Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 10

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MARKT & POLITIK
I
ERBSCHAFTSTEUER
Rechtslage betroffen. Das Urteil ist für die
Finanzämter und für gewerblich geprägte
Wohnungsvermietungsgesellschaften und
ihre Gesellschafter gleichermaßen eine
böseÜberraschung. Die Finanzverwaltung
selbst hat zuletzt in einem Verwaltungser-
lass vom 22.06.2017
**
bestimmt, dass ab
einem Wohnungsbestand von 300 Woh-
nungen der erforderliche wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb mehr oder weniger ohne
weitere Prüfung unterstellt wird.
An diese Vereinfachungsregelung sieht
sich der BFH nicht gebunden. Im Streitfall
verwaltete die Gesellschaft zwar nur einen
Bestand von 37 Wohnungen und 19 Gara-
gen. Der BFH hat aber deutlich gemacht,
dass er die folgenden gewerblichen Erfor-
dernisse generell als Bedingungen für die
Steuerbegünstigung ansieht.
DER BEGÜNSTIGTE ÜBERGANG
Für die Ge-
währung einer erbschaftsteuerlichen Be-
freiung macht der BFH zur Bedingung,
dass die reine Wohnungsvermietung mit
nicht vermietungstypischen Sonderlei-
stungen verbunden ist, sodass ertragsteu-
erlich insgesamt eine originär gewerbliche
Tätigkeit und keine reine Vermögensver-
waltung vorliegt.
Denkbar wären hier zum Beispiel
Zusatzleistungen wie Reinigungsdienste,
FacilityManagement, Wäscheservice oder
die Übernahme von Wach- und Schließ-
diensten. Die Intention des Gesetzgebers,
Wohnungsgesellschaften mit umfang-
reichen Verwaltungstätigkeiten steuerlich
zu verschonen, wurde nach demVerständ-
nis der BFH-Richter nicht hinreichend im
Gesetzeswortlaut verankert.
Die von den BFH-Richtern gefor-
derten Voraussetzungen erfüllen gewerb-
lich geprägte Wohnungsunternehmen in
der Rechtsform der GmbH & Co. KG,
aber auch der GmbH in der Regel gerade
nicht – sie erzielen nur fiktiv gewerbliche
Einkünfte. Im eigentlichen Kern betrei-
ben sie auch bei der Verwaltung größerer
E
in Richterspruch wie ein Paukenschlag
beschert der gesamtenBranche der pri-
vat geführtenWohnungsunternehmen
erst einmal eine Phase großerUnsicherheit.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2017
*
entschied der Bundesfinanzhof (BFH),
dass der Erbe eines verstorbenen Kom-
manditisten die erbschaftsteuerlichen
Vergünstigungen eines Wohnungsunter-
nehmens nur dann erhalten kann, wenn
die Gesellschaft neben der Vermietung im
Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäfts-
betriebes Zusatzleistungen erbringt, die
das bei langfristigen Vermietungen üb-
liche Maß überschreiten. Auf die Anzahl
der vermietetenWohnungen kommt es bei
dieser Beurteilung generell nicht an. Das
Urteil ist zwar zu einem Streitfall aus 2011
ergangen – aufgrund der Identität der ge-
setzlichen Bestimmungen ist jedoch auch
die seit dem 1. Juli 2016 geltende aktuelle
Wohnungsunternehmen –
Generationenwechsel in Gefahr
Wird ein Wohnungsunter-
nehmen übertragen, ge-
währt die Finanzverwaltung
erbschaftsteuerliche Vorteile.
Ein neues Urteil des Bundes-
finanzhofs stellt diese bis-
herige Praxis in Frage.
*
(Az. II R 44/15)
**
Bundessteuerblatt 2017 I S. 902,
Abschnitt 13b.17 Absatz 3 Satz 2 An-
wendungserlass zur Erbschaftsteuer
Generationswechsel:
Nach dem BFH-Urteil
ist Abwarten wahr-
scheinlich nicht die
schlechteste Lösung.
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