmäßigen Erbbauzinses darauf Wohnungen bauen und vermieten
kann. So hat die Kommune auch mehr Einfluss darauf, dass die Flächen langfristig für
wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Ziele genutzt werden. Auf den ersten Blick
eine vielversprechende Option. Aber nur wenig Städte setzen das Instrument gezielt für
Mietwohnungen ein. Was also sind Chancen und Hürden?
In Frankfurt amMain werden seit über zehn Jahren kommunale Grundstücke aus-
schließlich imErbbaurecht vergeben. Der Erbbauzins liegt bei 2,5 Prozent, für geförderte
Wohnungen bei zwei Prozent des Grundstückswerts. Allerdings hat die Stadt kaum
noch eigene Grundstücke. In Leipzig werden seit August 2018 alle Grundstücke für
gefördertenWohnungsbau über Konzeptvergaben imErbbaurecht vergeben –mit einem
vierprozentigen Erbbauzins auf den vollen Bodenwert. In Stuttgart, Mannheim oder
Heidelberg können Interessenten zwischen Erbbaurecht und Kauf wählen, wobei sich
Wohnungsbaugesellschaften so gut wie immer für den Kauf entscheiden.
ERBBAURECHTE SIND AKTUELL NICHT LUKRATIV UND ...
Die Beispiele zeigen: In der ak-
tuellen Niedrigzinsphase ist eine Pacht für Wohnungsunternehmen nicht lukrativ. Es
bräuchte einenmarktgerechten Erbbauzins, der deutlich unter den gängigen vier Prozent
liegt. Denn Investoren haben beim Grundstückskauf heute geringe Kreditbelastungen
und können die Darlehen innerhalb von 30 bis 40 Jahren tilgen. Der Erbbauzins läuft
dagegen bis zum Ende der Laufzeit des Erbbauvertrages weiter. Sollen mit dem Erbbau-
recht geförderte oder preisgedämpfte Wohnungen geschaffen und langfristig gesichert
werden, sind weitere Vergünstigungen unerlässlich, um Unternehmen für derartige
Investitionen zu gewinnen.
In der Praxis bestehen weitere Hürden. So wird beim „Heimfall“ zum Vertragsende
häufig keine volle Entschädigung für die Gebäude gewährt. Erschwerend sind auch kurze
Laufzeiten, die weniger als zwei Sanierungszyklen abdecken. Dadurch entsteht gegen
Ende ein Instandsetzungsstau. Beides verschlechtert die Finanzierungskonditionen für
das Gebäude, da die Banken beim Beleihungswert Abschläge machen. Und schließlich
befürchten Erbbaurechtsnehmer, dass sich bei einer Vertragsverlängerung oder beim
Kauf nach Ende der Vertragslaufzeit die Konditionen wegen stark erhöhter Bodenwerte
drastisch verschlechtern, womit keine bezahlbaren Mieten mehr möglich wären.
... SOLLTEN DESHALB ATTRAKTIVER AUSGESTALTET WERDEN
Sollen öffentlicheGrundstücke
vermehrt über Erbbaurechte für bezahlbaren Wohnungsbau genutzt werden, müssen
die Verträge aus Sicht der Erbbaurechtsnehmer so ausgestaltet werden, dass sie der In-
vestitionsalternative „Volleigentum“ möglichst nahe kommen. Der Deutsche Verband
hat zusammen mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung für das
Bundesinnenministerium einen Fachdialog zum Erbbaurecht durchgeführt. Kernbe-
standteil war eine Expertise zur aktuellen Anwendung kommunaler Erbbaurechte, die
vom GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung erarbeitet wurde. Die
Ergebnisse werden auf einer Konferenz am 2. April 2019 in Berlin vorgestellt.
Erbbaurechte sollten der Investitions­
alternative „Volleigentum“ möglichst nahe
kommen, meint Christian Huttenloher.
Deutscher Verband
Können
Erbbaurechte einen Beitrag
zum bezahlbaren Wohnen
leisten? Ja, meint der Deut-
sche Verband – wenn sie
eine Investitionsalternative
zum Eigentum darstellen.
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Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbands
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