Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 17

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den Klimaschutz. Doch das
wird teuer. Bauherren stöhnen
über Feuerschutz-, Lärm- und
Energieverordnungen. Städte
lassen Parkhäuser abreißen,
Parkplätze verringern und
verteuern, Straßen werden
zurückgebaut und Fahrrad-
wege geschaffen. Autos sind
out; Städte bieten Mieträder
und Carsharing an. Keiner
braucht sich mehr ein eigenes
Auto zu kaufen; jedenfalls in
Städten nicht. Die deutsche
Autoindustrie, eine Schlüssel-
industrie, wird es merken.
BÜRGERBETEILIGUNG: PRO-
BLEM ODER LÖSUNG?
In
Braunschweig, einem Ober-
zentrum (Hauptsitz New Yor-
ker) zwischen Wolfenbüttel
(Hauptsitz Jägermeister)
auch Straßburg, Frankfurt am
Main mit Eschborn als vorge-
lagerter Bürostadt oder Köln
präsentieren sich in Athen-
Manier.
Die Folge sind nächtlich
verwaiste Innenstädte, ste-
hender Berufsverkehr in den
Morgen- und Abendstunden,
erhöhte Feinstaubwerte in den
Innenstädten durch hunderte
von Liefer-Lkws und Lagerhal-
tung auf denAutobahnen. Fol-
gerichtig entstehen Logistik­
zentren auf dem Land, eine
Bundesbahn darf Schenker
kaufen, weil das gewinnbrin-
gender ist als der Ausbau von
Bahngleisen. Ungefähr zur
Jahrtausendwende hat man
erkannt, dass dies so nicht
weitergehen kann, und traf
sich 2007 erneut: in Leipzig.
»
Fürsten und Bischöfe
waren die Stadtplaner
im Mittelalter. Heute
planen Bürger mit.
LEIPZIG-CHARTA ZUR NACH-
HALTIGEN STADT
Auf Initiative
des deutschen Bundesminis­
ters Wolfgang Tiefensee wur-
de eine neue EU-Richtlinie
erarbeitet und am 24./25. Mai
2007 unterzeichnet. Sie basiert
auf der Lissabon-Strategie, die
zumZiel hatte, die EUbis 2010
zum dynamischsten Wirt-
schaftsraum zu machen. Das
betraf, so hatte man erkannt,
auch die Stadtentwicklung und
so die Abkehr von den Zielen
von Athen.
Die europäisch umzu-
setzenden Leipziger Ziele
wurden zur Leitlinie, nach
der Monotonie in der Stadt-
entwicklung zu beenden ist.
Stattdessen empfiehlt sie den
Mitgliedstaaten, Wohnen,
Arbeiten und Freizeit wieder
stärker miteinander zu vermi-
schen. Dadurch würden die
Städte spannender, lebendiger
und sozial stabiler. Außerdem
seien Städte mit einer starken
Mischung von Nutzungen
ökonomisch weniger krisen-
anfällig.
Heute soll Stadtplanung
ein demokratischer Prozess
sein. Man befragt Bürger und
sammelt Ideen, um sie dann
durch die Verwaltungen ent-
scheiden zu lassen. Was dann
tatsächlich realisiert wird, ist
abhängig von Subventions-
töpfen und den Zielen der
jeweiligen Stadtoberen. Kon-
gresse für Stadtplaner und
Entscheider sorgen indes für
Meinungsbildung.
Besonderes Augenmerk
legt die Leipzig-Charta auf
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